• Mitgliederbefragung des Marburger Bundes „MB-Monitor 2019“ Landesspezifische Ergebnisse für Baden-Württemberg

    Aktueller Stand Kampagne und Online-Petition „Patientensicherheit verbessern - Ärztliche Arbeitszeit konsequent kontrollieren“ - bisher über 10 200 Unterschriften
    23.Januar 2020
    „Permanente Arbeitsüberlastung, hoher Zeitdruck, regelmäßige Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz - Umfrageergebnisse liefern Rückenwind für Kampagne „Patientensicherheit verbessern - Ärztliche Arbeitszeit konsequent kontrollieren“

    In Kooperation mit dem Umfrageinstitut IQME führte der Marburger Bund bundesweit eine repräsentative Befragung seiner Mitglieder durch. Aus Baden-Württemberg nahmen knapp 1000 Krankenhausärztinnen und -ärzte teil. Die Befragungsergebnisse liefern ein belastbares Abbild der beruflichen Situation der Krankenhausärzteschaft in Baden-Württemberg. Die Ärztinnen und Ärzte wurden zu den Themen „Arbeitszeit und Belastung“, „Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes“, „Bürokratisierung“ und neu zur „eigenen gesundheitlichen Belastung“ befragt. Zusammengefasst arbeiten Ärztinnen und Ärzte zu viel, kämpfen mit überbordenden Verwaltungstätigkeiten und gefährden ihre eigene Gesundheit. Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz und gegen tarifvertragliche Regelungen sind an der Tagesordnung.

    Ärztinnen und Ärzte stehen unter einer extrem hohen Belastung. Knapp die Hälfte der Krankenhausärzteschaft (43%) arbeitet zwischen 49 und 59 Stunden pro Woche. Jeder fünfte Arzt bzw. jede fünfte Ärztin arbeitet 60 Stunden oder mehr pro Woche (20% der Befragten). 22% der Ärztinnen und Ärzte arbeiten 40 bis 48 Stunden pro Woche und nur 15% unter 39 Stunden pro Woche. „Dass 20% der Krankenhausärztinnen und -ärzte in Baden-Württemberg mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten, ist weder mit dem Arbeitszeitgesetz noch mit unseren Tarifverträgen zu vereinbaren“, so MB-Landeschef Dr. Frank J. Reuther.

    Mehr als ein Viertel der Ärztinnen und Ärzte (28%) haben sich für eine Reduzierung ihrer regelmäßigen Wochenarbeitszeit entschieden. Die Teilzeit-Quote ist in den vergangenen Jahren permanent angestiegen. „Viele Ärztinnen und Ärzte, besonders die älteren Kolleginnen und Kollegen, halten den Druck nicht mehr aus und flüchten in die Teilzeit, um so in vielen Fällen auf ein wöchentliches Arbeitsvolumen zwischen 45 und 55 Stunden zu kommen. Dies ist ein nicht akzeptabler Zustand, der dringend geändert werden muss“, so Sylvia Ottmüller, 2. Landesvorsitzende des Marburger Bundes Baden-Württemberg.

    Viel Zeit für die Patientenversorgung geht durch administrative Tätigkeiten verloren. Der tägliche Zeitaufwand für Verwaltungstätigkeiten und Organisation (z.B. Datenerfassung und Dokumentation, OP-Voranmeldung), die über rein ärztliche Tätigkeiten hinausgehen, ist weiter angestiegen.  45 % der Befragten geben an, dass sie 1-2 Stunden mit nicht-ärztlichen Verwaltungstätigkeiten pro Tag verbringen. 43% der Befragten geben an, dass Sie hiermit 3-4 Stunden pro Tag verbringen. Und sogar 13% verbringen 5 Stunden oder mehr mit nicht-ärztlichen Verwaltungstätigkeiten pro Tag. „Der überbordenden Bürokratie könnte zum Beispiel mit der Einstellung von Stationssekretariatskräften Einhalt geboten werden. Hier sehen wir die Klinikbetreiber am Zug“, so Dr. Frank J. Reuther.

    Erstmals wurden die Ärztinnen und Ärzte auch zu ihrer eigenen Gesundheit befragt. Etwa drei Viertel (76%) haben das Gefühl, dass die Gestaltung der Arbeitszeiten sie in ihrer Gesundheit beeinträchtigt (z.B. in Form von Schlafstörungen und häufiger Müdigkeit); 24% verneinen dies. Das große Arbeitspensum nimmt 77% der Befragten so stark in Anspruch, dass dadurch ihr Privat- und Familienleben leidet, bei 23% ist das nicht der Fall. „Niemand will von einer übermüdeten Ärztin oder einem übermüdeten Arzt behandelt oder operiert werden. Es ist daher unabdingbar, dass die Arbeitsbedingungen im ärztlichen Dienst in den baden-württembergischen Kliniken verbessert werden“, so die 2. Landesvorsitzende Ottmüller.

    „Die Umfrageergebnisse bestärken uns darin, unsere Kampagne und die gleichnamige Online-Petition „Patientensicherheit verbessern - Ärztliche Arbeitszeit konsequent kontrollieren“ fortzuführen und anlasslose Überprüfungen der gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen einzufordern um die Ärztinnen und Ärzte zu entlasten und die Patientinnen und Patienten zu schützen. Wir fordern alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich an unserer Online-Petition zu beteiligen“, so Dr. Frank J. Reuther.

    An der im vergangenen Herbst gestarteten symbolischen Online-Petition haben sich bisher über 10 200 Bürgerinnen und Bürger beteiligt. Bis Mitte März 2020 werden noch weitere Unterschriften gesammelt. Die Unterschriften sollen dann an Ministerpräsident Kretschmann übergeben werden. Weitere Informationen zur Kampagne und Petition:

    https://www.marburger-bund.de/baden-wuerttemberg/gemeinsam-aktiv-werden/patientensicherheit-arbeitszeitkontrolle

    Informationen zur Mitgliederbefragung:

    Der Marburger Bund führte vom 17.09.2019 bis 15.10.2019 eine Online-Befragung unter seinen Mitgliedern durch. Teilgenommen haben bundesweit 6474 Ärztinnen und Ärzte, davon knapp 1000 aus Baden-Württemberg.

    Für weitere Rückfragen steht zur Verfügung:

    Michael Beck (Pressesprecher)

    michael.beck@marburger-bund-bw.de

    07021-92390; 0177-8162699

    Der Marburger Bund, Landesverband Baden-Württemberg ist mit seinen über 16.000 Mitgliedern die gewerkschaftliche-, gesundheitspolitische- und berufspolitische Interessenvertretung der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte in Baden-Württemberg.