• Ärzte-Umfrage: Unerträgliche Belastungen

    Pressemitteilung
    MB-Monitor Niedersachsen 2022
    13.September 2022
    Hannover
    Die Corona-Pandemie hat die Arbeitsbedingungen der niedersächsischen Krankenhausärzt*innen weiter verschärft. Rund 40 Prozent schließen einen Berufswechsel nicht grundsätzlich aus. Das zeigt die am 13. September in Hannover vorgestellte Auswertung des Marburger-Bund-Monitors 2022 für Niedersachsen.
    Viele Ärzt*innen arbeiten bereits Teilzeit. Trotzdem liegen Wunsch und Wirklichkeit bei der Arbeitszeit noch weit voneinander entfernt.
    Viele Ärzt*innen arbeiten bereits Teilzeit. Trotzdem liegen Wunsch und Wirklichkeit bei der Arbeitszeit noch weit voneinander entfernt.

    Durch ihre Überstunden füllen niedersächsische Krankenhausärzt*innen über 2700 Vollzeit-Stellen mit aus. Rund ein Viertel bekommt diese Arbeitszeit nicht einmal vergütet. „Das sind jede Woche über 28 000 unbezahlte Überstunden, an denen die Arbeitgeber zulasten der Beschäftigten verdienen. Das Gesundheitssystem muss grundlegend reformiert werden, insbesondere in Hinblick auf Personalvorgaben, Finanzierung der Krankenhäuser und mehr Studienplätze“, fordert Hans Martin Wollenberg, Erster Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen.

    Die tatsächliche Arbeitszeit weicht angesichts des Überstundenbergs stark von der präferierten ab. Rund 50 Prozent arbeiten über 49 Stunden pro Woche. „Die Kolleg*innen machen ihre eigene Arbeitszeitreform und reduzieren den Stellenumfang, um die Belastung noch irgendwie ertragen zu können“, verdeutlicht Andreas Hammerschmidt, Zweiter Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen.

    Auch die vielgepriesene Digitalisierung bringt kaum Erleichterung. Veraltete Ausstattung und mangelnde Schulungsangebote machen Ärzt*innen das Leben noch schwerer, anstatt sie zu entlasten. „Zeit, die wir unseren Patient*innen widmen möchten, vergeuden wir mit administrativen Aufgaben und unnötigen Mehrfacheingaben. Wenn die Bürokratie im Mittel drei Stunden täglich frisst, fehlt den Kolleg*innen diese Zeit am Patientenbett“, kritisiert Hans Martin Wollenberg. „Das Gesundheitssystem soll Menschen gesund machen. Stattdessen macht es die Beschäftigten krank und bringt die Patient*innen in Gefahr.“

    Rund 70 Prozent der Befragten bemängeln die Arbeitsbedingungen. Fast ein Drittel gibt an, vom Arbeitgeber keine Möglichkeit zur Zeiterfassung zu erhalten. Verschärft wird die Situation durch einen Stellenabbau im ärztlichen Bereich, den seit Beginn der Corona-Pandemie rund 40 Prozent der Befragten erleben. „Es ist den Beschäftigten des Gesundheitswesens zu verdanken, dass wir bisher verhältnismäßig gut durch die Pandemie gekommen sind“, betont Andreas Hammerschmidt. „Der Preis dafür ist hoch: die eigene Gesundheit und ein belastender Berufsalltag, der sich mit den eigenen moralischen Vorstellungen von guter Patientenversorgung häufig kaum noch vereinbaren lässt.“

    In der größten Ärzteumfrage des Landes befragte das Institut für Qualitätsmessung und Evaluation (IQME) im Auftrag des Marburger Bundes 1300 angestellte Ärzt*innen aus allen Bereichen des Gesundheitswesens, 85 Prozent davon sind in Krankenhäusern tätig.

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