• Abmahnung erhalten?

    Der Marburger Bund - Rechtstipp - Teil 1
    29.Mai 2017
    Die Juristinnen und Juristen in den Landesverbänden beraten die MB-Mitglieder in allen arbeitsrechtlichen Angelegenheiten von A-Z - im meist unvorhergesehenen Rechtsstreit ein unschätzbarer Vorteil. In einer neuen Serie wollen wir Ihnen zu ausgewählten arbeitsrechtlichen Themen Tipps an die Hand geben, um eine für Sie wahrscheinlich neue Situation erst einmal einordnen zu können. Bitte wenden Sie sich aber in jedem Fall zur umfassenden persönlichen Beratung an Ihren Landesverband. In unseren Beratungen werden wir häufig gefragt, wie mit Abmahnungen umzugehen ist. Die Ursachen für eine Abmahnung sind sehr unterschiedlich. Ob zu hoher Arbeitsdruck, Organisationsmängel oder Missverständnisse mit Kollegen oder Vorgesetzten – im Einzelfall kann es sich tatsächlich um einen individuellen Fehler handeln. Möglich ist aber auch, dass die Atmosphäre in der Abteilung, das Verhältnis zum Chefarzt oder andere Gründe den Arbeitgeber mit dem Ausspruch der Abmahnung eine bestimmte Strategie verfolgen lassen. Wir helfen Ihnen, damit sie in einer solchen Situation optimal reagieren können.

    Zunächst kurz zum Begriff der Abmahnung: Anders als eine Rüge oder Ermahnung kommt der Abmahnung eine rechtliche Qualität zu. Sie wird regelmäßig schriftlich ausgesprochen und nimmt einen konkreten Vorfall zum Anlass, auf eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung hinzuweisen (Rügefunktion), eine Verhaltensänderung für die Zukunft einzufordern (Aufforderungsfunktion) und im Wiederholungsfalle mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu drohen (Warnfunktion). Bei wiederholten gleichartigen Pflichtverstößen kann der Arbeitgeber unter Umständen das Arbeitsverhältnis sogar fristlos aus verhaltensbedingten Gründen kündigen.

    Häufig wird vor oder im Rahmen der Übergabe der Abmahnung ein Personalgespräch geführt. In diesem Gespräch sollten Sie sich zunächst zurückhalten, sich die Vorwürfe schildern lassen und keine übereilten Aussagen treffen. Werden Sie aufgefordert, die Abmahnung zu unterschreiben, sollten Sie auf keinen Fall den Inhalt des Vorwurfs, sondern allenfalls lediglich den Erhalt der Abmahnung quittieren. Am besten unterzeichnen Sie nichts!

    Häufig fordert der Arbeitgeber mit einer kurzen Frist eine schriftliche Stellungnahme und setzt Sie so unter erheblichen Druck. Den der Abmahnung zugrundeliegenden Vorwurf sollten Sie zunächst genau prüfen. Treffen die Vorwürfe zu, sollten Sie eine gesichtswahrende Entschuldigung mit dem Ziel der weiteren gedeihlichen Zusammenarbeit erwägen. Sind die Vorwürfe jedoch falsch, sollten Sie eine schriftliche Gegendarstellung verfassen.

    Wenn dem Arbeitgeber unter Umständen bei der Erstellung der Abmahnung formelle Fehler unterlaufen sein sollten, rügen Sie auf keinen Fall formelle Mängel, denn die damit unwirksame Abmahnung könnte vom Arbeitgeber nachgebessert werden. Ihre inhaltliche Stellungnahme sollten Sie sehr sorgfältig und am besten mit Unterstützung der Rechtsabteilung ihres MB-Landesverbandes erstellen.

    Der Grundsatz, dass Ihr Arbeitgeber die Abmahnung nach einem Zeitraum von etwa drei Jahren wieder aus der Personalakte entfernen muss, gilt nach der aktuellen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung so nicht mehr. Je nach Schwere des Vorwurfs können deshalb auch ältere Abmahnungen für eine spätere Kündigung noch relevant sein.

    Ist der Abmahnungsvorwurf auf grundsätzliche Organisationsmängel in der Abteilung zurückzuführen, kann es sinnvoll sein, den an sich für Rechtsberatung nicht zuständigen Betriebs- oder Personalrat zur Unterstützung einzuschalten. Auch eine Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte ist möglich, aber oft nicht der sinnvollste Weg, da in einem Kündigungsschutzverfahren die Wirksamkeit der Abmahnung ohnehin geprüft würde. In jedem Fall helfen wir Ihnen gerne weiter – wenden Sie sich bitte an uns!