Warum die nächste Tarifrunde eine Konsolidierungsrunde wird – und was das für unsere Mitglieder bedeutet
Der letzte Tarifabschluss für die Ärztinnen und Ärzte an den Universitätskliniken (TV-Ärzte TdL) hat deutliche Verbesserungen gebracht: die Reduzierung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit, die Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung sowie mehrere strukturelle Klärungen, die den Arbeitsalltag spürbar erleichtern sollen. Viele dieser Fortschritte sind jedoch bis heute nicht oder nicht vollständig umgesetzt worden. Die TdL bestreitet grundlegende tarifliche Verpflichtungen – etwa bei der Arbeitszeitreduzierung und bei der verbindlichen Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems.
Diese Diskrepanz zwischen dem Vereinbartem und dem tatsächlich Umgesetztem beschäftigt viele Mitglieder. Die Rückmeldungen der vergangenen Monate waren eindeutig: Entscheidend für die Akzeptanz tarifpolitischer Ergebnisse ist nicht das, was auf dem Papier steht, sondern das, was im Arbeitsalltag ankommt. Genau deshalb richtet der Marburger Bund seinen Fokus in den kommenden Monaten ganz bewusst auf die Durchsetzung der bestehenden Rechte.
Warum wir uns in der kommenden Tarifrunde auf eine lineare Entgeltforderung beschränken
Vor diesem Hintergrund haben sich die Gremien des Marburger Bundes für eine klare strategische Linie entschieden: In der nächsten Tarifrunde wird der MB keine neuen strukturellen Forderungen stellen, sondern sich auf eine lineare Entgelterhöhung konzentrieren.
Diese Entscheidung bedeutet keinen Verzicht auf Gestaltung – im Gegenteil. Sie ist Ausdruck einer verantwortungsvollen Tarifpolitik, die Prioritäten setzt:
- Bevor neue Baustellen eröffnet werden, setzen wir durch, was wir bereits erreicht haben.
- Wir lassen nicht zu, dass wesentliche Entlastungen und Schutzmechanismen durch Arbeitgeberinterpretationen ausgehebelt werden.
Auch deshalb haben wir die TdL inzwischen vor dem Arbeitsgericht Berlin verklagt. Im Wege einer sogenannten Einwirkungsklage wollen wir erreichen, dass die TdL (zunächst) auf ihr Mitglied, den Freistaat Bayern, einwirkt, die tarifliche Verpflichtung zur ausschließlich elektronischen Arbeitszeiterfassung der Ärztinnen und Ärzte an den bayrischen Universitätsklinika umzusetzen. Wir sind nicht bereit, Auslegungen der tariflichen Vorschriften durch die Arbeitgeber zu akzeptieren, die zulasten der Ärztinnen und Ärzte die tariflichen Regelungen völlig entwerten. Wir werden auch die Umsetzung der Verpflichtung zur Reduzierung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit sehr genau beobachten und stehen dazu bereits seit geraumer Zeit in regelmäßigem Austausch mit den Personalräten der Uniklinika – auch um relativ bald nach dem 1. Januar 2026 entscheiden zu können, ob wir auch hier einen rechtlichen Weg zur Durchsetzung beschreiten müssen.
Ein weiterer Grund: Wir richten die Tarifpolitik neu aus
Parallel zur Konsolidierungsrunde bereitet der Marburger Bund eine grundlegende Weiterentwicklung seiner Tarifpolitik vor. Viele Mitglieder fordern eine stärkere Beteiligung, eine bessere Rückkopplung zwischen tarifpolitischen Zielen und den realen Bedingungen in den Kliniken sowie neue Wege, tarifliche Regelungen langfristig tragfähig zu gestalten.
Deshalb arbeitet der MB an einem mehrstufigen Beteiligungsprozess, der Ihnen mit einem Open Space im kommenden Frühjahr auch ganz konkret und in Präsenz nicht nur die Möglichkeit bietet, unsere Arbeitsweise kennenzulernen, sondern auch aktiv an der Neugestaltung der ärztlichen Tarifpolitik mitzuwirken. Wir wollen Sie einladen, Themen, Perspektiven und konkrete Handlungsfelder aktiv mitzudenken und weiterzuentwickeln.
Open Space Frühsommer 2026
Die Hauptversammlung des MB und seine Tarifgremien haben den geplanten Open Space und die Neuausrichtung unserer Tarifpolitik ausdrücklich begrüßt und wollen damit ein sichtbares Zeichen neuen tarifpolitischen Selbstverständnisses setzen:
- offen für Ideen,
- breit angelegt,
- professionell moderiert,
- transparent dokumentiert,
- und ausdrücklich als Grundlage für die nächste tarifpolitische Entwicklungsphase gedacht.
Wir wollen gemeinsam mit unseren Mitgliedern darüber sprechen, wie ein Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte künftig aussehen muss, damit er sowohl den modernen Anforderungen an gute Arbeit als auch den realen Belastungen des Klinikalltags gerecht wird.
Wir haben uns zudem bewusst dazu entschieden, die Veranstaltung von einer Gruppe vorbereiten zu lassen, die ganz überwiegend aus Ärztinnen und Ärzten aus den Uniklinika besteht, um bereits in diesem frühen Stadium der Neuausrichtung den tatsächlich Betroffenen ein Maximum an Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu geben.
Sämtliche Informationen zu den Forderungen, zu den Verhandlungen sowie zum Open Space im nächsten Jahr finden Sie demnächst auf unserer Website. Immer informiert über alle aktuellen Entwicklungen sind Sie bei unserem MessengerService (alle Einzelheiten unter www.marburger-bund.de/tarifnews-unikliniken). Hintergründe, Fakten und Bewertungen finden Sie zudem regelmäßig in der Marburger Bund Zeitung.