Sowohl die Krankenhausreform als auch die Ambulantisierung werden Auswirkungen auf die Facharztweiterbildung haben. Das bedeutet einerseits, dass zukünftig viele Krankenhäuser nicht mehr die gesamte Weiterbildung einer Fachrichtung nach der Weiterbildungsordnung anbieten können. Andererseits zunehmend Weiterbildungsinhalte ausschließlich in ambulanten Einrichtungen erworben werden können.
Das macht die Rotation an mehrere, unterschiedliche Weiterbildungsstätten erforderlich, um alle für eine Facharztbezeichnung benötigten Kompetenzen zu erlangen. Damit können zahlreiche organisatorische, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen verbunden sein.
Eine wichtige Lösung zur zukünftigen Sicherstellung der Weiterbildung stellen insbesondere regionale Weiterbildungsverbünde dar.
Im Folgenden hat der Marburger Bund die häufigsten Fragen zu Weiterbildungsverbünden zusammengefasst.
Stand Oktober 2025
Weiterbildungsverbünde (WBV) sind Netzwerke von stationären Einrichtungen (Krankenhäusern) und/oder ambulanten Einrichtungen (MVZ und Praxen), die durch ihre Zusammenarbeit den Erwerb der vollständigen Weiterbildungsinhalte nach der Weiterbildungsordnung weitgehend nahtlos ermöglichen wollen und zu diesem Zweck von der zuständigen Landesärztekammer anerkannt sind. Die Kooperation kann sich auf ein Gebiet, eine oder mehrere Facharztbezeichnungen nach der Weiterbildungsordnung beziehen. Weiterbildungsverbünde sind freiwillige Zusammenschlüsse und beruhen auf der Initiative der Beteiligten.
Die Beziehungen zwischen den teilnehmenden Weiterbildungsstätten sollten möglichst vertraglich in einem Kooperationsvertrag ausgestaltet werden. In diesem sollten die Rechte und Pflichten sowie Grundlagen der Zusammenarbeit wie z.B. Beitritt, Laufzeit, Beendigung etc. aufgeführt werden. Insbesondere sollte festgelegt werden, welche Weiterbildungsinhalte und Weiterbildungszeiten von den einzelnen Einrichtungen angeboten werden können (Rotationspläne). Die Kooperationspartner sollen sicherstellen, dass die Rotationspläne den Voraussetzungen der jeweiligen Weiterbildungsordnung entsprechen und eingehalten werden, jeweils gültige Weiterbildungsbefugnis/-ermächtigungen vorliegen und die Weiterbildungsabschnitte zeitlich und räumlich möglichst nahtlos erfolgen können.
Bei den meisten existierenden Weiterbildungsverbünden erfolgt die Teilnahme durch eine Bewerbung. Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens sollten dann die genauen Inhalte und vertraglichen Grundlagen für eine Teilnahme und den Erwerb der erforderlichen Weiterbildungsinhalte besprochen werden.
Die Ärztin/der Arzt muss sich nur einmal bei einem Weiterbildungsverbund bewerben und kann dann strukturiert innerhalb des Verbundes alle notwendigen Weiterbildungsinhalte erwerben. Die Rotationen werden vom Verbund organisiert. Es soll eine möglichst lückenlose Rotation sichergestellt werden.
Vertragliche Regelung zur Arbeitszeit, ggf. Probezeit, Kündigung, Vergütung, Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit, Erholungsurlaub, Sozialversicherung, Unfallversicherung, Berufshaftpflicht, Rotationen im Falle von Schwangerschaft und Mutterschutz.
Regelung der Weiterbildungsverantwortung und Weiterbildungspflichten der jeweiligen Rotationsstelle gegenüber der weiterzubildenden Ärztin/dem weiterzubildenden Arzt.
CAVE: Die Befreiung von der Rentenversicherung ist für jeden Wechsel eines Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen der Rotation zu beantragen.
CAVE: Zusatzversorgung für Ärzte; Überleitung betriebliche Altersversorgung klären.
Die arbeitsrechtliche Stellung ist abhängig von der Gestaltung der Rotation in einem Weiterbildungsverbund. Folgende arbeitsvertragliche Gestaltungsformen werden praktiziert:
1. Anstellungsvertrag mit jeder Weiterbildungsstätte im Verbund
Mit jeder Weiterbildungsstätte im Rahmen des Rotationsplans schließt der/die Weiterzubildende einen eigenen Anstellungsvertrag für die Dauer des jeweiligen Weiterbildungsabschnittes ab, deren Konditionen idealerweise in einem Kooperationsvertrag der Verbundteilnehmer festgelegt werden.
2. Freistellung vom Hauptarbeitgeber
Der/die Weiterzubildende schließt einen Anstellungsvertrag zum Zwecke der Weiterbildung mit einem der Verbundteilnehmer (Hauptarbeitgeber). Der Hauptarbeitgeber stellt den Weiterzubildenden zum Zwecke der Weiterbildung bei anderen Verbundteilnehmern befristet frei, der Anstellungsvertrag ruht. Der sich Weiterbildende schließt mit einer anderen Weiterbildungsstätte für die Dauer der Freistellung einen Anstellungsvertrag auf Grundlage der für den Verbund geltenden Rahmenvorgaben ab (Kooperationsvertrag siehe oben).
3. Abordnung mit einem Anstellungsvertrag innerhalb des Verbundes
Der/die Weiterzubildende wird auf Grundlage eines durchgehenden Anstellungsvertrags bei einem Verbundteilnehmer (Hauptarbeitgeber) an die anderen Verbundteilnehmer abgeordnet.
Vorteil für den Weiterzubildenden: Es wird nur ein Arbeitsvertag geschlossen, der für alle Weiterbildungsstätten über die gesamte Rotation gilt. Fragen zur Vergütung, Sozialversicherung, Befreiung Rentenversicherung, Haftpflicht etc. stellen sich für den/die Weiterzubildenden nicht bzw. werden im Innenverhältnis der Verbundteilnehmer geregelt.
Problem: Unterschiedliche rechtliche Bewertung, ob es sich bei einer Abordnung zum Zwecke der Weiterbildung um eine erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung handelt.
Siehe hierzu auch „MB-Forderung: Weiterbildungsverbünde rechtlich absichern“
Bei Weiterbildungsverbünden sind auch berufsrechtliche Vorgaben zu beachten. Für alle vorgenannten Gestaltungsmöglichkeiten ist eine Genehmigung durch die jeweilige Ärztekammer und die Ausweisung im Weiterbildungsplan erforderlich. Insbesondere müssen Kompetenzen, die innerhalb eines Verbundes erworben werden, als Weiterbildungsinhalte von den Ärztekammern anerkennungsfähig sein.
Mit der MWBO 2018 ist die Anrechnungsfähigkeit von ambulanten Weiterbildungszeiten deutlich erweitert worden. Sofern für die Facharztweiterbildung nichts anderes bestimmt ist, kann die Weiterbildung sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich erfolgen.
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von klinik-, träger- und sektorenübergreifenden Weiterbildungsverbünden, haben sich die Landesärztekammern auf eine Definition („Gemeinsames Verständnis“) von Weiterbildungsverbünden verständigt: „Ein Weiterbildungsverbund ist ein organisierter Zusammenschluss von mehreren Weiterbildungsstätten und Weiterbildungsbefugten, welche unterschiedliche Weiterbildungsinhalte vermitteln können, unter Berücksichtigung regionaler Aspekte mit dem Ziel, verbindlich eine möglichst umfassende Weiterbildung anzubieten. Die Landesärztekammern erkennen solche Verbünde nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorgaben an.“ (Vortrag von Prof. Herrmann/Dr. Gehle auf dem 129. DÄT 2025)
Konkrete Änderungen/Ergänzungen erfolgten in den Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Hessen.
Die Koordinierungsstellen Weiterbildung Allgemeinmedizin (KoStA) sind im Zusammenhang mit dem Förderprogramm Allgemeinmedizin entstanden (§ 75a SGB V). Sie sollen mit der Initiierung von Verbünden strukturell eine nahtlose Weiterbildung Allgemeinmedizin erleichtern und den organisatorischen Aufwand für die Weiterzubildenden zwischen den Weiterbildungsabschnitten mindern. Beteiligte an einer KoStA sind die jeweilige Kassenärztliche Vereinigungen, Landesärztekammern sowie Landeskrankenhausgesellschaft (LKG) eines Bundeslandes bzw. KV-Bezirks.
Mit dem Förderprogramm soll der hausärztliche Nachwuchs gestärkt werden, um die Versorgung auch langfristig gewährleisten zu können. Bundesweit können aktuell mindestens 7.500 allgemeinmedizinische Weiterbildungsstellen in vertragsärztlichen Einrichtungen und Krankenhäusern gefördert werden.
Die Weiterbildung Allgemeinmedizin schreibt neben stationären Weiterbildungsinhalten zwingend Weiterbildungszeiten von 24 Monaten in der ambulanten hausärztlichen Versorgung vor.
Mit dem Standard-Anstellungsvertrag will der Marburger Bund Ärztinnen und Ärzte unterstützen, die eine Weiterbildung zum Facharzt in entsprechend qualifizierten Einzelpraxen, Berufsausübungsgemeinschaften und Medizinischen Versorgungszentren anstreben. Das Vertragsmuster bietet auch den ambulanten Arbeitgebern die Gewähr, Regelungen zu treffen, die den geltenden Vorschriften entsprechen. Inhalt des Standardvertrages sind die allgemeinen Arbeits- und Vergütungsbedingungen für die Anstellung eines sich weiterbildenden Arztes im ambulanten Bereich. Die Regelungen zur Vergütung entsprechen den neuen gesetzlichen Vorgaben in § 75a SGB V und stellen die erforderliche dynamische Bindung an die im Krankenhaus übliche Vergütung sicher.
[Exklusiv für Mitglieder, beim zuständigen Landesverband bestellbar]
Der Marburger Bund fordert eine gesetzliche Förderung und rechtliche Absicherung von Weiterbildungsverbünden, um die Facharztqualifikation in dem erforderlichen Umfang weiterhin zu gewährleisten. Um eine sektorenverbindende ärztliche Weiterbildung zu ermöglichen, bedarf es einer speziellen Regelung zur Arbeitnehmerüberlassung während der Zeiten der ärztlichen Weiterbildung analog zum Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtG), welches ebenfalls eine Ausnahme von der üblichen Norm für den speziellen Bereich der ärztlichen Weiterbildung darstellt.
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