• KI in der Medizin: Neue Möglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte

    MB-Podiumsdiskussion
    29.November 2023
    Hamburg
    Wie verändert KI den Arztberuf? Über diese Frage diskutierten Expertinnen und Experten auf dem Podium im Rahmen der Jubiläumsfeier "75 Jahre Marburger Bund Hamburg".

    „Ich glaube es wird keinen Bereich in der Medizin geben, in der die Künstliche Intelligenz nicht eine Rolle spielen wird“, sagte Dr. Pedram Emami, 1. Vorsitzender des MB Hamburg und Präsident der Ärztekammer Hamburg, zu Beginn der Diskussion. Entscheidend sei, wie Fragen zur Umsetzung, Finanzierbarkeit und Teilhabe beantwortet würden.

    Prof. Dr. Andrea Schenk, stellvertretende Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medizin MEVIS, forscht auf dem Gebiet der Radiologie und entwickelt Algorithmen für medizinische Assistenzsysteme, die Diagnose- und Therapieentscheidungen übernehmen könnten. Sie erklärte: "Mustererkennung ist ein klassisches Beispiel, bei dem Menschen einfach schlechter sind als Computer." Die KI könne z.B. sehr schnell Hinweise zur Erkennung von Tumoren in Organen liefern. Aktuell werden in Kliniken bereits austrainierte Systeme eingesetzt, im Gegensatz zu selbstlernenden Systemen.

    Bessere Patientenversorgung als Ziel

    "Wir wollen so ein Art Wettervorhersage-System für die ganzen heterogenen Daten bauen, die wir auf der Intensivstation erfassen", berichtete Dr. Nils Schweingruber, Intensivmediziner und Clinical Advisor für das klinische Arbeitsplatzsystem nextKAS am UKE. Die normalerweise unübersichtlich gespeicherten Daten würden automatisiert ausgewertet, um individuelle Prognosen zu erstellen. Dadurch könne präventiver gehandelt werden. Das Ziel sei eine verbesserte Patientenversorgung und eine effizientere Ressourcensteuerung auf der Intensivstation.

    Auch bei alltäglichen Aufgaben wie der Dokumentation könne beispielsweise die Nutzung eines großen KI-Sprachmodells zu einer Zeitersparnis von rund 60 Prozent führen, so Schweingruber. Dadurch hätten Ärztinnen und Ärzte mehr Zeit für den Menschen oder für die Forschung.

    "Die KI und ihre Möglichkeiten sind jetzt schon da", betonte Dr. Alexandra Widmer, Ärztin, Beraterin und Podcast-Host von docsdigital. Allerdings würden bereits existierende KI-Modelle mit enormem Potenzial im klinischen Alltag kaum genutzt. Sie plädierte dafür, schrittweise KI in den medizinischen Alltag zu integrieren und kennenzulernen. Widmer zeigte sich davon überzeugt, dass es in Zukunft als Kunstfehler angesehen werde, wenn Ärztinnen und Ärzte technische Lösungen in Diagnostik und Therapie nicht nutzen würden. Gleichzeitig plädierte sie dafür, Informationen zur Verwendung von KI gegenüber Patientinnen und Patienten transparent offenzulegen.

    Chance für die junge Ärztegeneration

    Die Podiumsteilnehmenden waren sich einig, dass in Deutschland Bürokratie, strenge Datenschutzvorschriften und inkompatible Datensysteme von Kliniken und Praxen große Herausforderungen für die Weiterentwicklung von KI-gestützten Medizinlösungen darstellen. Leider sei die Struktur des Gesundheitssystems weit davon entfernt, ganzheitliches digitales Denken zu ermöglichen, so Emami. Trotzdem könne die Digitalisierung angesichts des Fachkräftemangels neue Möglichkeiten eröffnen. "Im Kontext der Entwicklung anderer medizinischer Berufe haben wir die Chance, auch unsere Aufgaben als Ärztinnen und Ärzte neu zu definieren", sagte Emami. "Mit der Technologie schaffen wir uns mehr Möglichkeiten für eine bessere Versorgung – wenn wir es wollen."

    Die ganze Podiumsdiskussion auf YouTube:

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