• Weg mit den Fallpauschalen! Schluss mit der Ökonomisierung!

    Marburger Bund SH unterstützt Ärzteappell
    06.September 2019
    Mit klaren Worten unterstützen MB SH-Vorsitzender Michael Wessendorf und sein Vize Dr. Joachim Schur sowie zahlreiche Ärztinnen und Ärzte aus Schleswig-Holstein den in der Zeitschrift Stern publizierten Ärzteappell "Rettet die Medizin- gegen das Diktat der Ökonomie in unseren Krankenhäusern."

    Kommentar:
    "Es steht außer Frage, dass die Vergütung stationärer Behandlungen über rein leistungsorientierte Fallpauschalen zur Fehlentwicklung geführt hat. In einem vor allem auf Effizienz und Effektivität getrimmten DRG-Vergütungssystem wird der Patient vorwiegend als ein pauschalierter Behandlungsfall wahrgenommen, das individuelle Patientenwohl tritt faktisch in den Hintergrund. Die DRGs haben in den Kliniken einen preisgetriebenen Wettbewerb mit negativen Konsequenzen für Ärzte und Patienten geführt. Auch der ökonomische Druck in den Kliniken entsteht aus Fehlanreizen des DRG-Systems. Ärzten wird die Ökonomisierung aufgezwungen, statt sich am Gesundheitsnutzen der Patienten zu orientieren Profite für ihre Arbeitgeber zu erwirtschaften.

    Der Zwang der Ökonomisierung entsteht aber auch aus einer seit Jahren bestehenden Unterfinanzierung der Krankenhäuser. Für letztere sind vor allem die Bundesländer verantwortlich, die ihren Investitionsverpflichtungen nur sehr unzureichend nachkommen. Deshalb versuchen viele Krankenhausleitungen, fehlende Investitionsmittel zu kompensieren. Sie entnehmen den Behandlungserlösen Mittel zum Beispiel für dringende bauliche Maßnahmen oder Zukunftsinvestitionen. Diese Erlöse müssen aber den laufenden Betrieb, vor allem auch die Personalkosten, finanzieren. Die politisch Verantwortlichen dürfen die Krankenhäuser nicht im Stich lassen. Die Länder müssen für eine auskömmliche Finanzierung der Kliniken sorgen. Dazu gehört die volle Refinanzierung der Personalkosten, und die Bezahlung aller erbrachten Krankenhausleistungen.

    Untersuchungen zufolge haben 97 Prozent der leitenden Krankenhausärzte im Jahr 2015 Verträge mit monetären Anreizen gehabt. Noch vor 20 Jahren waren es nur fünf Prozent. Die Ökonomisierung hat längst auf alle Klinikärzte durchgegriffen. Fast noch erschreckender ist, dass bereits 19 Prozent der Oberärzte, 15 Prozent der Fachärzte und sogar sechs Prozent der Ärzte in der Weiterbildung Verträge mit mengenassoziierten Bonusregelungen abgeschlossen haben. Dass gerade junge Ärzte am Anfang ihres Berufslebens damit konfrontiert werden, ist äußerst bedenklich. Sie befinden sich in extremer Gefahr, in ein Berufsbild Arzt gepresst zu werden, das dem eigentlichen Berufsbild nicht gerecht wird.

    Deshalb unterstützen wir mit Nachdruck die Initiative „Ärzte-Appell“ mit ihren Forderungen:

    1. Das Fallpauschalensystem muss ersetzt oder zumindest grundlegend reformiert werden.
    2. Die ökonomisch gesteuerte gefährliche Übertherapie sowie Unterversorgung von Patienten müssen gestoppt werden. Dabei bekennen wir uns zur Notwendigkeit wirtschaftlichen Handelns.
    3. Der Staat muss Krankenhäuser dort planen und gut ausstatten, wo sie wirklich nötig sind. Das erfordert einen Masterplan und den Mut, mancherorts zwei oder drei Kliniken zu größeren, leistungsfähigen und personell besser ausgestatteten Zentren zusammenzuführen."