• Satellitenwirtschaft und Misstrauenskultur muss beendet werden

    146. MB-Hauptversammlung | Die Anträge aus unserem Landesverband NRW/RLP
    09.November 2025
    In der der 146. MB-Hauptversammlung in Berlin haben die Delegierten des Marburger Bundes Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz zahlreiche Anträge gestellt, die von den 230 Delegierten aller Landesverbände im Plenum angenommen wurden. Die Anträge brachte sowohl der Landesverband, aber auch einzelne Delegierte aus NRW/RLP ein. Einzelne Delegierte aus NRW/RLP beteiligten sich zudem an Anträgen anderer Landesverbände. Nachfolgend eine erste Übersicht. Das komplette Beschlusspaket der 146. MB-Hauptversammlung wird Anfang der Woche veröffentlicht.
    Zahlreiche Anträge aus NRW/RLP standen zur Abstimmung. Das Plenum der 146. Hauptversammlung nahm sie an.
    Zahlreiche Anträge aus NRW/RLP standen zur Abstimmung. Das Plenum der 146. Hauptversammlung nahm sie an.

    Finanzkrise der Krankenhäuser beheben durch Beendigung der „Satellitenwirtschaft und Misstrauenskultur“

    Antragsteller: Marburger Bund NRW/RLP

    Der Marburger Bund fordert die Bundesgesundheitsministerin und den Sachverständigenrat für Wirtschaft (Wirtschaftsweisen) auf, die durch Einführung des „DRG-Systems“ seit 2003 erzwungenen und exponentiell wachsenden Kosten der dadurch entstandenen „Satellitenwirtschaft“ im stationären Gesundheitssektor zu berechnen und jährlich zu veröffentlichen. Diese „Transaktionskosten“ sind Teil der Krankenhaus-Finanzkrise. Sie müssen endlich reduziert und der Patientenversorgung wieder zugeführt werden.

    Durch Einführung des DRG-Fallpauschalen-Systems im Jahr 2003 zur Abrechnung stationärer Behandlung entwickelte sich parallel eine gigantische „Satellitenwirtschaft“ und „Misstrauenskultur“. 

    Auf der Seite der Krankenhäuser entstehen für die Erfüllung von Dokumentationspflichten, Codierung und Controlling nicht nur hohe Kosten für IT und Personal, sondern auch für Dienstleistungs- und Beraterfirmen.

    Auf der Seite der Krankenkassen und Medizinischen Dienste entstehen durch immer neue und erweiterte Prüfungs- und Abrechnungsvorgaben Kosten für aufwendige Fallprüfungen und ein wachsender Personalaufwand. Hinzukommen Kosten für juristische Abrechnungsauseinandersetzungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen. Hierdurch werden immer höhere Anteile der Beitragszahlungen des Solidarsystems zweckentfremdet und stehen damit nicht mehr der Gesundheitsversorgung der Versicherten zur Verfügung.

     

    Weiterbildung stärken – gesetzlich verankern, strukturell sichern

    Antragsteller: Marburger Bund NRW/RLP

    Der Marburger Bundes blickt mit Sorge die Auswirkungen der Krankenhausreformen, des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) sowie des aktuell vorgelegten Krankenhausanpassungsgesetzes (KHAG) auf die Weiterbildung.

    Strukturierte Weiterbildung ist ein zentraler Bestandteil medizinischer Qualitätssicherung und Fachkräftesicherung im Gesundheitswesen. Sie erfordert Zeit, Engagement, finanzielle Förderung, und vor allem – klare gesetzliche Rahmenbedingungen. Vor diesem Hintergrund fordert der Marburger Bund:

    • die Landesregierungen auf, bei der Zuteilung von Leistungsgruppen im Rahmen der Krankenhausreform jene Krankenhäuser zu bevorzugen, die sich an regionalen, standort- und sektorenübergreifenden Weiterbildungsverbünden beteiligen – insbesondere, wenn diese durch die jeweilige Landesärztekammer anerkannt sind.
    • die Landesärztekammern auf, den Aufbau und die Zertifizierung regionaler, standort- und sektorenübergreifender Weiterbildungsverbünde aktiv zu unterstützen. Hierzu können digitale Vernetzungsportale eingerichtet werden.
    • die Kliniken auf, verpflichtend Weiterbildung anzubieten und sich in o.g. Weiterbildungsverbünde einzubringen
    • die Bundesregierung auf, die Weiterbildung bei der Personalbemessung zu berücksichtigen, z.B. durch Anwendung des ärztlichen Personalbemessungssystems der Bundesärztekammer (ÄPS-BÄK), wie im KHVVG vorgesehen den Gesetzgeber auf, bestehende rechtliche Hürden für flexible Weiterbildungsmodelle abzubauen, etwa durch Anpassung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
    • den Gesetzgeber auf zur fristgerechten und konsequenten, sachgerechten Finanzierung der Mehrkosten, die mit der ärztlichen Weiterbildung verbunden sind.
    • die inhaltliche Gestaltungshoheit über die ärztliche Weiterbildung muss uneingeschränkt bei den Landesärztekammern verbleiben. Eine externe Finanzierung darf nicht zu einer politischen oder wirtschaftlichen Einflussnahme auf die Inhalte führen.

     

    Einführung eines validierten Patientensteuerungssystems zur Entlastung der Notaufnahmen erforderlich

    Antragsteller: Marburger Bund NRW/RLP

    Der Marburger Bund fordert die Einführung eines hybriden Steuerungssystems, das über das Primärarztsystem hinausgeht und die folgenden Kernkomponenten umfasst:

    1. Verbindliche präklinische Steuerung: Patienten müssen vor dem Besuch einer Notaufnahme verbindlich durch eine zentrale Stelle triagiert werden. Dies kann digital oder telefonisch erfolgen und leitet die Patienten in die verantwortliche Versorgungsstruktur verbindlich weiter (z.B. kassenärztliche Bereitschaftspraxis, Facharzt oder Notaufnahme).

    2. Validierung und Evaluation: Das Steuerungssystem muss wissenschaftlich validiert und seine Wirksamkeit kontinuierlich evaluiert werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass es die Patienten sicher und effizient leitet und nicht zu Engpässen führt.

    3. Informationszugriff und Vermeidung von Arzthopping: Um die Patientensicherheit zu erhöhen und Doppeluntersuchungen sowie unnötige Arztbesuche (Arzthopping) zu verhindern, muss es Ärztinnen und Ärzten in Notaufnahmen und kassenärztlichen Notfalldiensten bei einer erneuten Vorstellung des Patienten möglich sein, Einsicht in bereits erfolgte Vorstellungen zu erhalten. Dieser Zugriff auf relevante Behandlungsdaten würde die Diagnosestellung beschleunigen und die Therapie verbessern. Die hierfür notwendigen gesetzlichen und datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen sind zu schaffen.

     

    Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen sichern

    Antragsteller: Marburger Bund NRW/RLP

    Der Marburger Bund fordert die Landesregierungen und die Ärztekammern zu einer engmaschigen und qualifizierten Kontrolle der Umsetzung der maßgeblichen Rechtsvorschriften des Krankenhaus- und Berufsrechts auf, damit Ärztinnen und Ärzte in allen fachlichen Entscheidungen unabhängig und frei von unzulässiger ökonomischer oder ideologischer Einflussnahme handeln können. An diese Vorgaben haben sich die Krankenhausträger zu halten. Insbesondere Weisungsbefugnisse, Anreizsysteme und vertragliche Regelungen sind nur insoweit hinnehmbar, als sie den entsprechenden Vorgaben des Landeskrankenhausrechts entsprechen und die in den Berufsordnungen festgelegte ärztliche Entscheidungsfreiheit dauerhaft gewährleistet bleibt.

    Ärztliche Entscheidungen sind originäre ärztliche Aufgaben und erfordern Fachwissen, ethisches Verständnis und die Orientierung am Wohl der Patientinnen und Patienten. Dieses Prinzip wird zunehmend durch wirtschaftliche Vorgaben und ideologische Einflussnahmen gefährdet. 

    Bereits heute besteht ein durch das Landeskrankenhausrecht und die ärztlichen Berufsordnungen klarer rechtlicher Rahmen:

    • Ärztinnen und Ärzte dürfen nicht weisungsgebunden sein und ihre medizinischen Entscheidungen nicht durch vertragliche Anreize beeinflusst werden.
    • Ärztinnen und Ärzte im Beschäftigungsverhältnis dürfen in ihrer medizinischen Unabhängigkeit nicht durch Vergütungsregelungen oder -anreize beeinflusst werden.
    • Das Verbot unzulässiger Zuwendungen stellt sicher, dass Entscheidungsalternativen allein aus rein medizinischen Gründen gewählt werden können.

    Trotz dieser klaren Normen zeigen sich in der Praxis immer wieder Versuche, ärztliche Entscheidungen zu beeinflussen. Das gefährdet nicht nur die Therapiefreiheit, sondern auch das Vertrauen von Patientinnen und Patienten in eine ausschließlich medizinisch begründete Versorgung.

     

    Umsetzung eines 5-Punkte-Planes zur Abwendung der systemischen Erschöpfung

    Antragsteller: Marburger Bund NRW/RLP

    Die gesundheitspolitisch Verantwortlichen mögen folgenden 5-Punkte-Plan zur Abwendung der systemischen Erschöpfung des stationären Gesundheitswesen umsetzen: 

    1. Handeln nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ist in Anbetracht begrenzter Ressourcen für alle Ärztinnen und Ärzte selbstverständlich und verpflichtend. Jedoch anstatt derzeit marktwirtschaftlicher Ausrichtung des stationären Gesundheitssektors brauchen wir eine Ausrichtung unseres solidarisch finanzierten Gesundheitssystems im Sinne einer Daseinsökonomie.

    2. Profitorientierte Konzerne, die Renditen mit der Versorgung von Kranken oder Pflegebedürftigen erwirtschaften, oder Dividenden ausschütten oder in Private equity organisierte Versorgungsformen stehen in dieser Form dem Solidargedanken entgegen. Daher sind diese Betriebsformen in unserem solidarisch finanzierten Gesundheitswesen nach Möglichkeit abzuschaffen.

    3. Systemisch bedingte Fehlanreize beeinflussen zunehmend die Entscheidungsfindung von Ärztinnen und Ärzten. Diese Fehlanreize führen zu Fehlsteuerungen in der Versorgung von Patientinnen und Patienten und müssen abgeschafft werden. Damit sind Handlungsanreize gemeint, die der Kommerzialisierung Vorrang einräumen und dem professionsethischen Handeln der Ärztinnen und Ärzte entgegenstehen können.

    4. Patientenversorgung darf nicht an Sektorengrenzen scheitern, daher müssen diese überwunden werden.

    5. Jegliche gesundheitspolitischen Gesetzesvorhaben müssen auf ihre Bürokratielast und ihre Personalerfordernis überprüft und die Ergebnisse veröffentlicht werden. Derzeitige bürokratische Lasten im Krankenhaus sind zu detektieren und abzubauen.

     

    Begründung

    1. Finanzierung von Daseinsvorsorge ist Selbstverständnis eines sozialen Staates und des Sozialstaatsprinzips. Daseinsökonomie bedeutet Daseinsvorsorge nach ökonomischen Prinzipien zu betreiben, jedoch die Wirtschaftlichkeit dem Gemeinwohl und der Versorgung unterzuordnen.

    2. In einem Solidarsystem erwirtschaftete Überschüsse müssen ins Solidarsystem zurück, um wieder den Einzahlenden zu deren medizinischen und pflegerischen Behandlung zur Verfügung zu stehen.

    3. Ärztinnen und Ärzte müssen wieder ihre Profession leben dürfen -einzig das Wohl des Patienten darf ihre Handlungsmaxime bestimmen-, denn eine kommerziell ausgerichtete Gesundheitspolitik zerstört nicht nur die ärztliche Profession sondern insbesondere auch das Vertrauen der Patienten und Patientinnen in die Ärzteschaft.

    4. Die medizinische Versorgung muss sich am Bedarf des Patienten orientieren und überall dort stattfinden und bezahlt werden, wo die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten vorhanden sind. Das verhindert Wartezeiten und dient der Patientenzufriedenheit.

    5. Bürokratie und das massenhafte Generieren von Daten zu Abrechnungszwecken trägt zu einer Verschärfung des Personalmangels bei: bis zu 40% ihrer Arbeitszeit verbringen heute Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus mit diesen Tätigkeiten.

     

    Priorität der Patientensicherheit, Patientensteuerung und Einbeziehung der Ärztekammern bei der Notfallreform – Klare Absage an die 1,3 Milliarden-Einsparung

    Antragstellerin: Patricia Kalle Droste

    Der Bundesverband fordert das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) nachdrücklich auf, die geplante Reform der Notfallversorgung nicht primär zur reinen Einsparung von geschätzten ca. 1,3 Milliarden Euro zu nutzen. Die Notfallversorgung muss als Aufgabe der Daseinsvorsorge betrachtet wird, die adäquate Investitionen in die Qualität erfordert. Wir lehnen es ab, dass die notwendige Restrukturierung zugunsten einer Haushaltskonsolidierung genutzt werden soll. Die Patientensicherheit, der Aufbau funktionierender Strukturen und die Qualität der Versorgung müssen das oberste Ziel der Reform sein.

    Der Marburger Bund fordert daher, dass die Finanzierung der Notfallversorgung erst dann unter primären Einsparungsgesichtspunkten neu ausgerichtet wird, wenn folgende Voraussetzungen abschließend geklärt, belastbar umgesetzt und finanziell abgesichert wurden: Voraussetzungen dafür sind:

    1. Valides Ersteinschätzungssystem und Patientensteuerung:

    Die Einführung eines wissenschaftlich validierten, standardisierten und bundesweit einheitlichen Ersteinschätzungssystems muss garantiert sein, dass eine sichere Patientensteuerung gewährleistet. Die geplante Entlastung der Notaufnahmen ist aktuell nicht klar, praktikabel und nachweisbar dargestellt.

    2. Aufbau und Abfragesystem der Akutleitstellen:

    Der Aufbau von funktionsfähigen, interoperablen Akutleitstellen muss sichergestellt sein. Die Abfragesysteme und die Prozesse der gemeinsamen Leitstellen müssen klar definiert, transparent und auf höchstem Sicherheitsniveau arbeiten.

    3. Personalgrenzen und -bedarf:

    Eine ausreichende, qualifizierte und finanzierte Personalausstattung für die neuen Notfallstrukturen (INZ, Leitstellen) muss festgelegt werden. Die Reform darf nicht zu einer weiteren Überlastung des ärztlichen Personals führen.

    4. Einsatz von nicht-ärztlichem Personal:

    Der Einsatz von qualifiziertem nicht-ärztlichem Personal zur Notfallversorgung muss streng an die ärztliche Aufsicht, Kompetenz und die medizinisch-rechtliche Verantwortung geknüpft sein.

    5. Verbindliche Einbeziehung der Ärztekammern:

    Die Landes- und Bundesärztekammern sind aufgrund ihrer Expertise in der Weiterbildung, Qualitätssicherung und als Körperschaften des öffentlichen Rechts verbindlich in alle zentralen Entscheidungen zur Ausgestaltung der Notfallreform einzubeziehen.

     

    Tarifvertragskonforme Arbeitszeiterfassung gewährleisten

    Antragsteller: Marburger Bund NRW/RLP

    Die Arbeitgeber der Ärztinnen und Ärzte der Universitätsklinika werden aufgefordert, für jeden einzelnen unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Beschäftigten sicherzustellen, dass eine tarifvertragskonforme Arbeitszeiterfassung gem. § 10 Abs. 2 TV-Ärzte stattfindet. Damit verbunden wird die Erwartungshaltung, dass durch die tarifvertragskonforme Methodik der Arbeitszeiterfassung die Reduzierung der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von derzeit 42 Stunden auf 40 Stunden ab dem 1.1.2026 unterstützt und für die Ärztinnen und Ärzte in manipulationssicherer Weise elektronisch erfasst wird.

     

    Irreguläre Wettbewerbsvorteile für konfessionelle Krankenhäuser beenden

    Antragsteller: Marburger Bund NRW/RLP

    Der Marburger Bund fordert den Bundesgesetzgeber auf, bei der anstehenden Umgestaltung der Krankenhausfinanzierung irreguläre Wettbewerbsvorteile für konfessionelle Krankenhäuser durch ein entsprechendes Malussystem zu beenden. Konfessionelle Krankenhäuser sind gegenwärtig von der gleichberechtigten, ausgewogenen Gestaltung der Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter ausgenommen und definieren diese ohne eine qualifizierte Gewerkschaftsbeteiligung auf dem sogenannten "Dritten Weg". Das ermöglicht ihnen, die tarifvertraglich ausgehandelten Arbeitsbedingungen und -kosten gegenüber den mit ihnen konkurrierenden Kliniken zu unterbieten, obwohl sie formal einen Anspruch auf den Ausgleich der tariflich fixierten Personalkosten haben.

    Solange der tarifvertragsfreie "Dritte Weg" nicht abgeschafft ist, bedarf es einer nachhaltigen wirtschaftlichen Malusregelung hinsichtlich der Klinikbudgets von konfessionellen Krankenhäusern, die gleichzeitig so auszugestalten ist, dass sich auch ein spürbarer wirtschaftlicher Anreiz für diese Arbeitgeber ergibt, sich der säkularen Ausgestaltung des Arbeitsrechtes ohne "Wenn und Aber" zu öffnen. 

     

    Tarifautonomie schützt Gesundheit: Hände weg vom ArbZG!

    Antragsteller: Stefan Hollstegge, Christoph Neumann, René Uwe Forner, Claus Beermann

    1. Der Marburger Bund lehnt die von der Bundesregierung geplanten Änderungen am Arbeitszeitgesetz, insbesondere die geplante Abschaffung der täglichen Höchstarbeitszeit zugunsten einer rein wöchentlichen Betrachtung, kategorisch ab. Der Marburger Bund wertet diese Pläne als direkten Angriff auf die Tarifautonomie und die Schutzfunktion der Tarifverträge.

    2. Die Hauptversammlung fordert den Gesetzgeber auf, von diesen Plänen vollumfänglich Abstand zu nehmen. Die bestehenden Schutzmechanismen des Arbeitszeitgesetzes müssen erhalten bleiben, da ein angemessener Gesundheitsschutz nur unter Beteiligung der Gewerkschaften sichergestellt werden kann.

    Begründung

    Das Narrativ des "starren" Arbeitszeitgesetzes ist falsch. Das ArbZG ermöglicht bereits heute über § 7 ein Höchstmaß an Flexibilität, etwa bei Diensten, Ruhezeiten oder der Gesamtarbeitszeit.

    Diese Flexibilität ist bewusst an die Zustimmung der Sozialpartner, also an Tarifverträge, geknüpft.

    Nur die Gewerkschaften als Sozialpartner können als Korrektiv sicherstellen, dass notwendige Flexibilität durch echten Gesundheitsschutz und angemessene Ausgleichsregelungen kompensiert wird.

    Die Pläne der Bundesregierung zielen auf die Abschaffung dieser sozialen Kontrolle. Sie wollen die Flexibilität aus der Verhandlungspflicht lösen und sie dem einseitigen Direktionsrecht der Arbeitgeber unterstellen. Indem der Gesetzgeber den Arbeitgebern einseitig Rechte einräumt, die bisher tarifvertraglich "erkauft" werden mussten, entwertet er Tarifverträge und greift massiv in die Tarifautonomie ein.

    Die Ersetzung der täglichen durch eine rein wöchentliche Höchstarbeitszeit legalisiert 12-Stunden-Tage (oder länger) auf reinen Zuruf des Arbeitgebers. Das ist ein direkter Angriff auf die physische und psychische Gesundheit der Beschäftigten, den wir als Gewerkschaft nicht hinnehmen können.