• VKA Tarifrunde 2019: Arbeitsbelastung in den Häusern deutlich senken

    ​​​​​​​Berlin (jz). Nun wird es ernst. Der Marburger Bund hat sein Forderungspaket geschnürt und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) zukommen lassen. Denn am 21. Januar wird die Auftaktrunde zu den Tarifverhandlungen für die rund 55.000 Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Kliniken stattfinden, die das Ziel verfolgen, die Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern, indem die Arbeitsbelastung in den Häusern deutlich gesenkt wird – im Sinne eines effektiven Arbeits- sowie Gesundheitsschutzes und somit zum Schutz der Patienten.

    „Wir treten an für einen neuen Umgang der Krankenhäuser mit der Arbeitszeit ihrer Ärztinnen und Ärzte. Heute verstoßen etliche Krankenhäuser landauf landab gegen die Regeln der Arbeitskunde und sorgen in einem gewaltigen Umfang für mehr Fluktuation in den ärztlichen Belegschaften, als der dort verlangten Teamleistung guttut“, erklärte Rudolf Henke bei der Präsentation der Forderungen des Marburger Bundes in Berlin.

    Daher fordert der MB allein beim Bereitschaftsdienst

    • eine manipulationsfreie Zeit­erfassung,
    • zwei freie Wochenenden im Monat,
    • eine verlässliche Dienstplangestaltung,
    • klare Höchstgrenzen für Bereitschaftsdienste,
    • keine Vollarbeit im Anschluss an einen Bereitschaftsdienst,
    • die Erhöhung der Bereitschaftsdienstvergütung,
    • einen nicht in Freizeit ausgleichbaren Zuschlag zum Bereitschaftsdienst zur Ein­dämmung der sogenannten Minusstundenpro­blematik.
    • Darüber hi­naus fordert der MB
    • eine lineare Erhöhung von fünf Prozent,
    • die tarifvertragliche Gleichstellung der Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst,
    • eine Tarifsicherungsklausel, um die Anwendung des ­Tarifeinheitsgesetzes auszuschließen.

    Das Forderungspaket ist Teil des Ergebnisses eines seit zweieinhalb Jahren währenden Prozesses, in dessen Verlauf sich in erster Linie die Kleine Tarifkommission auf Bundesebene unter dem Vorsitz von MB-Vize Dr. Andreas Botzlar wegen der erkannten Reformbedürftigkeit der MB-Tarifverträge mit deren Weiterentwicklung intensiv befasst hatte. Angesichts der Signalwirkung des TV-Ärzte/VKA legte das Gremium dabei den Fokus auf eben diesen und erarbeitete ein Novellierungskonzept.

    Forderungspaket des Marburger Bunds VKA TarifverhandlungenIm September dieses Jahres begrüßte die Große Tarifkommission (GTK) als maßgebliches MB-Beschlussgremium zur Tarifpolitik weitgehend das Konzept, wollte jedoch den weiteren Umgang zunächst bei regionalen Treffen, einem bundesweiten Tarifforum und der Hauptversammlung im Herbst in Berlin beraten. Daher sprach sich die GTK lediglich für die Kündigung der Entgelttabelle, der Regelungen zum Bereitschaftsdienst und zur Verlängerung der Arbeitszeit durch Opt-out aus, ohne jedoch die Realisierung des Gesamtkonzepts aus den Augen zu lassen. Dieses Vorgehen fand Zustimmung bei besagten regionalen Treffen, dem Tarifforum und der Hauptversammlung. Ergo: Das Novellierungskonzept wird fortan bei allen Tarifverhandlungen einbezogen. Insofern gilt für die anstehenden Verhandlungen umso mehr, was Botzlar schon bereits im Oktober verdeutlicht hatte: „Mit der anstehenden VKA-Tarifrunde stellen wir entscheidende Weichen für die Zukunft.“

    Deshalb sollten schon jetzt die Ärztesprecher in den einzelnen Häusern ihren jeweiligen MB-Landesverband kontaktieren, in den Häusern informieren und dazu zwingend die bestehenden ­E-Mail-­Verteiler aktualisieren. Halten Sie sich über die unterschiedlichen MB-Medien auf dem Laufenden …

    Zahlreiche Forderungen des MB zum Bereitschaftsdienst

    Manipulationsfreie Zeiterfassung, freie Wochenenden, verlässliche Dienstpläne, „Minusstunden-Problematik“ und mehr

    Die Auftaktrunde zu den Tarifverhandlungen zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für rund 55.000 Ärztinnen und Ärzte findet am 21. Januar in Berlin statt. Nachfolgend werden die von der Großen Tarifkommission für die Kündigung der Entgelttabelle, der Regelungen zum Bereitschaftsdienst und zur Verlängerung der Arbeitszeit durch Opt-out beschlossenen Forderungen dargelegt, denen allein zwei Sitzungen der Kleinen Tarifkommission (KTK) vorausgegangen waren.

    Manipulationsfreie Zeiterfassung

    Der MB fordert, dass „die Anordnung von Bereitschaftsdienst im Rahmen der objektiven Arbeitszeiterfassung nur unter der weiteren Voraussetzung zulässig“ ist, „dass diese automatisiert, manipulationsfrei und durch vom MB lizensierte Systeme erfolgt. Dabei sind etwa folgende Maßgaben zu beachten:

    • die gesamte Anwesenheitszeit der Ärztinnen und Ärzte wird als Arbeitszeit gewertet,
      insbesondere eine Kappung von Arbeitszeiten zur Dokumentation einer tatsächlich nicht vorhandenen Kongruenz mit den arbeitszeitrechtlichen Vorschriften ist ebenso unzulässig wie der Abzug von Pausenzeiten, sofern diese nicht tatsächlich gewährt worden sind,
    • die Zeiterfassung erfolgt an der durch den Arzt genutzten Zugangseinrichtung“.
      „Wir brauchen eine objektive, automatisierte und manipulationsfreie Arbeitszeiterfassung in den Krankenhäusern. Ohne solche vom Marburger Bund lizensierte Systeme werden wir die Anordnung von Bereitschaftsdienst nicht mehr erlauben“, sagte Dr. Andreas Botzlar, MB-Vize und KTK-Vorsitzender bei der Vorstellung der MB-Forderungen in Berlin. Die derzeitige, völlig unsystematische Praxis der Arbeitszeitdokumentation sei geprägt von pauschalen und nachträglichen Kappungen der geleisteten Arbeitszeit.

    Freie Wochenenden

    Der MB fordert, dass „die Anordnung von Bereitschaftsdienst nur dann zulässig“ ist, „wenn innerhalb eines Kalendermonats zwei Wochenenden in der Zeit von freitags 18 Uhr bis montags 7 Uhr von jedweder Arbeitsleistung wie Vollarbeit, Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst frei sind; Urlaubszeiten bleiben hierbei unberücksichtigt“.

    Ärztinnen und Ärzte muss ermöglicht werden, regelmäßig und planbar zwei Wochenenden pro Monat frei zu haben, um ihnen in gleicher Weise wie anderen Arbeitnehmern Zeit mit Freunden und Familie zu ermöglichen oder sich an sozialen Aktivitäten zu beteiligen.

    Abstand zu Schichtdienst

    Der MB fordert, dass „die Anordnung von Bereitschaftsdienst“ voraussetzt, „dass an den elf vorausgehenden Kalendertagen keine Arbeitsabschnitte im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von mehr als jeweils zusammenhängend zehn Stunden Dauer geleistet worden sind“.

    Verlässliche Dienstplanung

    Der MB fordert, dass „die Anordnung von Bereitschaftsdienst nur unter der weiteren Voraussetzung zulässig“ ist, „dass die endgültige Dienstplanung sechs Wochen vor Beginn des jeweiligen Planungszeitraumes bekannt gegeben ist. Die Verletzung dieser Frist wird, ebenso wie die kurzfristige Verpflichtung des Arztes zur Arbeitsaufnahme in Abweichung von der Dienstplanung, mit Sanktionen bewehrt“.

    MB-Chef Rudolf Henke erklärte bei der Vorstellung der Forderungen dazu: „Kurzfristige Dienstverpflichtungen an eigentlich freien Tagen sind eher die Regel als die Ausnahme.“

    Anzahl der Bereitschaftsdienste

    Der MB fordert, dass „die Anordnung von Bereitschaftsdienst im Verlauf eines Kalendervierteljahres durchschnittlich nur viermal monatlich, maximal sechsmal monatlich und in der einzelnen Kalenderwoche maximal zweimal zulässig“ ist; „als ein Bereitschaftsdienst zählt unabhängig von seiner Gesamtdauer die Zeitspanne von Beginn bis Ende des jeweiligen Dienstes“.

    Hier gilt es, fortan Arbeitszeit­exzesse zu verhindern und Ärzte vor psychischer und physischer Überforderung zu schützen – schon im Sinne der Patientensicherheit.

    Keine Vollarbeit nach Bereitschaftsdienst

    Der MB fordert, die „vorgesehene Möglichkeit zur Verlängerung der täglichen Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes auf Fälle“ zu beschränken, „in denen sich die Leistung von Bereitschaftsdienst an einen maximal acht Stunden dauernden Arbeitsabschnitt im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit anschließt. Ein weiterer Arbeitsabschnitt im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit oder die Anordnung von Rufbereitschaft im Anschluss an einen Bereitschaftsdienst sind nicht zulässig“. Damit sollen die Regelungslücken im Tarifvertrag geschlossen werden. Allzu oft werden die bisherigen Regelungen missbraucht, um Arbeitszeiten von Ärzten über den Bereitschaftsdienst hi­naus zu verlängern.

    „Minusstunden“ eindämmen

    Der MB fordert, die Einfügung eines §12 Abs.7 TV-Ärzte/VKA: „Der Arzt erhält für jede Stunde, für die Bereitschaftsdienst angeordnet ist, einen nicht in Freizeit ausgleichbaren Bereitschaftsdienstzuschlag von 50 Prozent des auf die Stunde entfallenden Anteils der Monatsvergütung nach §18 TV-Ärzte/VKA.“

    Die Problematik mit den sogenannten Minusstunden treibt die Mitglieder um. Der Praxis der Arbeitgeber, nach einem 16-stündigen Bereitschaftsdienst Freizeitausgleich in der da­rauf folgenden gesetzlichen Ruhezeit anzuordnen, was faktisch einer Gehaltskürzung gleichkommt, soll damit ein Stückweit entgegen gewirkt werden.

    Lineare Erhöhung

    Der MB fordert ab dem 1. Januar im kommenden Jahr eine ­lineare Erhöhung um fünf Prozent.

    ÖGD

    Der MB fordert, die tarifvertragliche Gleichstellung der Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), um den tariflosen Zustand zu beenden. Das ist zwingend geboten (siehe Artikel unten).

    Tarifsicherung

    Der MB fordert, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass das Tarifeinheitsgesetz nicht zur Anwendung gelangt.

    Laufzeit

    Für die Entgelterhöhung strebt der MB eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2019 an.

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