• Reform des Mutterschutzgesetzes: Neue Perspektiven für schwangere Ärztinnen?

    Mutteschutzgesetz
    03.Mai 2017
    Schwanger! Was erst einmal ein Grund zur Freude ist, wirft am Arbeitsplatz oft Fragen auf. Wann sage ich meinem Chef, dass ich Schwanger bin? Werde ich dann sofort ein Beschäftigungsverbot erhalten? Wie geht es mit meiner Weiterbildung weiter? Denn gerade vermeidbare Beschäftigungsverbote können bei Ärztinnen zu einer im Lebenslauf lange nachwirkenden Diskriminierung führen.

    Nicht nur kommt regelmäßig die Facharztausbildung ins Stocken, sondern Frauen geraten oftmals wegen pauschal  verhängter Beschäftigungsverbote durch die Kliniken beim beruflichen Aufstieg  und den Verdienstmöglichkeiten gegenüber ihren männlichen Kollegen ins Hintertreffen. 

    Berufliche Tätigkeit fortsetzen

    Eine Änderung des Mutterschutzgesetzes, die gerade den Bundestag durchlaufen hat, aber noch vom Bundesrat verabschiedet werden muss,  verlangt erstmalig von Arbeitgebern, vor einem  generellen Beschäftigungsverbot  alle Möglichkeiten zu nutzen, damit Schwangere ohne Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres ungeborenen Kindes ihre berufliche Tätigkeit fortsetzen können.

    Dementsprechend sollen Beschäftigungsverbote aus betrieblichen Gründen nur noch in Betracht kommen, wenn alle anderen Maßnahmen versagen.  Der Arbeitgeber soll daher verpflichtet warden, für jeden konkreten Arbeitsplatz

    • das Vorliegen "unverantwortbarer Gefährdungen" für die physische und psychische Gesundheit von Mutter und Kind einzuschätzen,
    • diesen durch Schutzmaßnahmen oder eine Umgestaltung für die Schwangere sicherer zur machen,
    • und bei Nichtgelingen die schwangere Ärztin an einem anderen geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz einzusetzen.

    Erst nach Verneinung aller zwingend vorzunehmenden Maßnahmen greift das betriebliche Beschäftigungsverbot.

    Weitere Neuerungen sieht das Gesetz bei Nacht-,  Sonn- und Feiertagsarbeit vor. Vor der Änderung durften Schwangere generell nicht zur Nachtarbeit ab 20 Uhr herangezogen werden. Wenn die Betroffene dies nun selbst möchte, soll nach Einholung einer ärztlichen Zustimmung  für die Arbeit zwischen 20 und 22 Uhr ein behördliches Genehmigungsverfahren durchgeführt werden.

    Die zuständige Behörde kann die Erweiterung versagen, wenn eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit möglich erscheint. Während die Behörde den vollständigen Antrag prüft, kann der Arbeitgeber die Frau grundsätzlich weiterbeschäftigen. Lehnt die Behörde den Antrag nicht innerhalb von sechs Wochen ab, gilt er als genehmigt.

    Auch die Sonn- und Feiertagsarbeit steht unter der Prämisse, dass die Schwangere zustimmt und  eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen ist. In beiden Fällen kann die Schwangere ihre Zustimmungserklärung jederzeit widerrufen.

    Rückkehrrecht auf Arbeitsplatz

    Darüber hinaus wurde im Gesetz ein Rückkehrrecht auf einen gleichen oder vergleichbaren Arbeitsplatz verankert.

    Die eingebrachte Gesetzesänderung wird den Mutterschutz in der betrieblichen Praxis der Krankenhäuser verändern. Es wird sich trotz gesetzlicher Intention der Einführung des Beschäftigungsverbots als „Ultima ratio“ zeigen müssen,  ob Beschäftigungshürden in der Schwangerschaft abgebaut, oder sogar mehr Druck auf die Schwangere im Sinne eines „Weiterarbeitenmüssens“ aufgebaut werden. Hierzu werden Frauen, Arbeitgeber und Vorgesetzte, Betriebsärzte, aber auch die Behörden weiter in einem Spannungsverhältnis stehen.

    Voraussichtlich treten die Neuregelungen zum Januar 2018 in Kraft.

    Der Marburger Bund veranstaltet am 28.06.2017 in Frankfurt ein Symposium zum Thema "Mutterschutz im Krankenhaus"

    Autorin: Alexandra Kretschmer, stellv. Geschäftsführerin des MB Hessen.