• Krankenhausreform: Marburger Bund fordert Personaloffensive und warnt vor Wartelistenmedizin

    04.September 2015
    Stellungnahme zum Gesetzentwurf für ein Krankenhaus-Strukturgesetz
    „Eine vernünftige Qualität medizinischer und pflegerischer Leistungen kann nur mit einer vernünftigen Personalausstattung einhergehen. Wer also tatsächlich die medizinischen Versorgung der Bevölkerung sichern und verbessern will, sollte eine Personaloffensive starten“, fordert der Marburger Bund in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG). Zugleich warnte der Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte vor dem Irrglauben, ein Abbau von Kapazitäten führe automatisch auch zu Strukturverbesserungen. Es liege in der Planungshoheit der Länder, den Kapazitätsbedarf zu ermitteln und die Strukturen darauf auszurichten. Ein bloßer Rückzug von Bund und Ländern aus der Daseinsvorsorge auf Grundlage behaupteter Überkapazitäten sei angesichts hoher Arbeitsbelastung und überfüllter Notfallambulanzen das falsche Signal an die Beschäftigten in den Krankenhäusern. „Wenn allein die ‚Rentabilität‘ darüber entscheiden soll, wo in Deutschland noch Krankenhäuser stehen dürfen, führt dies in eine Wartelistenmedizin“, warnt der MB. Der Verband unterstützt aber Strukturveränderungen, soweit sie auf Grundlage valider Erkenntnisse erfolgen.

    Scharf kritisiert Deutschlands größter Ärzteverband, dass mit der geplanten Gesetzgebung erneut keine Lösung des Investitionsproblems der Krankenhäuser angestrebt wird, obwohl diesmal eine Bund-Länder Arbeitsgruppe die Reform vorbereitet hat: „Die Verpflichtung der Länder, mindestens den Durchschnitt ihrer Förderung der Jahre 2012 bis 2014 fortzuführen, heißt nichts anderes, als dass die unbestritten unzureichende Finanzierung beibehalten wird.“ Die geplante Errichtung eines Strukturfonds löse das Problem nicht. Denn mit dem Fonds sollen der Abbau von Überkapazitäten, die Konzentration von Krankenhausstandorten und die Umwandlung von Krankenhäusern in nicht akutstationäre Versorgungseinrichtungen gefördert werden. Ziel des Fonds sei somit der Abbau und nicht der Substanzerhalt von Abteilungen und Krankenhäusern.

    Der Marburger Bund begrüßt hingegen die Erkenntnis der Bundesregierung, dass die Vergütung der stationären Behandlungen über rein leistungsorientierte Fallpauschalen (DRG) zu Fehlentwicklungen führt, die korrigiert werden müssen. „Ärzte und Pflege werden zunehmend als Produktionsmittel instrumentalisiert und können ihren eigentlichen Auftrag am Patienten nicht mehr angemessen erfüllen. Dies führt zunehmend zu ethischen Konflikten, der kurative, helfende Aspekt in der Medizin wird immer weiter marginalisiert. Schon heute hält die Personalausstattung mit der Leistungsverdichtung nicht Schritt. Die vorgesehene Flankierung des DRG-Systems mit Zuschlägen für besondere Aufgaben von Zentren, für die Teilnahme an der Notfallversorgung, für klinische Sektionen, bei Mehrkosten durch Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses oder die Sicherstellungzuschläge sind daher grundsätzlich als punktuelle Verbesserungen der Finanzierung zu sehen.“