
Was können die PA denn? „Mit dem Bachelor können sie eigenverantwortlich in einem komplexen Umfeld handeln. Wir arbeiten daran, die Qualitätsregeln möglichst hoch zu schrauben. Hierzu benötigen wir ein einheitliches Curriculum, das es bisher in Deutschland nicht gibt“, betonte Prof. Dr. med. habil. Peter Heistermann, Vorsitzender des Deutschen Hochschulverbandes der PA.
„Wir orientieren uns an dem klaren globalen Kompetenzkatalog, den die WHO definiert hat, den die Ärzte immer noch nicht haben“, äußerte sich Peter Heistermann, der Studiengangsleiter PA an der Fliedner FH in Düsseldorf. „Im Physician Assistance-Studium werden Ihnen Kompetenzen vermittelt, die Sie als zukünftige Arztassistentinnen und Arztassistenten dazu befähigen, von Ärztinnen und Ärzten delegierte Aufgaben in der Patientenversorgung zu übernehmen“, heißt es auf deren Homepage. „Wir stehen zu 100 Prozent hinter dem Delegationsprinzip“, stellte Heistermann auf Borkum klar.
Was erwarten denn PA von Ärztinnen und Ärzten? Laut Umfragen sei der PA besonders im ambulanten Sektor zu implementieren. „Sie erwarten dort eigenverantwortliche Tätigkeiten.“ Damit sei nicht das Auffüllen von Spritzenbehältern oder das Abwischen der Sono-Liegen gemeint.
„Wie sortieren wir das System neu?“, fragte Erik Bodendieck, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer und Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Physician Assistant" in der Bundesärztekammer. „Patienten müssen einen Ansprechpartner haben, das muss ja nicht immer ein Arzt sein.“ MFA würden bereits zu Hausbesuchen geschickt und „Hebammen entscheiden, ob eine Geburt kompliziert ist und einen Arzt gerufen werden muss“. Eric Bodendieck beklagte ein „Dogma, dass der Arzt nur vom Arzt lerne“. Er verwies auf ein 21-seitiges neues Positionspapier der Bundesärztekammer zum Berufsbild des PA, das erst im April veröffentlicht wurde.
ÄKWL-Präsident Dr. med. Hans-Albert Gehle verwies im Anschluss auf die seit Jahren beklagte Überlastung von Ärztinnen und Ärzten durch administrative Tätigkeiten. „Das kostet bereits 50 Prozent der ärztlichen Arbeitszeit. Welche neue Berufsgruppe wird denn dafür geschult, die Bürokratie zu übernehmen? Niemand! Es geht derzeit viel durcheinander. Wir entwickeln gerade sieben Berufsgruppen. Letztlich muss ich mich doch als Arzt davon überzeugen, dass jemand auch das wirklich kann, was ich ihm sage.“
„Angesichts des Mangels an Ärztinnen und Ärzten werden wir in den Praxen in fünf bis sieben Jahren nicht mehr so wie heute arbeiten können“, ist sich Dr. med. Klaus Reinhardt (Vizepräsident der ÄKWL) sicher. Entlastung erwarte er eher bei der Administration, beim Controlling, beim Management, aber nicht bei der Arbeit am Patienten. Dr. med. Klaus Reinhardt erinnerte aber auch an die erste Äußerung der neuen Gesundheitsministerin Nina Warken: „Pflege soll mehr können dürfen.“ Eine wegweisende Äußerung? Zu neuen Medizin-Studienplätzen fiel kein Wort.
„Wie sieht die ambulante Versorgung in fünf oder in 20 Jahren aus? Wir fahren doch gerade auf die schwarze Wand zu. Wir müssen Alternativen erarbeiten, auf möglichst akademisierte Berufsgruppen setzen“, ergänzte Dr. med. Dirk Spelmeyer, Vorstandsvorsitzender der KVWL.
Es bleiben zentrale Fragen offen: „Haben wir genug Ärzte oder doch zu wenig? Wie soll unser Berufsbild aussehen?“, hinterfragte Dr. Gehle. „Wollen wird die Nähe zum Patienten?“
„Ich will nicht, dass jemand Arzt spielt, der Arzt light ist. Es muss eine geregelte Ausbildung zum PA geben“, unterstrich ÄKWL-Ehrenpräsident Prof. Dr. med. Theo Windhorst. „Wir sind alle für arztunterstützende Berufe, aber die benötigen eine klare Ausbildung.“
Klare Vorgaben forderte auch Dany Fischer (Klinikum Lippe): „Wir müssen genau definieren, wie wir die PA einsetzen in Kliniken. Was können wir tun, wenn ein Geschäftsführer zwei PA statt zwei Ärzten einsetzt? Wir müssen uns bewusst sein, wir haften doch am Ende dafür!“
Auch andere Klinikärzte meldeten erhebliche Zweifel, ob PA über die ausreichende Qualifikation für den Einsatz in Krankenhäusern verfügen. „Geschäftsführer verweisen doch oft auf die insolvente Lage ihrer Klinik, dann gibt es am Ende nur noch einen Facharzt und den Rest sollen PA erledigen? Mir macht diese Entwicklung richtig Angst“, äußerte sich auch Dr. med. Patricia Kalle Droste (Mühlenkreisklinikum – Johannes Wesling Klinikum).
Skepsis scheint mehr als berechtigt, denn wie weit die Etablierung des PA in der klinischen Praxis bereits falsch läuft, belegte ein junger Student der Humanmedizin: „In unserem OP stehen doch nur noch PA. Ich komme als angehender Arzt nur noch einmal in der Woche in den OP!“ Eine klare Fehlentwicklung.