• Anonymisierte Gehaltsliste ist für Betriebsrat wertlos

    Rechte des Betriebsrats
    14.März 2018
    Der Betriebsrat soll u. a. die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit sicherstellen. Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, muss er wissen, wer wie viel verdient. Zu diesem Zweck hat ihn der Gesetzgeber mit einem sogenannten Einsichtsrecht ausgestattet, das es ihm ermöglicht, in die Gehaltslisten Einblick zu nehmen. Mit einer anonymisierten Gehaltsliste ist ihm dabei nicht geholfen, meint das LAG Hamm.

    Arbeitgeber darf Gehaltslisten für Betriebsrat nicht anonymisieren

    Der Fall

    In einer Klinik händigte die Geschäftsleitung dem Betriebsrat bis 2015 regelmäßig die Bruttoentgeltlisten zur Einsicht aus. In den Folgejahren wurde die Forderung des Gremiums, Einblick in die Bruttoentgeltlisten zu nehmen, wiederholt abgelehnt. Das ließ sich das Gremium nicht gefallen und erhob Klage. Im Anschluss an den Gütetermin gewährte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat Einblick in eine anonymisierte Bruttoentgeltliste, die keine Namen, sondern lediglich andere Personalstammdaten sowie Vergütungsbestandteile und Zulagen enthielt. Mit dieser Liste konnte der Betriebsrat nichts anfangen und hielt dementsprechend an seiner Klage auf Einsichtnahme in die Bruttoentgeltlisten fest.

    Die Entscheidung

    Die Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts ergebe sich aus dem Sinn und Zweck des § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG (siehe „Das sagt das BetrVG“) eindeutig, dass die Funktion der Bruttoentgeltliste nicht erfüllt werden könne, wenn eine Zuordnung der dort enthaltenen Angaben zu einem konkreten Beschäftigten mangels Angabe von Namen und Vornamen nicht möglich sei. Erst im Zusammenhang mit dem vollständigen Namen seien dem Betriebsrat die erforderlichen konkreten Feststellungen möglich. Daher müssten die zur Einsichtnahme vorzulegenden Bruttoentgeltlisten sowohl den Namen als auch den Vornamen der Beschäftigten enthalten (LAG Hamm, Beschluss vom 19.09.2017, Az.: 7 TaBV 43/17 (nicht rechtskräftig)).

    Fazit

    Der Arbeitgeber darf dem Betriebsrat die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter nicht anonymisiert zur Einsichtnahme im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bereitstellen. Um überprüfen zu können, ob der Arbeitgeber Beschäftigte im Betrieb finanziell benachteiligt, muss das Gremium die Namen und Vornamen der jeweils betroffenen Beschäftigten kennen. Nur so ist es dem Betriebsrat möglich, für innerbetriebliche Lohngerechtigkeit einzutreten. Das letzte Wort ist hier allerdings noch nicht gesprochen. Unter dem Aktenzeichen 1 ABR 53/17 wurde Revision beim BAG eingelegt.

    Das sagt das BetrVG

    § 80 Allgemeine Aufgaben

    2) …. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen ….

    Hinweis

    Das Einsichtsrecht des Betriebsrats bezieht sich auf die Bruttolöhne und -gehälter sowohl von Arbeitnehmern als auch von freien Mitarbeitern. Inhaltlich ist das Einsichtsrecht weitreichend. Der Arbeitgeber muss sämtliche Brutto-Bezüge angeben, aufgeschlüsselt in die einzelnen Bestandteile (Grundlohn, Zuschläge, Gratifikationen, Boni usw.). Die Nettolöhne muss er nicht angeben.

     

    Musterschreiben: Mitteilung über Absicht der Einsichtnahme in die Liste der Bruttolöhne und -gehälter

                                                                                                                                      Ort, Datum

    Der Betriebsrat des/der _____ (Bezeichnung des Krankenhauses/der Klinik)

    An die Geschäftsleitung des/der ______ (Bezeichnung des Krankenhauses/der Klinik)

    Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und –gehälter gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    in seiner Sitzung vom ____ (Datum) hat der Betriebsrat beschlossen, dass der Betriebsratsvorsitzende zeitnah Einblick in die vorhandenen Listen über Bruttolöhne und -gehälter nimmt. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass in kleineren Betrieben, in denen kein Betriebsausschuss gebildet werden kann, dem Betriebsratsvorsitzenden das Einsichtsrecht nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zusteht. Es ist eine der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats, zu kontrollieren, ob im Betrieb der Gleichbehandlungsgrundsatz seitens des Arbeitgebers eingehalten wird. Zu diesem Zweck benötigt der Betriebsrat Informationen über die an die Beschäftigten gezahlten Bruttolöhne und -gehälter. Der Betriebsratsvorsitzende beabsichtigt, am ____ (Datum) um ____ (Uhrzeit) im Betriebsratsbüro Einsicht in die Entgeltlisten zu nehmen. Bitte teilen Sie dem Gremium mit, ob Termin und Uhrzeit für Sie in Ordnung gehen.

    Mit freundlichen Grüßen

    ______________________________

    Unterschrift Betriebsratsvorsitzende(r)