• Die Ärztekammer als Ideen- und Taktgeber

    Kammerwahl 2022
    05.September 2022
    Hamburg
    Dr. Pedram Emami ist Spitzenkandidat der Liste 7 – Marburger Bund und amtierender Präsident der Ärztekammer Hamburg. Im Interview spricht er darüber, welche wichtigen Veränderungen in der vergangenen Legislaturperiode bereits angestoßen wurden – und was für ihn eine zukunftsfähige Ärztekammer ausmacht.
    Dr. Pedram Emami, 1. Vorsitzender des MB Hamburg
    Dr. Pedram Emami, 1. Vorsitzender des MB Hamburg

    Herr Dr. Emami, welche Themen oder Ereignisse haben die letzte Legislaturperiode in der Ärztekammer besonders geprägt?

    Das vorherrschende Thema der letzten 2 bis 3 Jahre, mit dem wir uns als Kammer sehr intensiv befassen mussten, war sicherlich die Covid-19-Pandemie. Sie hat u.a. deutlich gemacht, wie wichtig flexibles Handeln ist – das gilt auch generell für den ärztlichen Alltag.

    Wir dachten, dass die Pandemie gezeigt hat, wie wichtig und zentral die gesundheitlichen Belange der Bevölkerung sind und damit auch die Arbeit der Ärzteschaft, die wir vertreten. Zwischenzeitlich sah es so aus, als wäre sie ein Antrieb gewesen, um gewisse Dinge im politischen Betrieb effizienter anzupacken. Doch leider ebbt dieser Pandemie-Effekt ab. Deshalb müssen wir mit der Erfahrung der Pandemie im Rücken, aber jetzt nochmals kräftiger die Frage „Wohin geht die Reise mit dem Gesundheitswesen?“ angehen.  

    Der Slogan der aktuellen MB-Kammerwahlkampagne lautet „Gemeinsam weiter Kurs auf Veränderung“. Welche Veränderungen konnte der MB denn anstoßen?

    Damit die Ärztekammer ihre externen Aufgaben optimal erfüllen kann, ist es wichtig, dass sie intern gut funktioniert. Wir haben u.a. für eine Straffung und mehr Transparenz der Arbeitsabläufe sowie eine stärkere Serviceorientierung im Sinne der Mitgliedschaft gesorgt und die interne Digitalisierung vorangetrieben. So bietet die Kammer inzwischen beispielsweise zahlreiche Dienstleistungen online an, das elektronische Logbuch wurde eingeführt und auch der Prozess für den geplanten Website-Relaunch ist in vollem Gange. Gleichzeitig konnten wir trotz dieser wichtigen internen Veränderungen die Kammerbeiträge senken. Wir haben zu dem das Thema Suizidhilfe breit diskutiert und ein Positionspapier entwickelt, das der Deutsche Ärztetag mit überwältigender Mehrheit angenommen hat. Zuletzt haben wir den Einfluss von „Fremdinvestoren“ in der ambulanten Versorgung und dessen Auswirkungen thematisiert und die Politik darauf aufmerksam gemacht. Die Notwendigkeit für Veränderungen hat die Politik in Hamburg nun erfasst und plant erste gesetzliche Initiativen.

    Übrigens: Dass die Kammerwahl noch nicht digital möglich ist, liegt am geltenden Heilberufe-Kammergesetz. Wir haben bereits vor vielen Jahren den Punkt der digitalen Wahlmöglichkeit eingebracht und warten nun auf den Beschluss und das Inkrafttreten des neuen Gesetzes.  

    Und was gibt es aus Ihrer Sicht noch zu tun?

    Eine wichtige Frage ist zum Beispiel: Wie entwickelt sich die Weiterbildung weiter? Wir haben bereits die neue WBO beschlossen und implementiert. Jetzt geht es darum, durch eine regelmäßige Evaluation eine kontinuierliche Verbesserung zu gewährleisten. Außerdem möchten wir in Zukunft eine Art Strukturvorgabe für die Abschlussprüfungen machen. Dabei geht es nicht um inhaltliche Vorgaben, sondern um klare Abläufe, damit sich die Prüfenden und die geprüften Personen gut vorbereiten können. Und wir möchten mit Train-the-Trainer-Programmen dazu beitragen, dass die Weiterbildungsbefugten ihre pädagogischen Kompetenzen weiterentwickeln können. Ziel ist eine transparente, strukturierte und sektorenübergreifende Weiterbildung.

    Die Arbeit der Kammer soll insgesamt noch digitaler und dadurch auch nachhaltiger und effizienter werden. Schon heute arbeitet der Vorstand weitestgehend papierfrei. Das soll auch in anderen Gremien selbstverständlich werden.

    Des Weiteren werden wir in Kürze in der Ärztekammer eine Anlaufstelle für Benachteiligung im Gesundheitswesen etablieren, um für Betroffene da zu sein. Dafür haben wir bereits erste Strukturen geschaffen, Kontakte geknüpft und den Rechtsrahmen geprüft.

    Wo sehen Sie die Ärztekammer Hamburg in vier Jahren?

    Neben der bereits erwähnten Weiterentwicklung der Prozesse im Sinne einer Serviceorientierung für die Ärzteschaft ist mir persönlich die politische Arbeit nach außen sehr wichtig. Die Ärztekammer Hamburg soll bundesweit als ideen- und taktgebende Kammer wahrgenommen werden, die auch konkrete Vorschläge unterbreitet, wie das Gesundheitswesen der Zukunft aussehen könnte.

    Es geht um folgenden öffentlichen Diskurs: Als Gesellschaft müssen wir uns fragen, was wir vom Gesundheitswesen in Zukunft erwarten und ob es ein soziales System bleiben soll. Wenn wir diese Frage für uns beantwortet haben und zu dem Schluss kommen, dass die Gesundheit der Menschen eines der höchsten Güter in einem fortschrittlichen Staat ist, dann muss die Branche auch die entsprechende finanzielle Unterstützung bekommen – und die Ärzteschaft mehr Wertschätzung. Dafür setze ich mich ein.