• Selbstverwaltung braucht Selbstbewusstsein!

    Wahlaufruf des Landesvorsitzenden
    28.Oktober 2022
    Sich selbst verwalten zu dürfen, ist ein Privileg, das unsere Rechtsordnung den sogenannten „freien Berufen“ einräumt, zu denen auch und ganz wesentlich wir Ärztinnen und Ärzte zählen. Charakteristisch für die freien Berufe ist die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit (§ 1 Abs. 2 PartGG).
    Dr. med. Andreas Botzlar
    Dr. med. Andreas Botzlar

    Diese Eigenverantwortlichkeit – ja dieser sich aus dem Anspruch der Tätigkeit ergebende Freiraum der Berufsausübenden – soll nicht durch eine staatliche Verwaltung unnötig eingeschränkt werden. Aus diesem Prinzip speist sich die Existenzberechtigung der Selbstverwaltung.

    Die uns zugestandene Selbstverwaltung ist daher aber nicht nur ein Privileg, sondern vor allem auch eine Verpflichtung. Vornehmste Aufgabe der Bayerischen Landesärztekammer muss folglich die Verteidigung der Eigenverantwortlichkeit der medizinischen Entscheidungen ihrer Mitglieder gegen jegliche sachfremde Einflussnahme sein.
    Beim eigenen Erscheinungsbild gilt es, Großspurigkeit, vor allem aber Leisetreterei zu vermeiden. Souveränität ist das Gebot der Stunde – sowohl beim Auftritt als auch in der Sache. Das erfordert Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigene Kompetenz!

    Zunehmend beobachten wir aber, wie die Kammer aus Angst vor Befindlichkeitsstörungen anderer Akteure in der Gesundheitspolitik oder gar vor einer Rüge der Rechtsaufsicht sich den ihr eingeräumten Ermessensspielraum selbst eher beschränkt denn zugunsten ihrer Mitglieder voll ausnutzt. Das gilt auch für die Interaktion mit anderen Selbstverwaltungskörperschaften.
    Selbstbewusstsein durch Unterwürfigkeit zu ersetzen, hilft am Ende niemandem. Der Kampf gegen die Herrschaft des Geldes und damit gegen die berufsrechtswidrige Beherrschung der Medizin durch den Kommerz darf sich nicht auf die Abwehr investorenbetriebener MVZs beschränken, sondern muss auch Krankenhäuser einschließen. Vor allem aber muss diese Maxime auch das eigene Handeln in allen Selbstverwaltungskörperschaften bestimmen, sonst berauben wir unsere Argumente selbst ihrer Glaubwürdigkeit.

    Berufspolitik ist weit mehr als die Sicherung von Abrechnungsziffern!

    Jede zukünftige Ärztin und jeder zukünftige Arzt wird in der Versorgung der Bevölkerung so dringend gebraucht wie lange nicht. Warum aber steht die Kammer dann nicht von vorneherein sichtbar an der Seite der sich weiterbildenden Ärztinnen und Ärzte und verfolgt und fördert aktiv deren Weiterbildungsfortschritt?

    Zu warten, bis die Betroffenen ihr Schicksal beklagen, ist zu wenig. Warum lässt sich die Kammer nicht jeden Chefarztvertrag vorlegen und lehnt diesen als berufsrechtswidrig ab, wenn die medizinische Entscheidungsfreiheit zugunsten der Umsatzentwicklung eingeschränkt werden soll? Freilich bedeutet dies mehr Aufwand und resultiert sicher auch in Auseinandersetzungen.
    Es geht aber um nichts weniger als den Kern unserer – noch – freien Berufsausübung. Und der sollte jeder Mühe wert sein.

    Wir angestellten Ärztinnen und Ärzte stellen zwar schon seit langem die Mehrheit der Berufsausübenden und damit der Wahlberechtigten. Wenn wir uns also fragen, warum unsere Auffassungen und Positionen von unserer Ärztekammer nicht oder nicht nachdrücklicher vertreten werden, ist die Antwort denkbar einfach: Wir üben unser Wahlrecht viel zu wenig aus. Auch die Eigenarten des Wahlrechts tragen das ihre dazu bei, dass so gegenwärtig fast 60 % der Wahlberechtigten von lediglich einem Drittel der Abgeordneten im Bayerischen Ärztetag vertreten werden.

    Ohne die erforderliche, aber mögliche Mehrheit werden wir keine der gewünschten Veränderungen durchsetzen können. Ändern wir, was wir ändern können:
    Im November 2022 die Wahlunterlagen nicht (wieder) ungeöffnet wegwerfen, sondern AUSFÜLLEN und ABSCHICKEN! Berufspolitik ist zu wichtig, um sie nur anderen zu überlassen!