• Ärztinnen und Ärzte an hessischen Unikliniken dürfen nicht wieder vergessen werden

    Pressemitteilung
    Streit um Zukunftspapier am privatisierten Uniklinikum Gießen/Marburg
    25.August 2022
    „Mit großer Sorge betrachten wir die Auseinandersetzung über das so genannte Zukunftspapier zwischen dem Land Hessen und dem privaten Klinikbetreiber Rhön AG“, betonen die Vorstandsmitglieder des Marburger Bundes Hessen, Dr. Christian Schwark und Dr. Susanne Johna.

    Bei den Verhandlungen zwischen Land und Rhön AG geht es neben Investitionszusagen für das privatwirtschaftlich betriebene Universitätsklinikum Gießen und Marburg auch um den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und einen Ausgliederungsschutz für Beschäftigte. Das sind aus Sicht des Marburger Bundes Hessen wichtige Bausteine für die Zukunft der Kliniken und insbesondere die betroffenen Beschäftigten. Die Ärztinnen und Ärzte im Marburger Bund fordern unmissverständlich, tarifliche Verschlechterungen auch für die nichtärztlichen Beschäftigten zu unterlassen.

     

    Umso enttäuschter sind die Ärztinnen und Ärzte, dass ihre zentralen Probleme – wie bereits bei der Vereinbarung des Zukunftspapiers in 2017 - wieder unbeachtet gelassen werden und sie sich erneut vergessen fühlen. Dabei bilden gerade sie das Rückgrat bei der Patientenversorgung, der Ausbildung der Medizinstudierenden und bei der medizinischen Forschung. Welche elementare Funktion den Ärztinnen und Ärzte der Unikliniken in Krankenversorgung und medizinischer Forschung zukommt, zeigt sich gerade in der Corona-Pandemie. Verantwortliche der Rhön-AG und der Landespolitik  behaupten zwar, das Universitätsklinikum Gießen-Marburg solle das innovativste, moderne Uniklinikum und ein Leuchtturm für Patientenversorgung und Forschung werden. Das kann aber nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn ausreichend Ärztinnen und Ärzte am UKGM arbeiten. Patientinnen und Patienten brauchen ärztliche Versorgung durch ausgeruhtes Personal und Labore brauchen  Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mit wachem Geist forschen können.

     

    Denn seit Jahren klagen die Ärztinnen und Ärzte an den hessischen Universitätskliniken über tausende unbezahlte Überstunden, unbesetzte Stellen und Arbeitsbelastung. Tariflich vereinbarte Regelungen zu einer lückenlosen und ehrlichen Arbeitszeiterfassung werden ignoriert, so dass das tatsächliche Arbeitspensum im Dunkeln bleibt. Medizinische Forschung wird von den Unikliniken in vielen Fällen als „Privatvergnügen“ angesehen, von den Ärztinnen und Ärzten wird erwartet, dass sie unbezahlt in der Freizeit für den medizinischen Fortschritt forschen. So gaben in einer Umfrage des Marburger Bundes im Jahr 2020 70 Prozent der Befragten an, dass sie Forschung nach einem 24-Stunden-Dienst betreiben müssen. Regelmäßiger Zeitdruck, Schlafstörungen, keine Pausen, Übernahme von Schichten krank gewordener Kolleginnen und Kollegen wurden als den Arbeitsalltag prägend angegeben. All dies ist den Verantwortlichen seit Jahren bekannt, ohne dass sich signifikante Verbesserungen gezeigt haben.

     

    „Investitionen in medizinisches Personal sind Investitionen in die Zukunft“, so Schwark und Johna. Hier erwarten die Ärztinnen und Ärzte an den hessischen Universitätskliniken endlich konkrete Verbesserungen ihrer Situation, und zwar von allen Verantwortlichen sowohl seitens der Landesregierung als auch der Klinikleitungen.  Ansonsten droht sich der zuletzt vom Marburger Personalrat beklagte Trend, dass noch mehr qualifizierte Ärztinnen und Ärzte das Klinikum verlassen, zu verstärken.