• Der Marburger Bund: Herausgefordert – aber gut aufgestellt!

    25.September 2017
    Unsere globalisierte Welt ändert sich immer rascher. Das betrifft in starkem Maße auch die ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus. Die Kolleginnen und Kollegen werden nicht nur durch ein gesteigertes Anspruchsdenken der Patientinnen und Patienten – insbesondere in den Notaufnahmen – immer mehr gefordert. Auch Herausforderungen, die sich beispielsweise durch die Digitalisierung oder durch den demographischen Wandel ergeben, machen vor den Krankenhäusern nicht Halt. Gleichzeitig werden angestellte Ärztinnen und Ärzte mit politischen Rahmenbedingungen konfrontiert, die unsere Arbeit oftmals nicht leichter machen. Als größter europäischer Ärzteverband vertritt der Marburger Bund in vielfältiger Weise auf verschiedenen Ebenen die Interessen seiner Mitglieder.

    Die eigenständige Übernahme der Tarifverhandlungen für Ärztinnen und Ärzte im Jahr 2005 hat eine Wandlung der Wahrnehmung des Marburger Bundes in der Gesamtgesellschaft mit sich gebracht. Getrieben von Arbeitgebern und einigen DGB-Gewerkschaften sollte den Berufsgewerkschaften mit dem im Juli 2015 in Kraft getretenen Tarifeinheitsgesetz die Wirkungsgrundlage entzogen werden. Einerseits hat das Bundesverfassungs­gericht mit seiner Entscheidung vom Juli 2017 das Gesetz zwar bestätigt, andererseits aber auch festgestellt, dass die Interessen von Spezialisten, wie Ärztinnen und Ärzten, zwingend gewahrt werden müssen.

    Keine übereilte Ausdehnung

    Alle Kolleginnen und Kollegen weiterhin eigenständig tariflich vertreten zu können, ist aktuell die größte Herausforderung des Verbandes. Eine übereilte Ausdehnung der Mitgliederbasis auf alle im Krankenhaus Beschäftigte halte ich für falsch. Es besteht derzeit keine Notwendigkeit für einen solchen Schritt. Neben der Tatsache, dass eine Ausdehnung einen Marburger Bund zur Folge hätte, in dem Ärztinnen und Ärzte nur noch in der Minderheit wären, wird außer Acht gelassen, dass uns derzeit keine andere Gewerkschaft verdrängen will. Dies gilt es rechtlich abzusichern. Daneben müssen wir vom neu gewählten Bundestag einen geeigneten rechtlichen Rahmen fordern, der gewährleistet, dass wir unsere Interessen weiterhin in bewährter Eigenständigkeit vertreten können – im Idealfall durch die Abschaffung des Tarifeinheitsgesetzes.
    Auch Veränderungen im ambulanten Sektor der Krankenversorgung, wie die Gründung von Großpraxen und medizinischer Versorgungszentren, wirken sich in erheblichem Maße auf die Arbeit unseres Verbandes aus. Früher galt: im Krankenhaus angestellt, in der Praxis selbstständig tätig. Vor allem die jüngere Ärztegeneration zieht hier eine Anstellung der Selbstständigkeit vor. Der Marburger Bund wird diesen Kolleginnen und Kollegen auch künftig ein kompetenter Ansprechpartner, Ratgeber und verlässlicher Interessenvertreter sein. Der von mir auf Bundesebene geleitete Arbeitskreis beschäftigt sich intensiv mit den Veränderungen im ambulanten Sektor und garantiert, dass der Marburger Bund auch die Interessen der ambulant angestellten Ärztinnen und Ärzte vertritt.

    Erfolgreiche Arbeit

    Unsere Mitglieder in den Personal- und Betriebsräten sowie den Mitarbeitervertretungen kümmern sich bereits seit vielen Jahren sehr erfolgreich und berufsgruppenübergreifend um die dortigen Arbeitsbedingungen. Dieses Engagement des Einzelnen dient letztlich dem Krankenhaus als Ganzes. Dafür stehen wir als Marburger Bund auch in Zukunft.
    In den Ärztekammern und Versorgungswerken müssen wir am Puls der Zeit bleiben. Hier stellt der Marburger Bund zwar die größte Fraktion dar. Dass die angestellten Ärztinnen und Ärzte in der Ärzteschaft zahlenmäßig inzwischen die Mehrheit stellen, bildet sich dort jedoch bisher nicht ab. Gerade für die jüngere Ärztegeneration müssen wir die Vorteile einer ärztlichen Selbstverwaltung deshalb noch deutlicher sichtbar machen. Die Rahmenbedingungen der Facharztweiterbildung können nur dann realitätsnah gestaltet werden, wenn wir uns selbst hierum kümmern und uns einbringen. Nichts anderes gilt natürlich für die Vertretung der Interessen der Fach-, Ober- und Chefärzte.
    Gelebte Realität des Marburger Bundes ist es seit jeher, die unterschiedlichen Konfliktfelder der ärztlichen Berufsausübung in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Hierbei gilt es auch in Zukunft die verschiedenen Meinungen zu diskutieren, um sich anschließend als Marburger Bund gemeinsam zu positionieren. Diesen Meinungsbildungsprozess immer im gegenseitigen Respekt zu führen, zeichnet unseren Verband aus.

    Unser Verband ist selbst auch Arbeitgeber. Ich bin stolz auf das gute, kollegiale und kreative Klima in der baden-württembergischen Geschäftsstelle, das erhalten und gepflegt werden sollte.
    Unsere Aufgaben sind viel­fältig, umfangreich und he­rausfordernd. Sie werden nicht leicht zu meistern sein. Der Marburger Bund wird von Ärztinnen und Ärzten mit Herzblut getragen, die deshalb glaubwürdig und auch beruflich erfolgreich sind, weil sie sich genauso für ihre Patientinnen und Patienten engagieren.
    Es lohnt sich, für ärztliche Interessen zu kämpfen – mit starker Hand und besonnenem Geist.

    Dr. Frank J. Reuther ist Vorsitzender im MB-Landesverband Baden-Württemberg und Mitglied im MB-Bundesverband.