• Approbationsordnung aus der Sicht des Medizinstudiums

    Der Marburger Bund und insbesondere die Studierenden im Marburger Bund haben lange dafür gekämpft, dass das Hammerexamen abgeschafft wird. Dies ist mit den jüngsten Reformen der Approbationsordnung für Ärzte erreicht. Der Hausärztemangel insbesondere im ländlichen Bereich war der Hintergrund für die Reform der Approbationsordnung, die zum guten Teil erst jetzt zum Tragen kommt. Das Ziel des Bundesgesundheitsministeriums war und ist es, die ärztliche Nachwuchsgewinnung zu fördern und die Allgemeinmedizin zu stärken.

    Im Folgenden gehen wir auf einige Punkte der Approbationsordnung für Ärzte ein, welche aus Sicht der Medzinstudierenden von Bedeutung sind. Eine vollständige aktuelle Version der Approbationsordnung für Ärzte gibt es unter http://www.gesetze-im-internet.de/_appro_2002/index.html.

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    Ende des Hammerexamens

    Die Studierenden der Humanmedizin, die nach dem 1. Januar 2014 das Praktische Jahr (PJ) beginnen, sind in jedem Falle direkt von den Neuregelungen zur Ärztlichen Prüfung betroffen. Die Splittung des Examens in drei Abschnitte greift erstmals im Frühjahr 2014, sodass es im Jahr 2014 zwei „parallele“ Prüfungstermine im Frühjahr und Herbst gibt: Wer sein PJ im August 2013 beginnt, der muss noch das alte Hammerexamen nach dem PJ meistern. Er hat eine Prüfung, das sogenannte Hammerexamen mit schriftlichem und mündlichem Teil, am Ende des PJ. Derjenige, der danach, also im Mai 2014, beginnt, wird das neue Examen ablegen. Er muss somit den schriftlichen Teil der Ärztlichen Prüfung bereits vor dem PJ erledigen.

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    Wie sehen die Prüfungen künftig aus?

    Die bisherige Zweite Ärztliche Prüfung, das so genannte Hammerexamen, wird nicht mehr wie bisher am Ende des PJ abgelegt. Dessen erster Teil, das schriftliche Examen, wird vor das PJ gezogen. Dies wird der neue Zweite Abschnitt der Prüfung. Der mündliche Teil bleibt am Ende des PJ. Dies ist dann der Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung.

    Der neue Zweite Abschnitt findet im April und Oktober statt. Diese schriftliche Prüfung darf anders als früher auch rechnergestützt durchgeführt werden.

    Das alte PJ begann jeweils in der zweiten Hälfte der Monate Februar und August. Nun beginnt es im Mai und November, also ziemlich kurz hinter der schriftlichen Prüfung.

    Der neue Dritte Abschnitt, also die mündliche Prüfung, findet dann nach neuem Recht nach dem PJ im Mai und Juni oder November und Dezember statt. Es sollen also drei Monate Zeit bleiben, um sich auf die mündliche Prüfung vorzubereiten.

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    Mehr Mobilität im PJ

    Die Studierenden haben die Wahl, ihr PJ entweder in den Universitätskrankenhäusern der Heimatuniversität oder in anderen Universitätskrankenhäusern oder Lehrkrankenhäusern anderer Universitäten zu absolvieren, sofern dort genügend Plätze vorhanden sind. Sie bleiben  bei ihrer Heimatuniversität immatrikuliert und absolvieren dort den Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung.

    Für die Möglichkeit, einen Teilabschnitt des PJ (maximal acht Wochen) in geeigneten ambulanten Einrichtungen oder Lehrpraxen abzuleisten, ist ein entsprechender Vertrag mit der Uni und das Einvernehmen der zuständigen Gesundheitsbehörde erforderlich. Im Wahlfach Allgemeinmedizin wird die Ausbildung während des gesamten PJ in einer allgemeinmedizinischen Lehrpraxis absolviert.

    In jedem Falle ist ein PJ-Logbuch nun vorgeschrieben. Das Logbuch der jeweiligen Universität des Lehrkrankenhauses (und nicht der Heimatuniversität) ist bindend. Dies gilt für alle Einrichtungen, also nicht nur für Lehrkrankenhäuser, sondern auch für Lehrpraxen und ab 1. April 2013.

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    Mehr Teilzeit möglich

    Es ist nun möglich, das PJ in Studienteilzeit zu erbringen. Bei einem hälftigen Teilzeitmodell verlängert sich das PJ auf zwei Jahre. Wie dies bei 75-prozentiger Teilzeit aussieht, ist mit dem jeweiligen Landesprüfungsamt zu klären.

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    Mehr erlaubte Fehltage

    Auf das PJ werden Fehlzeiten bis zu insgesamt 30 Ausbildungstagen angerechnet. Die Zahl an erlaubten Fehltagen während des PJ ist damit von 20 auf 30 erhöht worden. Davon dürfen maximal 20 Fehltage in einem Tertial liegen. Dies gilt seit Verkündung der Verordnung – also seit dem 23. Juli 2012. Manche Fakultäten nehmen dies zur Begründung, bisherige Studientage abzuschaffen. Hier bleibt aus Sicht des Marburger Bundes festzuhalten: Studientage sind keine Fehltage. Studientage sind Tage, in denen Studierende lernen.

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    Deckel auf PJ-Entschädigung

    Auch bei den Obergrenzen für Aufwandsentschädigungen im Praktischen Jahr wurde das ursprüngliche Gesetz nachgebessert. Der Marburger Bund lehnt Obergrenzen grundsätzlich ab. Immerhin wurde der Bedarf von 373 Euro um 224 Euro angehoben –  auch für jene PJ-Studierenden, die zuhause wohnen. Dazu hieß es in der Begründung: „Um eine Einzelfallprüfung und Unterscheidung jeweils danach zu vermeiden, ob Studierende bei den Eltern oder außerhalb des Elternhauses wohnen, soll einheitlich der Auswärtigenzuschlag nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG zugrunde gelegt, die Höchstgrenze also um 224 Euro monatlich angehoben werden.“ Die Obergrenze im Inland liegt nun bei 597 Euro.

    Fürs Ausland gilt anderes. Für PJ-Abschnitte in der EU und der Schweiz soll die Obergrenze um die BAföG-Zuschläge zur Deckung von Studiengebühren und Reisekosten steigen, im übrigen Ausland zusätzlich um einen Zuschlag als Kaufkraftausgleich.

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    Mehr PJ-Plätze in der Allgemeinmedizin

    Das PJ findet nach Bestehen des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung statt. Es beginnt jeweils in der zweiten Hälfte der Monate Mai und November. Die Ausbildung gliedert sich in Ausbildungsabschnitte von je 16 Wochen

    • in Innerer Medizin,
    • in Chirurgie und
    • in der Allgemeinmedizin oder in einem der übrigen, nicht in den Nummern 1 und 2 genannten, klinisch-praktischen Fachgebiete.

    Damit wurde ein Pflichtbestandteil Allgemeinmedizin im PJ vor dem Hintergrund heftiger Kritik aus der Ärzteschaft, unter anderem des Marburger Bundes, zumindest zunächst abgelehnt. Bis Oktober 2015 müssen aber zehn Prozent, bis Oktober 2017 zwanzig Prozent aller Studierenden an der jeweiligen Universität ihr Wahltertial in der Allgemeinmedizin machen können. Die Medizinischen Fakultäten müssen dafür eine genügend große Zahl an Plätzen zur Verfügung stellen. Ab Oktober 2019 muss jeder Studierende, der sein Wahltertial in der Allgemeinmedizin machen will, dies auch können.

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    Blockpraktikum in der Allgemeinmedizin

    Das Blockpraktikum in der Allgemeinmedizin dauert mindestens zwei Wochen. Nach bisherigen Vorgaben konnte die Länge aller Blockpraktika zwischen ein bis sechs Wochen variieren. Die Verpflichtung auf ein zweiwöchiges Blockpraktikum in der Allgemeinmedizin gilt seit 1. Oktober 2013, dies bedeutet nach Einschätzung des Medizinischen Fakultätentag (MFT), dass die Universitäten das zweiwöchige Blockpraktikum in der Allgemeinmedizin erst seit dem 1. Oktober 2013 anbieten mussten. Es sei Zugangsvoraussetzung für das neue PJ. Wer somit im Frühjahr 2013 nach altem Recht noch ins PJ ging, muss nach Auffassung des MFT lediglich ein einwöchiges Blockpraktikum in der Allgemeinmedizin nachweisen. Alle, die dagegen im Frühjahr 2014 nach neuem Recht die Zulassung beantragen, müssen die Absolvierung eines zweiwöchigen Blockpraktikums in der Allgemeinmedizin nachweisen.

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    Famulatur in der hausärztlichen Versorgung

    Seit Oktober 2013 müssen Studierende einen Monat ihrer viermonatigen Famulatur in einer Einrichtung der hausärztlichen Versorgung ableisten. Der Kreis der Hausärzte ist dabei nicht auf Allgemeinmediziner im engeren Sinne beschränkt. Vielmehr zählt der Gesetzgeber weiterhin dazu:

    • Kinderärzte,
    • Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben, sowie
    • Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 SGB V in das Arztregister eingetragen sind, und
    • Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben.

    Der Teufel steckt im Detail – und zwar in den Übergangsregelungen. Entsprechend der Ursprungsversion hätte die Pflichtfamulatur sogar faktisch rückwirkend Studierende betroffen, die sich derzeit im klinischen Studienabschnitt befinden. Dies ist nun unetr anderem. auf Drängen des Marburger Bundes vom Tisch: Die neue Übergangsregelung der Approbationsordnung befreit jene Studierenden von der Pflichtfamulatur, die bis 10. Juni 2015 erstmals den Antrag auf Zulassung zum Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung stellen. Auch soll Studierenden im klinischen Studienabschnitt, die zur Unterbrechung wegen Krankheit, Schwangerschaft, der Betreuung minderjähriger Kinder oder pflegebedürftiger Angehöriger gezwungen sind, Vertrauensschutz gewährt werden. Sie müssen die viermonatige Famulatur in einer Einrichtung der hausärztlichen Versorgung nicht absolvieren. Studierende, die sich später für den Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung anmelden, müssen die Hausarztfamulatur abgeleistet haben. Der Marburger Bund lehnt jegliche Erweiterung der Pflichtanteile beim Studium ab.

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    Querschnittsbereich Schmerzmedizin

    Den bisherigen 13 Querschnittsbereichen wurde die „Schmerzmedizin“ als Nummer 14 hinzugefügt. Jeder, der sich ab Oktober 2016 zum Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung anmeldet, muss Schmerzmedizin als Querschnittsbereich nachweisen können. Dies werden zumeist Studierende sein, die im Oktober 2011 das Studium aufnahmen. Bei Zeitverzögerungen trifft die neue Nachweispflicht nach Einschätzung des MFT aber auch Studierende, die das Studium bereits vor Oktober 2011 aufgenommen haben. Mehr Stunden sind für die Querschnittsbereiche jedoch nicht vorgesehen, sodass die Fakultäten bestehende Stundenkontingente wohl umorganisieren werden.

    Im ursprünglichen Referentenentwurf war noch ein Querschnittsbereich 13 „Palliativ- und Schmerzmedizin“ geplant. Dies wurde auf Anregung der angesprochenen Fachgesellschaften und des Bundesrates verändert. Da die „Schmerzbehandlung“ bereits nach geltendem Recht Teil des Prüfungsstoffes im neuen Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung ist, dient nach Ansicht des Bundesrates die Ergänzung der Klarstellung, dass Schmerzmedizin auch über die Versorgung Schwerstkranker und Sterbender hinaus Gegenstand der ärztlichen Ausbildung ist.

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    Wesen statt Pflege

    Nach Auffassung des Bundesrates stellt der Öffentliche Gesundheitsdienst neben der ambulanten und stationären Versorgung die dritte Säule der medizinischen Versorgung dar. Daher sollten die Studierenden während des Medizinstudiums auch ausreichende Kenntnisse über das öffentliche Gesundheitswesen erlangen.

    Aus diesem Grunde wurde die Bezeichnung des Querschnittsbereichs 3 „Öffentliche Gesundheitspflege“ durch die Bezeichnung „Öffentliches Gesundheitswesen“ ersetzt. Dazu gehören Kenntnisse über die Schwerpunktbereiche des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Hierzu zählt der Infektionsschutz (einschließlich Hygiene und Krankenhaushygiene), der umweltbezogene Gesundheitsschutz, der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (einschließlich der Mundgesundheit), die Sozialpsychiatrie, die sozialmedizinische Begutachtung sowie die Gesundheitsberichterstattung.

    Nun müssen Ärzte, die in diesem Bereich arbeiten, nur noch angemessen bezahlt werden, wofür der MB schon seit geraumer Zeit kämpft. Eine Umbenennung des Querschnittsbereichs allein reicht nicht aus.

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    Jetzt Prüfungsstoff: Gesprächsführung

    Gesichtspunkte der ärztlichen Gesprächsführung sind nunmehr Gegenstand der Ausbildung.

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    Praktikum der Krankenpflege

    Pflegepraktika beziehungsweise Arbeitszeiten in „Einrichtungen der Rehabilitation mit erheblichem Pflegeaufwand“ werden als Pflegepraktika gemäß § 6 der Ärztlichen Approbationsordnung anerkannt. Wer einen Bundesfreiwilligen- und Jugendfreiwilligendienst in der Krankenpflege absolviert hat, kann dies auf das Krankenpflegepraktikum anrechnen. Als Krankenpflegepraktikum werden der Rettungsassistent, Altenpfleger, Altenpflegehelfer (wenn die Ausbildung mindestens ein Jahr gedauert hat) oder die Hebamme/Geburtshelferin anerkannt.