• Neuwahlen und Anträge zu Klimaschutz, Personalausstattung und Arbeitszeit auf der hessischen HV

    Hauptversammlung
    15.November 2021
    Auf der Hauptversammlung des Marburger Bundes Hessen in Gießen haben die Delegierten einen neuen Vorstand gewählt. Neuer Landesverbandsvorsitzender ist Dr. Christian Schwark, Facharzt für Neurologie und Oberarzt am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt. „Ich freue mich sehr über die neue Aufgabe und will mich für bessere Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte einsetzen und damit auch für das Wohl der uns anvertrauten Patienten.“

    Schwark ist seit 2006 Mitglied im MB Hessen und engagiert sich im Netzwerk Junge Ärztinnen und Ärzte und der Nachwuchsförderung. Zudem ist er in der Tarifpolitik und im Betriebsrat aktiv.

    Schwark folgt auf Dr. Susanne Johna, die nach acht Jahren Amtszeit nicht wieder für den Vorsitz in Hessen kandidiert hat. Die Internistin und Vorsitzende des Bundesverbandes ist zur 1. stellv. Vorsitzenden gewählt worden: „Ich freue mich, dass Dr. Christian Schwark die Spitze des Landesverbandes übernommen hat und auf die gemeinsame Arbeit im Vorstand.“

    Als 2. stellv. Vorsitzender ist wieder PD Dr. Andreas Scholz aus Gießen im Amt bestätigt worden.

    Zudem sind drei Beiratsmitglieder zur Unterstützung des geschäftsführenden Vorstands gewählt worden: Dr. Christian Piper, Frank Seibert-Alves und Fereschta Möhring.

    In den Finanzauschuss wurden Prof. Dr. Axel Hegele, Dr. Titus Freiherr Schenck zu Schweinsberg und Dr. Daniel Sommerlad gewählt.

    Johna gab einen Überblick über die Aktivitäten des Landesverbandes der letzten zwei Jahren, wie die Veranstaltungsreihe DocSkills, die digitale Semesterwoche für Studierende und über Aktionen wie das Gütesiegel „Gute Weiterbildung“, zu Tarifverhandlungen sowie die Mitgliederentwicklung. Und einen Ausblick, wie es nach der Bundestagswahl mit der Gesundheitspolitik weitergehen muss. Wichtige Themen sind dabei: die Notfallversorgung, die Krankenhausplanung, die Abschaffung der DRG, Ausbau des ÖGD, der Fachkräftemangel, die Digitalisierung und die Klimakrise.

    Scholz gab einen Überblick über die Tarifsituation im Landesverband, insbesondere auch zum Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte an den hessischen Universitätskliniken.

    Dr. Lars Bodammer berichtete über den Stand der Weiterbildung und Umsetzung der neuen Weiterbildungsordnung und das eLogbuch. Und stellte auch das neue MB-Barometer Ärztliche Weiterbildung vor.

    Zudem wurden eine Reihe Anträge gestellt und verabschiedet:

    Interoperabilität der EDV in der Krankenversorgung gelingt nur gemeinsam

    Der Marburger Bund Hessen appelliert an die Arbeitgeber der hessischen Krankenhäuser, bei der Ausweitung der Digitalisierung in hessischen Krankenhäusern die Interoperabilität als ent­scheidendes Kriterium bei dem Einsatz neuer digitaler Systeme vorauszusetzen. Grundlage für eine sinnvolle Digitalisierung sind einheitliche Dokumentationsstandards, durch die Doppel­eingaben vermieden werden. Bei den Investitionen muss die Nutzerfreundlichkeit ein entscheidendes Kriterium sein. Nur wenn Ärztinnen und Ärzte sowie die weiteren Mitarbeiter, die die Systeme nutzen, bereits bei der Planung einbezogen werden, wird die Umsetzung gelingen und tatsächlich Ressourcen freisetzen.

    Patientenorientierte Neukonzeption der Krankenhausplanung in Hessen

    Gesundheit ist kein marktwirtschaftliches Gut, sondern öffentlicher Auftrag im Rahmen der Daseinsvorsorge. Der ruinöse Verdrängungswettbewerb der Krankenhäuser führt nicht etwa zu einem effektiven und effizienten Einsatz der Mittel, sondern dazu, dass der tatsächliche Versorgungsbedarf der Patienten immer mehr aus dem Fokus gerät.

    Die Krankenhausplanung der Länder muss aktiv betrieben und auf das originäre Ziel einer bedarfsgerechten Versorgung ausgerichtet sein.

    Deswegen fordert der Marburger Bund Hessen das hessische Ministerium für Soziales und Integration auf, seinen Planungsaufgaben, die bereits 1972 im Krankenhausfinanzierungsgesetz festgelegt wurden, aktiv nachzukommen. Die hessischen Krankenhäuser müssen stärker auf Bedarfs­gerechtig­keit, Kooperation und Vernetzung ausgerichtet sein. Basis muss ein funktional gestuftes Netz von Krankenhäusern sein, die sowohl die Grundversorgung, als auch die spezialisierte Versorgung in bedarfsnotwendiger Dichte abbilden.

    Gerade im ländlichen Raum ist es wichtig, die vorhandenen Versorgungsmöglichkeiten durch Kooperation zwischen Krankenhausträgern und Vertragsärzten zu bündeln, z.B. in Form eines Campuskonzepts.

    Grundvoraussetzung für diesen Umbau der Strukturen ist ein neues, kombiniertes Vergütungs­system aus krankenhausindividuellen Personalausgaben, den Stufen entsprechenden Vorhaltekosten, sowie landeseinheitlich pauschalierte Sach- und Betriebskosten. Das Land Hessen muss seiner Finanzierungsverantwortung endlich nachkommen. Sinnvoll ist eine pauschalierte Investitionsförderung sowie die Einzelförderung auf Antrag.

    Ärztliche Arbeitszeit muss ehrlich erfasst werden – Vertragstreue nötig

    Der Marburger Bund Hessen fordert die hessischen Universitätskliniken und die kommunalen Kliniken zur Ehrlichkeit bei der Erfassung ärztlicher Arbeitszeit auf. Obwohl in den vergangenen Tarifrunden klare Regelungen zu einer lückenlosen und manipulationsfreien Arbeitszeiterfassung für Ärztinnen und Ärzte eingeführt wurden, werden diese von den Kliniken größtenteils ignoriert.

    Mehr als zwei Drittel der Ärztinnen und Ärzte an den hessischen Universitätskliniken und der kommunalen Kliniken geben in Umfragen an, dass sie nicht ihre gesamte Arbeitszeit in den Kliniken erfassen können, weil hierfür die tariflichen Vorgaben nicht  geschaffen seien. Andere werden aktiv davon abgehalten, ihre gesamte Arbeitszeit zu erfassen. Pausen können in großem Umfang nicht genommen werden, werden von den Kliniken aber als „genommen“ gewertet.

    Die Arbeitszeiten der Ärztinnen und Ärzte müssen endlich ehrlich erfasst und nicht künstlich geschönt werden.

    Personalausstattung ist eine wichtige Grundlage für gute medizinische Versorgung in hessischen Krankenhäusern

    Gute medizinische Versorgung an hessischen Krankenhäusern wird nur möglich sein durch zuverlässig verfügbares Personal im pflegerischen und ärztlichen Bereich.

    Deshalb unterstützt der Marburger Bund Hessen Initiativen, die sich für bessere Arbeitsbe­dingungen und Personalausstattungen des Pflegepersonals in hessischen Krankenhäusern einsetzen.

    Hessische Krankenhäuser: Nicht nur fordern, sondern liefern!

    Die Hessische Krankenhausgesellschaft (HKG) hat am 19. Oktober 2021 die sich neu bildende Bundesregierung zusammen mit den Bundesländern aufgefordert, aktiv Versorgungsplanung zu betreiben. In einem begleitend veröffentlichten Thesenpapier fordert die HKG für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein „attraktives Arbeitsumfeld mit familienfreundlichen, flexiblen und verlässlichen Arbeitszeiten“.

    Diese Forderung unterstützt der Marburger Bund Hessen ausdrücklich und fordert die Hessische Krankenhausgesellschaft dazu auf, ihre Mitglieder zur Umsetzung der eigenen Forderung anzuhalten.

    Mehr institutionelle Konzeptarbeit für den Klimaschutz in Krankhäusern.

    Der Marburger Bund Hessen fordert die Klinikbetreiber auf, Klimaschutzkonzepte zur Reduktion von Energieverbrauch, Material, Abfall und weiteren Ressourcen zu entwickeln.

    Hierzu ist es für jeden Krankenhausträger nötig, seine verbrauchsintensiven Prozesse zu analysieren und Verbesserungen umzusetzen. Ziel muss es sein, den CO2-Ausstoß der hessischen Krankenhäuser deutlich zu reduzieren.

    Zur Umsetzung bedarf es einer dauerhaften personellen Besetzung durch „Klimaschutzbe­auftragte“ in den Krankenhäusern.

    Landesregierung muss sich endlich den Problemen an den hessischen Unikliniken stellen

    Der Marburger Bund Hessen fordert die Landesregierung auf, sich endlich ernsthaft der Probleme in Krankenversorgung sowie bei Forschung und Lehre anzunehmen.

    Der jüngste „Brandbrief“ von Ärztinnen und Ärzten der Kinderklinik des Universitätsklinikums Marburg zeigt erneut exemplarisch die Problempunkte, die der Landesregierung auch durch mehrere Umfragen des Marburger Bundes bekannt sind:

    • Personalmangel, der auf Dauer zu Lasten der Qualität in der Patientenversorgung geht,
    • Arbeitsbelastungen, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen,
    • Forschung, die gezwungenermaßen in der Freizeit stattfinden muss,
    • Fehlende Zeit bei der Lehre von Medizinstudierenden,
    • Verzögerung bei der ärztlichen Weiterbildung.

    Die Landesregierung darf dies nicht länger ignorieren, sondern muss endlich dafür sorgen, dass Ärztinnen und Ärzte an den Unikliniken Krankenversorgung, Forschung und Lehre auf Spitzenniveau erbringen können, ohne dabei ihre eigene Gesundheit zu gefährden.

    Autor: (mn)