Hierbei gilt: Belästigungen und Gewalt sind unannehmbare Verhaltensweisen, die es zu unterbinden gilt. Denn sie können für die betroffenen Mitarbeitenden belastende Arbeitsbedingungen bewirken. Daraus folgt die Pflicht des Arbeitgebers, die Arbeitnehmerinnen und -nehmer vor Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz zu schützen.
Die §§ 3, 4 und 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) legen hierzu umfassende Pflichten für Arbeitgeber fest, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Gemäß § 3 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu schützen. Diese Pflicht umfasst:
- die Berücksichtigung aller Umstände, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten beeinflussen,
- die regelmäßige Überprüfung der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen,
- die Anpassung der Maßnahmen an sich ändernde Gegebenheiten,
- das Streben nach einer kontinuierlichen Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz.
§ 4 ArbSchG legt die allgemeinen Grundsätze fest, von denen der Arbeitgeber bei Arbeitsschutzmaßnahmen ausgehen muss:
- Vermeidung und Minimierung von Gefährdungen für Leben sowie physische und psychische Gesundheit
- Bekämpfung von Gefahren an ihrer Quelle
- Sachgerechte Verknüpfung von Technik, Arbeitsorganisation, Arbeitsbedingungen, sozialen Beziehungen und Umwelteinflüssen
- Berücksichtigung spezieller Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen
- Erteilung geeigneter Anweisungen an die Beschäftigten
§ 5 ArbSchG verpflichtet den Arbeitgeber zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung. Diese umfasst:
- die Ermittlung der mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen für die Beschäftigten,
- die Feststellung der erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen.
Der Betriebsrat hat bei Maßnahmen zur Verringerung von auftretenden Gefahren und Belastungen der Arbeitnehmerinnen und -nehmer ein zwingendes Mitbestimmungsrecht wegen des Gesundheitsschutzes (iSd § 87 Absatz 1 Nummer 7 BetrVG). Das Mitbestimmungsrecht knüpft an das Vorliegen von Gefährdungen an, die entweder feststehen oder im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung (§ 3 ArbStättV iVm § 5 ArbSchG) festzustellen sind. Das bedeutet: Gewaltvorfälle (physisch/nicht-physisch) sind erforderlichenfalls durch eine Gefährdungsbeurteilung im Sinne einer Arbeitsplatzevaluierung aufzugreifen. Es ist zu prüfen, ob Gewalt eine Gefahr (Belastung) darstellt. Ist Gewalt am Arbeitsplatz nicht auszuschließen und Arbeitnehmende sind (noch) nicht ausreichend geschützt, könnte der Betriebsrat entsprechende Gefahrenverhütungsmaßnahmen über sein Mitbestimmungsrecht einfordern.
Es gibt hierzu technische, organisatorische, personenbezogene und präventive Maßnahmen, die dazu beitragen, Gewalt am Arbeitsplatz zu verhindern und ein sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen, wie:
- Installation von Notfallknöpfen, besonders an Alleinarbeitsplätzen
- Verbesserung der Beleuchtung in allen Arbeitsbereichen
- Durchführung regelmäßiger Gefährdungsbeurteilungen
- Erstellung eines Notfallplans und einer Notrufkette
- zur Verfügung stellen von Sicherheitspersonal oder der Einrichtung von Zutrittskontrollen oder Videoüberwachung
- Implementierung eines effektiven und deeskalierenden Wartesystems, vor allem in Notaufnahmen
- Schulung der Mitarbeiter in Deeskalationstechniken und Konfliktmanagement
- Bereitstellung von psychologischer Unterstützung und Supervision
- regelmäßige Mitarbeiterbefragungen zur Erfassung von Problemen
- Entwicklung einer Unternehmenskultur, die Gewalt in jeglicher Form ablehnt
- Etablierung offener Kommunikationskanäle für Mitarbeiter
- Schulung von Führungskräften im Umgang mit Konfliktsituationen
- Förderung eines respektvollen Umgangs unter Kollegen
- regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Schutzmaßnahmen
Für ein effektives und präventives Vorgehen ist es erforderlich, dass Betriebe in Zusammenarbeit mit den Betriebsräten deutlich festlegen, dass Belästigung und Gewalt nicht toleriert und dass entsprechende Verfahren für den Fall des Auftretens von Problemen rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden.
Informationsseiten zur Gewalt am klinischen Arbeitsplatz, sowie eine Muster-Gefährdungsbeurteilung zur Gewaltprävention finden sich u.a. auf folgenden Seiten:
- Berufsgenossenschaft des Gesundheitsdienst und der Wohlfahrtspflege (BGW): Muster Gefährdungsbeurteilung „Gewalt und Aggression gegen Beschäftigte in Betreuungsberufen“ , sowie eine Zusammenstellung von Mindeststandards für die Gewaltprävention in der Notaufnahme auf der Webseite.
- Das Institut für Arbeit und Gesundheit der Dt. Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) entwickelt und bietet branchenspezifische Seminare und Workshops zur Prävention von Gewalt am Arbeitsplatz an. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite „Prävention von Gewalt“ von der DGUV, z.B. die Publikation Psychische Belastung – der Schritt der Risikobeurteilung.
- Leitfaden gegen Gewalt am Arbeitsplatz der Stadtverwaltung und des Klinikums Wolfsburg veröffentlicht auf der Internetseite.
- Neuer Leitfaden zu „Gewalt und Gewaltprävention im Krankenhaus“ auf der Seite der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW).