• Wohin werden Patienten im Notfall geführt?

    Michael Krakau kommentiert die Reform der Notfallversorgung am Beispiel der Millionenmetropole Köln
    23.Januar 2019
    Die Neuorganisation der Notfallversorgung ist seit langem ein umstrittenes Thema. Vor einigen Jahren scheiterte die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) mit ihren unabgestimmten Plänen am Widerstand der Politik und unserer Ärztekammer. Zu viel etablierte Notfall-Strukturen wären seinerzeit weggefallen. Im Herbst 2017 führten wir auf unserer Landeshauptversammlung mit der KBV-Spitze eine sachliche und lösungsorientierte Diskussion. Wir haben Eckpunkte für eine Strukturreform der medizinischen Notfallversorgung erarbeitet – hin zu einer Integrativen Notfallversorgung.

    Gemeinsam mit der KBV hat der Marburger Bund ein Konzept erarbeitet, das eine bessere abgestimmte Notfallversorgung zwischen Kliniken und Praxen vorsieht. Unser Lösungskonzept findet sich in weiten Teilen in den aktuellen Plänen des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn für die Reform der Notfallversorgung wieder. Für uns ein politischer Erfolg.

    Es ist unser Anspruch, dass jeder Patient sich zu jeder Zeit und an jedem Ort auf eine qualitativ hochwertige Notfallbehandlung verlassen können muss. Jede Patientensteuerung muss zu einer medizinischen und zeitgerechten Behandlung durch einen Arzt führen. Patienten sehen ihre Krankheitssymptome als ernsthafte gesundheitliche Bedrohung.

    Wir fordern, dass zentrale Konzepte regionalisiert werden. Wir wollen, dass jede neue Struktur das überlastete medizinische Personal in unseren Notaufnahmen entlastet. Jede Neustrukturierung muss die tatsächlichen Versorgungsverhältnisse und regionalen Besonderheiten ausreichend berücksichtigen. Soweit die gemeinsame Absicht.

    Wie sieht es vor Ort aus? In der Millionenmetropole Köln erleben wir zurzeit erneut einen Alleingang der KVNO. Zum Jahresbeginn hat sie die Zahl der ambulanten Notfallpraxen in Köln deutlich reduziert. Statt bisher zehn gibt es nur noch sechs Notdienstpraxen, nur zwei Standorte werden ab 24 Uhr noch nachts durchgängig besetzt sein. Immerhin wurden in Köln die Rufnummern 112 und 116.117 vernetzt.

    Durch den Abbau etablierter ambulanter Notfallstrukturen verlängern sich aber im gesamten Kölner Stadtgebiet für alle Notfallpatienten die Anfahrtszeiten ganz erheblich. Uns Krankenhausärzten wird durch diesen Kahlschlag noch mehr Arbeit in den Kölner Kliniken aufgebürdet.

    Schon an den ersten Tagen entbrannte in den Kölner Medien eine lebhafte Debatte: Patienten beklagten „dramatische Situationen“. Unzufriedene Niedergelassene berichten, dass die verbliebenen Notfallpraxen überlaufen sind. Und Kölns rechtsrheinisches Stadtgebiet ist unterversorgt. Die größten rechtsrheinischen Versorger wurden von der Notfallversorgung ausgegrenzt, mit nicht überzeugenden Gründen und falschen Zahlen. Was ist die Folge?

    Statt eine der verbliebenen Notfallpraxen im nun entfernteren Kölner Stadtgebiet anzusteuern, suchen Patienten im Notfall ihre nächstgelegene Klinik auf. Der Kahlschlag geht somit unmittelbar zu Lasten der Kölner Patienten und Klinikärzte. Das ist mit den Zielen der Politik kaum vereinbar, denn eine integrierte Notfallversorgung an Kliniken ist gewollt.

    Die Zukunft gehört gemeinsamen Notfallleitstellen und integrierten Notfallzentren in Krankenhäusern. Die ambulante und stationäre Notfallversorgung soll dort in ausreichendem Umfang an einem Tresen organisiert werden. Das ist der richtige Weg. Diese Form der integrierten Versorgung ist politischer Konsens.

    Wir Klinikärzte wollen mit den niedergelassenen Ärzten gemeinsame, integrierte Notaufnahmen aufbauen und betreiben. Dort sollen die Patientenströme nach einer fachlichen Ersteinschätzung oder Einstufung entweder in Notfallpraxen oder in den Kliniken zur notwendigen weiteren medizinischen Versorgung gelenkt werde. Wir erwarten, dass die KVNO sich diesen Zielen anschließt. Alleingänge sind keine sinnvolle Lösung. Sie führen nur zu nicht erwünschten Verlagerungen.