„Nachdem das Papier bereits Anfang November auf der 146. Hauptversammlung des Marburger Bundes in Berlin breite Zustimmung gefunden hatte, haben wir es nun in die nordrheinische Kammerversammlung eingebracht. Die Delegierten haben unserem Antrag zugestimmt. Damit ist das Thesenpapier nun offizieller Beschluss der Ärztekammer Nordrhein“, erklärte Clara Kerth.
Dieser Erfolg zeigt, wie wirkungsvoll Engagement sein kann - und wie wichtig es ist, eigene Erfahrungen und Ideen aktiv einzubringen. Wer sich beteiligt, kann Veränderungen anstoßen, Entwicklungen mitgestalten und den Arbeitsalltag für die kommenden Kolleginnen und Kollegen nachhaltig verbessern.“
Wenn Sie sich auch im Arbeitskreis Junge Ärztinnen und Ärzte engagieren möchten, melden Sie sich unter info@marburger-bund.net. Wir freuen uns mit Ihnen etwas verändern zu können.
MB-Thesenpapier für Respekt und Kollegialität in der Gesundheitsversorgung und für die ärztliche Weiterbildung
Die Ärztekammer Nordrhein fordert eine zeitgemäße Arbeits- und Führungskultur in allen Gesundheitseinrichtungen und formuliert folgende aktuelle Leitsätze, im Einklang mit dem Genfer Gelöbnis:
1. Kollegialität als Grundpfeiler ärztlicher Ethik Wir begegnen unseren ärztlichen Kolleginnen und Kollegen und nicht-ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit demselben Respekt, den wir für unsere Patientinnen und Patienten aufbringen. Ein respektvolles und unterstützendes Miteinander fördert die Sicherheit für Patientinnen und Patienten und unsere eigene berufliche Entwicklung. Wir verpflichten uns, respektvolles Verhalten aktiv vorzuleben und fordern dies auch von unserer Umgebung, von Vorgesetzten und Trägerstrukturen.
2. Wissen teilen statt Hierarchien festigen Erfahrung und Wissen sollten systematisch und fair weitergegeben werden. Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung sind auf ehrliche, didaktisch wertvolle Supervision angewiesen. Wer sein Wissen teilt, stärkt nicht nur seine Kolleginnen und Kollegen, sondern auch das gesamte Gesundheitssystem. Dazu fordern wir feste Zeitfenster und institutionelle Rahmenbedingungen für Supervision, Lehre und strukturiertes Feedback.
3. Schutz vor Diskriminierung und Machtmissbrauch Respekt und Hierarchie sind keine Gegensätze. Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Sexualität, Krankheit, Religion, Herkunft oder Status ist mit unserer ärztlichen Ethik unvereinbar. Machtmissbrauch und toxische Arbeitskulturen müssen aktiv adressiert und unterbunden werden.
4. Fehlerkultur statt Schuldzuweisungen Fehler sind menschlich - und wir müssen sie als Gelegenheit zur gemeinsamen Reflexion und Verbesserung nutzen. Schuldzuweisungen und eine Kultur der Angst hingegen gefährden die Sicherheit der Patientinnen und Patienten und belasten das Arbeitsklima. Daher treten wir als Ärztinnen und Ärzte für eine offene Fehlerkultur anstatt angstbesetzter Schuldzuweisungen ein.
5. Gesundheit der Ärztinnen und Ärzte ist Voraussetzung für gute Medizin Chronische Überlastung und Erschöpfung gefährden nicht nur uns, sondern auch unsere Patientinnen und Patienten. Wir fordern und fördern eine Arbeitskultur, die die nötige Erholung und psychische sowie physische Gesundheit als essenziellen Bestandteil ärztlicher Professionalität anerkennt. Dazu gehören verbindliche Ruhezeiten, verlässliche Dienstpläne und ein Ende systematischer Überlastung.
6. Offenheit für Feedback – in alle Richtungen Feedback ist keine Einbahnstraße: Nicht nur Weiterzubildende, sondern auch erfahrene Ärztinnen und Ärzte profitieren von Rückmeldungen. Wir schaffen eine Kultur, in der angemessenes, konstruktives Feedback und Evaluation erwünscht ist und keine Repressalien dafür befürchtet werden müssen.
7. Fairness in Karrierewegen und Anerkennung Gleiche Leistung verdient gleiche Wertschätzung. Beförderungen, Forschungsförderungen und Weiterbildungen müssen nach Kompetenz und Engagement vergeben werden – nicht nach persönlicher Nähe zu Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern.
8. Medizin ist Teamarbeit, nicht Konkurrenz Gute Medizin entsteht im Austausch, nicht im Wettbewerb. Respekt und Kooperation unter Kolleginnen und Kollegen sind die Basis für eine patientenzentrierte Versorgung und eine erfüllende ärztliche Laufbahn. Wir bekennen uns ausdrücklich zur Interprofessionalität: Ärztliche Arbeit gelingt nur im engen Schulterschluss mit Pflegefachpersonen, Hebammen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Psychologen, Sozialarbeitern und weiteren Gesundheitsberufen.
