Ich bin MB … und trotzdem Sozi. Die meisten unterstützen sicher den Grundgedanken der Sozialdemokratie, wonach demokratisches Handeln nur sozial sein kann, wenn die Mehrheit in ihrer Beschlussfassung die Minderheiten mitbedenkt. Und dass, so lesen wir im zuletzt 2007 erneuerten Grundsatzprogramm der SPD, die Freiheit der Entfaltung des Einzelnen und die Gerechtigkeit in Bezug auf die Teilhabe an den gesellschaftlichen Gütern eine Einheit bilden...
Die konkrete Anwendung dessen bereitet hier allerdings erhebliches Kopfzerbrechen. Man könnte auch von Exegese dieses Leitgedanken sprechen, wenn offenbar Weltanschauungen aufeinandertreffen.
So, wie die geforderte Tarifeinheit in der Öffentlichkeit präsentiert wird, drängt sich der Generalverdacht auf, dass Minderheitengewerkschaften für Bereicherung ihrer Mitglieder auf Kosten der anderen sorgen. Der Marburger Bund beispielsweise ist aber mehr als eine schlagkräftige Truppe mit einem Heer von Anwälten für den monetär orientierten Arbeitskampf. Wenn ich unsere letzten Hauptversammlungen Revue passieren lasse, haben die Tarifverhandlungen und erreichten Entgelterhöhungen angesichts anderer Tagesordnungspunkte nahezu Berichtscharakter. Diskutiert und gerungen wird um das Große und Ganze, Berufs- und Gesundheitspolitik sind die ebenso wichtigen Pfeiler der Aktivitäten des Marburger Bundes.
Was bedeutet das? Ganz klar: Das Grundgesetz gibt uns das Recht in unserem Sinne für uns zu (ver)handeln, die Voraussetzung dafür kann aber nur sein, dass wir dies umsichtig und eingedenk unserer Partner im Gesundheitswesen tun. Eines will ich für mich an dieser Stelle klarstellen: Ohne das Mandat der Tarifverhandlungen wäre der MB „nur“ ein Debattierclub. Die SPD ohne Wählbarkeit und potentielle Regierungsbeteiligung aber auch. Langweilig.
Es führen also mehr Wege als die Tarifeinheit zum (sozialdemokratischen) Ziel. Wenn wir in ärztlicher Verantwortung handeln, ist die konkrete Einflussnahme unserer Gewerkschaft auf die Arbeitsbedingungen nicht nur legal sondern sogar legitim. Dabei dürfen wir unsere Partner wie Pflegekräfte, technische Mitarbeiter und andere in Krankenhäusern und Praxen nicht vergessen. Wenn wir uns daran halten, muss sich die SPD keine Sorgen machen und ich kann MB bleiben.
Kurzvita
- 2012 Mitglied des Landesvorstandes des Landesverbandes Berlin/Brandenburg
- seit 2011 MB-Mitglied
- seit 2012 Arzt in Weiterbildung in der Klinik für Neurologie der Ruppiner Kliniken in Neuruppin
- 2008-2011 Promotion an der Charité-Universitätsmedizin Berlin
- 2005-2012 Studium der Humanmedizin an der Charité-Universitätsmedizin Berlin, währenddessen Mitglied des Akademischen Senats der HU und des Fakultätsrats der Charité