Diese Regel ist der eigentliche Kern der neuen Vorschrift. Sie dient in erster Linie dazu, die bislang bestehende Praxis, bestimmte Zeiten nachträglich einer gesonderten Bewertung zu unterwerfen, um sie letztlich nicht als Arbeitszeit anzurechnen, endgültig zu beenden. Die gesamte Anwesenheitszeit muss dokumentiert werden. Pauschale Kappungen sind unzulässig! Einzig abgezogen werden dürfen nur tatsächlich gewährte Pausen. Sind innerhalb der dokumentierten Anwesenheitszeiten nach Ansicht des Arbeitgebers private Tätigkeiten oder nicht zur Dienstaufgabe gehörende Nebentätigkeiten ausgeübt worden, so hat der Arbeitgeber den Beweis hierfür zu erbringen. An der bestehenden Dokumentationspflicht ändert dies nichts.
Arbeitsplatz im Sinne der neuen Vorschrift ist das Krankenhaus. Wege- und Rüstzeiten, die nach ständiger Rechtsprechung zur Arbeitszeit gehören, gelten weiterhin als Anwesenheit am Arbeitsplatz.
Die Erfassung der Arbeitszeit hat elektronisch oder auf andere Art mit gleicher Genauigkeit zu erfolgen. Dabei gilt aus unserer Sicht: Händische Erfassung (die altbekannte „Zettelwirtschaft“) genügt nicht. Wie oben beschrieben, muss die gesamte Anwesenheitszeit ohne irgendeine Bewertung und für alle Dienstarten dokumentiert werden. Ob die Erfassung dabei mit der gleichen Genauigkeit wie die elektronische erfolgt, muss für bereits bestehende bzw. nun zwingend einzuführende Systeme im Einzelfall geklärt werden. Die neuere europäische Rechtsprechung liefert jedenfalls ein starkes Indiz dafür, dass elektronische Zeiterfassung zukünftig unumgänglich sein wird.
Grundsätzlich kann sich die Pflicht der Arbeitgeber, die Arbeitszeit zu erfassen, nur auf die Zukunft richten, so dass sich unweigerlich die Frage stellt, wie mit den vergangenen Monaten umzugehen ist. Wir hatten bereits im Juni, als abzusehen war, dass die Redaktion einige Zeit in Anspruch nehmen würde, unsere Mitglieder aufgefordert, Ihre Arbeitszeit zumindest dann selbst zu erfassen, wenn der jeweilige Arbeitgeber dieser Pflicht seinerseits nicht nachkommt. Wurde dieser Hinweis befolgt dürfte der Nachweis der Anwesenheit am Arbeitsplatz unproblematisch möglich sein. Mit diesem Nachweis tritt aber ohne Zweifel auch die sogenannte Fiktionswirkung ein, nach der die gesamte Anwesenheit am Arbeitsplatz – abzüglich tatsächlich gewährter Pausen – als Arbeitszeit gilt.
Ärztinnen und Ärzten steht zukünftig ein persönliches Einsichtsrecht zu, um die Arbeitszeitdokumentation überprüfen zu können. Die Einsicht muss unverzüglich – also ohne jedes schuldhafte Zögern – durch den Arbeitgeber gewährt werden. Dieses Einsichtsrecht können Sie natürlich auch geltend machen, um zu überprüfen, ob und wie in den zurückliegenden Monaten seit 1. Juli die Erfassung der Arbeitszeit und die Dokumentation Ihrer Anwesenheitszeit durch Ihren Arbeitgeber erfolgt ist. Bei der Überprüfung Ihrer Arbeitszeiten und dem Umgang Ihres Arbeitsgebers damit stehen Ihnen die Juristen unserer Landesverbände gern zur Verfügung.
Gibt es in Ihrer Klinik bereits eine Form der Zeiterfassung wird zu klären sein, ob sie den neuen tarifvertraglichen Vorgaben entspricht. Ihr Landesverband kann Sie bei dieser Prüfung unterstützen. Eine wichtige Rolle wird in diesem Zusammenhang auch auf die Betriebs- und Personalräte zukommen. Wir planen eine bundesweite Betriebsrätekonferenz für Anfang nächsten Jahres, in der ein erster Erfahrungsaustausch über die neuen Vorschriften – insbesondere auch zur betrieblichen Umsetzung der Arbeitszeiterfassung – stattfinden soll.