• „Betriebsratsarbeit macht Tarifpolitik erst wirksam“

    Für Stephan Bork ist klar: Ein Tarifvertrag allein reicht nicht. Wichtig ist, dass vor Ort die Umsetzung durchgesetzt wird. Der Hebel sind die Betriebsräte.
    Betriebsratswahlen 2026

    Seit vielen Jahren engagiert sich Marburger-Bund-Mitglied Stephan Bork, unter anderem aktiv im Arbeitskreis Mitbestimmung des Marburger Bundes und als Betriebsrat für gerechtere Arbeitsbedingungen und eine starke Interessenvertretung. Im Interview mit Jörg Ziegler aus der MBZ-Redaktion berichtet er, warum sein Engagement die logische Konsequenz seines tarifpolitischen Engagements war.

    Herr Bork, warum engagieren Sie sich im Betriebsrat?

    Stephan Bork: Letztendlich war die Überlegung, im Betriebsrat zu arbeiten, nur ein konsequentes Fortführen meiner berufs- und tarifpolitischen Aktivitäten im Marburger Bund.

    Dass man etwas im MB für seine Kolleginnen und Kollegen über die Tarifarbeit erreicht hat, bedeutet nicht, dass diese Veränderungen vom Arbeitgeber umgesetzt werden. Nur durch konstante und stetige Arbeit vor Ort, am besten als Betriebsrat, lässt sich etwas erreichen. Hier schließt sich sozusagen ein Kreis, die Sinnhaftigkeit der Gewerkschaftsarbeit macht ohne die Betriebsräte vor Ort wenig Sinn und genauso umgekehrt. Ohne Gewerkschaften würde es einen Großteil der Arbeit im Betriebsrat nicht geben.

    Was hat Sie dazu motiviert, sich für die Wahl zum Betriebsrat aufstellen zu lassen, und wie verlief Ihr Weg in das Gremium?

    Bork: Die Motivation war und – wie zuvor schon angeführt – ist , dass ich mich nicht mit dem Erreichten und den Ergebnissen der Arbeit im MB begnüge. Nur durch unsere Arbeit im Betriebsrat kommen unsere Erfolge im MB auch bei jeder einzelnen Ärztin und jedem einzelnen Arzt an.

    Zudem motivierte mich die Erkenntnis, dass es vor Ort nur einen Betriebsrat gab, der von einer Gewerkschaft dominiert und beeinflusst wurde und leider auch noch wird. In der Vergangenheit hat die Betriebsratsarbeit für unsere Berufsgruppe oft einfach gar nicht stattgefunden. Durch das Engagement von Ärztinnen und Ärzten im Betriebsrat kann dieses Ungleichgewicht annähernd ausgeglichen werden.

    Welche Strategien oder Erfahrungen haben sich als hilfreich erwiesen, um neue Kolleginnen und Kollegen für die Mitarbeit im Betriebsrat zu gewinnen?

    Bork: Ein strategisches Vorgehen gab es nicht. Ich habe von Anfang an die Arbeit im Betriebsrat, wie sie hier praktiziert wurde, verändert. Es war und ist üblich, den Großteil der Arbeit vom Schreibtisch aus zu bewältigen. Meine persönliche Erfahrung war und ist, dass die Verlagerung der Betriebsratsarbeit vom Schreibtisch weg direkt in die zu betreuenden Bereiche mehr Vorteile und neue Möglichkeiten bietet.

    Durch den zunehmenden persönlichen Kontakt konnte ich zum Beispiel im Rahmen von Projektarbeit neue Arbeitszeitmodelle kreieren oder Diskussionen über die neuesten Entwicklungen im Tarifvertrag anregen oder sondieren, ob jemand grundsätzlich Interesse hat.

    Leider bleibt festzustellen, dass gerade in meinem Krankenhaus das Interesse an einer langfristigen Bindung an Betriebsratsarbeit mit der persönlichen Lebensplanung der meisten jungen Ärztinnen und Ärzte nicht in Einklang zu bringen ist.

    Wir sind ein Maximalversorger, das heißt, für die Mehrzahl der Ärztinnen und Ärzte in der Weiterbildung ist unser Krankenhaus ein Durchlaufposten der persönlichen Karriereplanung. Auch ist das Heranführen an die Betriebsratsarbeit – zum Beispiel über die wöchentliche Teilnahme an den Betriebsratssitzungen – schwierig. Der klinische Alltag und die notwendige Freistellung für zwei, drei Stunden kollidieren häufig.

    Inwiefern hat Ihre Tätigkeit im Betriebsrat Ihre persönliche Entwicklung oder Ihre berufliche Perspektive beeinflusst?

    Bork: Meine berufliche Perspektive als voll freigestellter Betriebsrat eher nicht. Die Arbeit im Betriebsrat hat meine persönliche Entwicklung trotz schon vorhandener Lebenserfahrung erheblich beeinflusst.

    Die oben schon erwähnte Veränderung meiner Betriebsratsarbeit in die Bereiche hinein hat zu tiefen und intensiven Einblicken in alle – also auch die nicht medizinischen – Bereiche eines Krankenhauses geführt. Dadurch habe ich auf das Genaueste verstanden, wie ein Krankenhaus als komplexes Gebilde funktioniert, und habe erfahren, welche Toleranz und welcher wertschätzende Umgang unter allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür notwendig ist. Das hat unter anderem die Qualität meiner Betriebsratsarbeit deutlich gesteigert.

    Herr Bork, vielen Dank
    für das Interview.