• Beispiellose Ignoranz

    DRK-Krankenhäuser Chemnitz-Rabenstein und Lichtenstein
    15.November 2019
    Chemnitz
    Das Tarifrecht der Ärztinnen und Ärzte an den sächsischen DRK-Krankenhäusern ist Gegenstand eines beispiellosen Vorgangs, der droht, sich kurzfristig zu einem handfesten Arbeitskampf zu entwickeln.

    DRK-Krankenhäuser Chemnitz-Rabenstein und Lichtenstein kurz vor Eskalation

    Für die Ärztinnen und Ärzte, die an den beiden sächsischen DRK-Krankenhäusern beschäftigt sind, besteht aktuell, anders als bei der Mehrzahl der sächsischen Kliniken bereits üblich, noch kein arztspezifischer Tarifvertrag. Es gilt ein ohne Mitwirkung einer legitimen ärztlichen Interessenvertretung zwischen dem Arbeitgeberverband Wohlfahrts- und Gesundheitsdienste e.V. und dem DHV (einer Gewerkschaft, die in den Krankenhäusern keine repräsentative Anzahl ärztlicher Mitglieder hat) geschlossener Tarifvertrag, in dem die Ärzteschaft ihre Interessen nicht angemessen vertreten sieht.

    Nachdem die organisierte Ärzteschaft der DRK-Krankenhäuser in Rabenstein und Lichtenstein im März 2019 in einer Versammlung beschlossen hatte, mit dem Arbeitgeber Tarifverhandlungen zum Abschluss eines arztspezifischen Tarifvertrages aufzunehmen, wurde der Marburger Bund Sachsen beauftragt, mit der Geschäftsführung der DRK-Krankenhäuser ein Sondierungsgespräch zu führen. So weit, so normal.

    Die entsprechende Bitte um ein Sondierungsgespräch wurde durch den noch amtierenden Geschäftsführer der DRK-Krankenhäuser allerdings zunächst über mehrere Wochen ignoriert. Auf mehrfache Nachfrage des MB Sachsen ließ dieser dann über sein Büro ohne weitere Begründung erklären, dass er mit dem Marburger Bund nicht sprechen werde. Eine solche Reaktion ist absolut unüblich und nicht angemessen.

    Stattdessen zeigte der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Wohlfahrts- und Gesundheitsdienste e.V. an, dass er die tariflichen Rechte der beiden Krankenhäuser vertrete. Unsere Bitte zu einem Sondierungsgespräch lehnte er aber gleichfalls ab, weil man aufgrund der bestehenden Tarifvertragsgrundlagen gehindert sei, Sondierungsgespräche zu führen. Eine Aussage, die selbstverständlich nicht zutrifft. Eine nochmalige Aufforderung durch den MB zur Ermöglichung eines Gespräches blieb bis heute durch die Arbeitgeberseite unbeantwortet.  

    Eine solche Ignoranz gegenüber den erklärten Interessen der organisierten Ärzteschaft ist beispiellos in der sächsischen Krankenhauslandschaft. Offenbar haben die Verantwortlichen beim DRK kein Interesse daran, die berechtigten Anliegen der Leistungsträger ihrer Kliniken zur Kenntnis zu nehmen und ignorieren den durch die Ärzteschaft bezeichneten Veränderungsbedarf bezüglich der weiterhin bestehenden inakzeptablen Tarif- und Arbeitsbedingungen in den DRK-Krankenhäusern. 

    Vor dem Hintergrund der auch in Sachsen anhaltend hohen Nachfrage nach ärztlicher Arbeitskraft ist es nicht nachvollziehbar, dass ein Gespräch mit dem Marburger Bund mit der Begründung abgelehnt wird, man hätte bereits einen Tarifvertrag. Diese Begründung muss auch deshalb verwundern, weil es in anderen Bundesländern seit langer Zeit arztspezifische Tarifverträge zwischen DRK und Marburger Bund gibt und das DRK Sachsen aktuell auch mit der Gewerkschaft ver.di Tarifverhandlungen führt.

    Ein Zeichen der Deeskalation setzte die seit 1. November 2019 als 2. Geschäftsführerin berufene Diana Lohmann, die sich in einem kurzen Gespräch am Rande der Betriebsversammlung am 5. November offen für ein Sondierungsgespräch mit dem MB zeigte. Frau Lohmann blickt auf mehrjährige Leitungserfahrung in verschiedenen Helioskliniken zurück, weshalb wir mit Ihrem Eintritt in die Geschäftsführung der DRK-Krankenhäuser die Hoffnung verbinden, die Kommunikation zwischen Ärztegewerkschaft und Geschäftsführung zu professionalisieren.

    Die Tarifkommission des Marburger Bundes in den DRK-Krankenhäusern und der MB-Landesvorstand haben über eine angemessene Reaktion auf das fragwürdige Verhalten des DRK Sachsen beraten. Wir werden nun zunächst das Gespräch mit Frau Lohmann abwarten, das Anfang Dezember stattfinden soll. Wenn die Verantwortlichen auf Arbeitgeberseite auch weiterhin die Aufnahme von Tarifverhandlungen verweigern, provozieren sie eine Eskalation, die im Ergebnis vor allem den DRK-Krankenhäusern schaden wird. Wer die Forderung der Ärzteschaft nach einem eigenen Tarifvertrag konsequent ablehnt, muss damit rechnen, dass sich zukünftig Ärztinnen und Ärzte nicht mehr für eine Tätigkeit in Rabenstein oder Lichtenstein entscheiden werden.