• Reformplan für das Medizinstudium: Gute Ansätze, aber auch große Defizite

    29.Januar 2020
    BMG-Arbeitsentwurf für eine Reform der ärztlichen Approbationsordnung
    „Der Entwurf für eine neue Approbationsordnung bietet durchaus Möglichkeiten für innovative Lehr- und Prüfungskonzepte. Die als Innovationsklausel getarnte Verdichtung des Studieninhalts auf fünf Jahre wird jedoch das Risiko von steigenden Burnout-Raten im Medizinstudium verschärfen. Immer mehr Inhalte sollen in immer kürzerer Zeit vermittelt werden – hier droht die Qualität der medizinischen Ausbildung an deutschen Universitäten erheblich schlechter zu werden.“ So kommentiert Philipp Schiller, Vorsitzender des Sprecherrats der Medizinstudierenden im Marburger Bund, den Arbeitsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums zur Reform der Approbationsordnung für Ärztinnen und Ärzte.

    Positiv bewertet Schiller, dass die Wissenschaftlichkeit in späteren Studienabschnitten wieder mehr betont werden solle. „Für uns als spätere Ärzte ist die Fähigkeit, den Stand der Wissenschaft richtig einordnen zu können, unverzichtbar. Wir wollen nach dem Studium in der Lage sein, schlechte Studien von guten Studien unterscheiden zu können.“ Enttäuscht sei der Sprecherrat über die Privilegierung des Fachs Allgemeinmedizin in der neuen Approbationsordnung. Angehende Mediziner würden durch eine breit gefächerte Ausbildung zu kompetenten Ärztinnen und Ärzten und nicht durch verpflichtende Abschnitte oder Prüfungen in der Allgemeinmedizin. „Das ambulante Pflichtquartal im Praktischen Jahr ist eine Farce. Für alle Studierenden, die sich nicht für ein Quartal in einer allgemeinärztlichen Einrichtung entscheiden, entsteht ein klarer Nachteil bei ihrem finalen Staatsexamen, wenn sie die neue Pflichtprüfung im Fach Allgemeinmedizin absolvieren müssen“, so Schiller.

    Grundsätzlich befürwortet der Marburger Bund Möglichkeiten zur verstärkten Ausbildung im ambulanten Sektor und die Einbeziehung entsprechender Lehreinrichtungen. Es dürfe allerdings nicht den Universitäten allein überlassen werden, die qualitativen Anforderungen an die Lehreinrichtungen wie auch an die zukünftigen Lehrärzte und –ärztinnen zu definieren. „Die Approbationsordnung muss Kriterien und Vorgaben zur Qualifizierung der Lehrpersonen enthalten“, fordert der MB. Es gelte einen Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen zu vermeiden.

    Ein großes Manko des Reformentwurfs sei es, dass der zusätzliche Finanzbedarf für die einzelnen Maßnahmen im Dunkeln bleibe. Es fehle zudem an einer grundlegenden Reform des Kapazitätsrechts. „Die kapazitären Auswirkungen der Neustrukturierung sollen parallel zur Umsetzung des Masterplans ermittelt werden und allenfalls zu einem ‚moderaten Aufwuchs‘ der Studienplätze führen. Zu diesem Prozess enthält der Arbeitsentwurf keine Aussage, Haushaltsausgaben und Erfüllungsaufwand bleiben zudem unbeziffert“, kritisiert der Marburger Bund.

    Die bisherige patientenbezogene Kapazitätsberechnung wurde zuletzt für die bis 2002 geltende ärztliche Approbationsordnung optimiert. Sie enthält veraltete Parameter, berücksichtigt Formate mit Patientenbezug wie Famulatur, Blockpraktikum sowie die Ausbildung im ambulanten Bereich nicht und gibt zudem keine Antwort auf die Fragen der Digitalisierung der Medizin und der Auswirkungen der Landarztquote. Der Marburger Bund fordert daher eine Abschaffung der Kapazitätsverordnung in ihrer jetzigen Form.

    Positiv betrachtet der MB den zukünftigen longitudinalen Aufbau und die Aufhebung der Trennung zwischen vorklinischem und klinischem Abschnitt des Studiums. „Die durchgehende Verknüpfung klinischer und theoretischer Inhalte von Beginn an wird zu größerer Zufriedenheit der Studierenden führen und ihnen helfen, sich von Beginn an auf spätere Anforderungen besser vorzubereiten. Zudem entfällt damit das vom Marburger Bund seit vielen Jahren kritisierte Phänomen der Teilstudienplätze, das die Betroffenen jahrelang beschäftigt und zahlreiche Studienplatzklagen produziert hat“, heißt es in der Stellungnahme des größten deutschen Ärzteverbands.