
Ein Vorrang der Kenntnisprüfung vor der dokumentenbasierten Gleichwertigkeitsprüfung widerspricht wichtigen Grundgedanken des Anerkennungsgesetzes. Anstatt sämtliche bereits erworbenen beruflichen Qualifikationen der Ärzte zu evaluieren und wertzuschätzen und nur dann eine Prüfung zu verlangen, wenn ein gleichwertiger Kenntnisstand der Ausbildung nicht nachgewiesen werden kann, soll die Kenntnisprüfung regelhaft abgenommen werden. Dies konterkariert eindeutig das Bestreben, in Drittstaaten qualifizierte und dringend benötigte Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen und langfristig zu binden.
Der Gesetzentwurf bleibt zudem an entscheidenden Stellen unklar und widersprüchlich. Einerseits soll die Kenntnisprüfung zum „Regelfall“ werden, andererseits will man den Ärzten ein Wahlrecht einräumen. Hierfür fehlen jedoch eindeutige gesetzliche Regelungen, die eine ergebnisoffene und neutrale Beratung der Antragstellenden sicherstellen. Darüber hinaus ist bereits heute zu beobachten, dass Berufserlaubnisse nicht nach einer Gleichwertigkeitsprüfung auf die individuelle Qualifikation zugeschnitten, sondern grundsätzlich auf Tätigkeiten unter ärztlicher Supervision beschränkt erteilt werden, was zu Verunsicherung bei Arbeitgebern, zu Haftungsfragen im Klinikalltag und zu Benachteiligungen von zugewanderten Ärztinnen und Ärzten führt. Deshalb appelliert der Marburger Bund an den Gesetzgeber, Rechtssicherheit herzustellen und praktikable, transparente und faire Anerkennungswege zu unterstützen.
Die sinnvollste Lösung ist der Ausbau der Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe (GfG) zur zentralen Anerkennungsbehörde. Die GfG muss personell so ausgestattet werden, dass alle Anträge auf Erteilung einer Approbation bzw. Berufserlaubnis von Ärztinnen und Ärzten mit Drittstaatenausbildung fristgerecht bearbeitet und auch dort beschieden werden können. Eine Bündelung der Verfahren bei der GfG würde nicht nur die Qualität und Einheitlichkeit der Gleichwertigkeitsprüfungen sichern, sondern auch Verfahren vereinfachen, Bearbeitungszeiten verkürzen und die Digitalisierung erleichtern. Der langwierige Austausch von Unterlagen zwischen den Approbationsbehörden und der GfG würde ebenso entfallen wie die Bürokratielast durch Abstimmungsprobleme.