• „Ein Armutszeugnis, dass es so weit gekommen ist“

    Pressemitteilung
    Marburger Bund Niedersachsen schlägt Alarm: Corona-Pandemie treibt Belastung in Niedersächsischen Gesundheitsämtern auf die Spitze
    03.April 2020
    Hannover
    In Zeiten der Krise schmerzen Schwachstellen erbarmungsloser denn je. Die Situation im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) ist mehr als schwierig, und dies bekannterweise nicht erst seit Corona. Und dennoch: Die ÖGD-Ärztinnen und -Ärzte leisten gerade tagtäglich eine herausragende Arbeit für uns alle. Andreas Hammerschmidt, 2. Landesvorsitzender des Marburger Bund Niedersachsen, fordert endlich eine angemessene Anerkennung:
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    „Die Kapazitätsgrenze ist erreicht. Die Kolleginnen und Kollegen in unseren Niedersächsischen Gesundheitsämtern sind am absoluten Limit. Gerade in dieser Situation mit den erweiterten Verantwortlichkeiten im Rahmen der Corona-Pandemie kommt der ÖGD an die äußerste Belastungsgrenze. Denn die normalen Zuständigkeiten laufen natürlich weiter. Hierzu zählen die Überwachung unseres Trinkwassers, die Vorsorge gegen Krankheiten wie Tuberkulose, das Entwickeln eines verbesserten Impfschutzes oder auch von Konzepten gegen die Ausbreitung multiresistenter Keime. Dass die Situation mit dieser Doppelbelastung nicht eskaliert, ist nur dem großartigen Engagement der Beteiligten zuzuschreiben. An dieser Stelle möchte ich allen ärztlichen Kolleginnen und Kollegen in den Gesundheitsämtern von Herzen danken. Dieser Einsatz darf jedoch nicht mit der eigenen Gesundheit bezahlt werden. Mehr Personal ist unverzichtbar!“, fordert Hammerschmidt.

    Den Gesundheitsämtern droht schon lange der Kollaps. Seit Jahren sind viele Einrichtungen unterbesetzt. Für freie Stellen findet sich kaum Nachwuchs, mittlerweile sind ein Drittel der Stellen unbesetzt. Ein Großteil der Ärztinnen und Ärzte geht in absehbarer Zeit in den Ruhestand. Einzelne Gesundheitsämter in Deutschland stehen bereits ohne ärztliches Personal da. Der allgemeine Ärztemangel ist im ÖGD besonders schmerzhaft spürbar. Die vergleichsweise schlechte Bezahlung macht den Arbeitgeber nicht attraktiver: Ein Arzt im Öffentlichen Gesundheitsdienst verdient 1000-1500 Euro weniger als in vergleichbaren Positionen in der Klinik. Zu wenig Personal, keine leistungsgerechte Vergütung, eine steigende Arbeitsbelastung für die verbliebenen Kolleginnen und Kollegen – und kaum noch Hoffnung auf Besserung. Die Gesundheitsämter bluten aus. Länder und Kommunen müssen endlich handeln!

    „Es ist ein absolutes Armutszeugnis für Arbeitgeber und Politik, dass es so weit gekommen ist. Und das Problem darf nicht länger ausgesessen werden,“ warnt Hammerschmidt und erläutert: „Solange das herrschende Tarifgefälle nicht beseitigt wird, wird sich die Lage weiter zuspitzen und der Öffentliche Gesundheitsdienst wird seinen Aufgaben zunehmend nicht mehr nachkommen können – mit weitreichenden Folgen für unsere Gesellschaft.

    Wir fordern die Niedersächsischen Vertreter der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände dazu auf, endlich das Engagement des ÖGD zu honorieren, die längst überfällige Wertschätzung zu zollen und mit ihren VKA-Kollegen an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Ende letzten Jahres unter fadenscheinigen Begründungen unterbrochenen Tarifverhandlungen müssen umgehend wieder aufgenommen und schleunigst zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden. Es muss ein für alle Mal Schluss sein mit der Behandlung à la „Ärzte zweiter Klasse“, diese Missachtung der täglichen Leistung der Ärztinnen und Ärzte im ÖGD ist absolut inaktzeptabel. Für uns besteht kein Zweifel, dass auch im ÖGD Ärztinnen und Ärzte als solche bezahlt werden müssen. Wir fordern: Für den ÖGD muss der gleiche Tarifvertrag gelten wie für die Ärzte in den Krankenhäusern, der TV-Ärzte/VKA!

    Dieser Tage zeigt sich deutlicher denn je: Der ÖGD ist für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Eine zukunftsfähige Perspektive ist das Mindeste, was wir zurückgeben können!“

    Das Foto von Andreas Hammerschmidt ist im Zusammenhang mit dieser Pressemeldung freigegeben.