
„Die Umsetzung der Reform mit ihren finanziellen und strukturellen Veränderungen erfolgt über einen längeren Zeitraum. Diese Zeit sollte für Korrekturen und Verbesserungen genutzt werden, weil einige der angekündigten Ziele gar nicht oder nur zum Teil erreicht werden“, konstatiert der größte deutsche Ärzteverband. Es müsse vermieden werden, dass eine noch zu erlassene Rechtsverordnung zu den Leistungsgruppen sinnvolle Veränderungen bei den Qualitätskriterien erst dann vorgibt, wenn die Bundesländer ihre Planung bereits abgeschlossen haben.
Die Qualitätskriterien inklusive der Begriffsdefinitionen müssten in der Gesamtheit zwingend vor Beginn der Prüfungen des Medizinischen Dienstes im September 2025 vorliegen. Das Bundesministerium für Gesundheit wird aufgefordert, vor der Freigabe der Prüfungsrichtlinie des Medizinischen Dienstes eine entsprechende Festlegung vorzunehmen.
Besondere Kritik übt der Verband der angestellten Ärztinnen und Ärzte an der vorgesehenen Kopplung der Vorhaltevergütung an Fallzahlen. „Damit wird genau jener Fehlanreiz perpetuiert, den das DRG-System schon lange verursacht hat“, heißt es in dem Thesenpapier. Stattdessen müsse Vorhaltung als eigenständiger Versorgungswert refinanziert und nicht weiter als Nebenprodukt von Mengenlogik behandelt werden.
Auch beim Thema Bürokratie mahnt der Marburger Bund dringenden Handlungsbedarf an. Die Einführung von Leistungsgruppen und neuen Prüfverfahren erhöhe den administrativen Aufwand erheblich – besonders in kleinen und mittelgroßen Kliniken. „Es ist unverständlich, dass Krankenhäuser künftig vierteljährlich leistungsgruppenbezogen Arztzahlen melden sollen“, kritisiert der Verband. Solche Pflichten müssten auf ein „sinnvolles Mindestmaß“ reduziert werden.
Darüber hinaus fordert der Marburger Bund gesetzliche Anpassungen, um die Facharztweiterbildung auch im reformierten System abzusichern. Aufgrund zunehmender Spezialisierung werde es in Zukunft oft nicht mehr möglich sein, in einzelnen Krankenhäusern alle Weiterbildungsinhalte einer Fachrichtung vollständig abzubilden. Deshalb müsse es erleichtert werden, in Weiterbildung befindliche Ärztinnen und Ärzte auf Grundlage eines einheitlichen Arbeitsvertrags zeitweise an andere Häuser zu überlassen – ohne durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz blockiert zu werden.
Die im Koalitionsvertrag angekündigte Möglichkeit, Zwischenfristen anzupassen, bewertet der Marburger Bund als Chance. „Die bereits eingetretenen Verzögerungen – etwa beim InEK-Grouper oder der Leistungsgruppenverordnung – zeigen, dass der gesetzte Zeitplan der Realität hinterherhinkt. Diese Zeit muss jetzt für substanzielle Verbesserungen genutzt werden“, appelliert der MB an die Politik.