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    Elektronische Patientenakte
    27.Juli 2018
    Die ärztliche Selbstverwaltung sehen wir zu Recht als ein hohes Gut an, dass es zu verteidigen gilt, wenn daran gerüttelt wird. Zu Recht vertreten wir als Ärzteschaft die Meinung, dass unser Beruf am besten von uns und nicht von anderen organisiert werden kann. Diese Möglichkeit ist aber auch Verantwortung und Verpflichtung zugleich, die wir stets wahrzunehmen haben.

    Über Jahre wurde auch die Ärzteschaft aufgerufen, an der Realisierung einer elektronischen Patientenakte mitzuarbeiten. Heute, im Jahr 2018, müssen wir feststellen, dass wir weiterhin unseren Patienten den Rat geben, ihren Medikationsplan am besten ausgedruckt im Portmonee mitzuführen. Ein Ratschlag, der im Zeitalter der Digitalisierung und in Anbetracht der aktuellen technischen Möglichkeiten, kein gutes Licht auf unseren Berufsalltag wirft. Wir müssen selbstkritisch feststellen, dass wir es bis heute nicht ausreichend geschafft haben, digitale Möglichkeiten für unsere medizinische Versorgung zu nutzen. Die Realisierung der elektronischen Patientenakte ist gescheitert, auch durch uns. Jetzt dürfen wir uns nicht wundern, dass nun andere übernehmen, um digitale Veränderungen in unseren Beruf zu bringen.

    Jens Spahn verliert keine Zeit. Nach Bekanntmachung des Bundesgesundheitsministeriums sollen  nun die Krankenkassen vorangehen und ihre elektronischen Gesundheitsakten den Versicherten rechtssicher zur Verfügung stellen können. Was wie nur eine kleine Wortänderung wirkt, ist ein kompletter Kurswechsel. War die elektronische Patientenakte nach §291a SGB V mit detaillierten Regelungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit hinterlegt, ist die nun präferierte elektronische Gesundheitsakte nach § 68 SGB V bisher ohne solche Vorschriften und Verankerung  in einem sicheren Kommunikationsnetz ausgestattet. So ist es wenig verwunderlich, dass insbesondere die Vertreter der Krankenkassen diesen neuen Weg uneingeschränkt befürworten. Schließlich arbeiten sie schon seit längerem mit großen kommerziellen Anbietern an eigenständigen Lösungen. Die Ärzteschaft ist bei der Gestaltung der nun vom Bundesgesundheitsminister auserkorenen „Patientenakte fürs Handy und Tablet“ (Jens Spahn) kaum bis gar nicht mehr gefragt.

    Müssen wir uns darüber wundern? Ich denke nein. Die Möglichkeit der Gestaltung hatten wir in den vergangenen Jahren zuhauf. Allein wir haben sie nicht genutzt. Unserer Verantwortung, die wir durch die ärztliche Selbstverwaltung haben, sind wir nicht gerecht geworden. Nun preschen andere vor, um die Richtung der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu bestimmen. War es das jetzt für uns? Auch hier ein klares Nein. In den nächsten Monaten will das Bundesgesundheitsministerium rechtliche Regelungen für die neue elektronische Gesundheitsakte formulieren. Besser spät als nie, muss nun unser Motto sein. Hier müssen wir mitarbeiten und mitgestalten. Die elektronische Patientenakte haben wir verschlafen. Jetzt heißt es aufwachen!

    #ePAverschlafen