• Ambulante und stationäre Patientenversorgung muss funktionsfähig bleiben

    Rudolf Henke fordert Schutzmaterialien, Aussetzung aller Dokumentationspflichten, ausreichende Impfstoffe und finanzielle Absicherung von Praxen, MVZ und Kliniken
    06.Dezember 2020
    Düsseldorf (mhe). Corona fordert weiterhin viel Geduld heraus. „Auch wenn es gelingen wird, Anfang nächsten Jahres einen funktionierenden und ausreichend geprüften Impfstoff zu erhalten, so wird das sicherlich nicht von jetzt auf gleich unsere Situation ändern. Denn wir werden nicht genug Impfstoff in ausreichender Menge für die gesamte Bevölkerung bereithalten können, und die Logistik für eine große Impfwelle muss erst aufgebaut werden“, erklärte der Präsident der nordrheinischen Ärztekammer, Rudolf Henke bei der 4. Kammerversammlung, die digital stattfand.

    Nach Angaben der WHO gibt es weltweit über 200 Impfstoffentwicklungen, darunter deutsche Firmen. „47 Impfstoff-Kandidaten befinden sich derzeit in klinischen Studien, 155 werden in präklinischen Studien erprobt“, bilanzierte Rudolf Henke. „Wichtig ist, dass wir jetzt in Ruhe und Sorgfalt etwa die exakten Daten der Phase-3-Studien von Biontech und Pfizer prüfen, um zu einer abschließenden Einschätzung über den Impfstoff zu kommen. Denn einige Fragen sind noch offen. Wie lange hält der Impfstoff? Ist er in verschiedenen Gruppen gleichermaßen wirksam?“

    "Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut hat gemeinsam mit dem Deutschen Ethikrat und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina vor wenigen Tagen Empfehlungen für einen gerechten und geregelten Zugang zu einem Covid-19-Impfstoff öffentlich vorgestellt. In den politischen Überlegungen spielt - entgegen falscher Behauptungen – eine Impfpflicht keine Rolle. Eher wird es darum gehen, den erstmals begrenzten Impfstoff prioritär für den Schutz des Gesundheitssystems und der Risikogruppen einzusetzen."

    Es sei wichtig, dass die Ärzteschaft in die Umsetzungsüberlegungen früh genug eingebunden werde. Die Einführung eines neuen Impfstoffs werde sicherlich auch eine kommunikative Meisterleistung werden müssen. „Zum einen, um Sorgen und Ängste zu nehmen, die mit der Einführung eines neuen Impfstoffs verbunden sind. Hier bedarf es absoluter Transparenz und valider Informationen, die allen Bürgern eine informierte Impfentscheidung ermöglichen. Zum anderen darf die prioritäre Verteilung nicht zu gesellschaftlichem Unmut führen. Diesen erleben viele Kollegen in den Praxen schon heute hautnah, wenn es etwa um die begrenzte Verfügbarkeit der Pneumokokkenimpfung und temporär auch um die eingeschränkte Verfügbarkeit des Grippeimpfstoffs geht.“

    „Die temporär begrenzte Verfügbarkeit dieser beiden Impfstoffe führt aktuell dazu, dass in unseren Praxen überwiegend nur die vom RKI definierten Risikogruppen geimpft werden. Umso ärgerlicher ist es, wenn einige Krankenkassen oder die Politik Grippeimpfungen für alle in Aussicht stellen, oder wenn in Apotheken die Patienten geimpft werden, die wir in unseren Praxen nicht impfen können, um den Impfstoff für Risikopatienten zu verwenden. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.“

    „In der derzeitigen hochdynamischen Situation sind der Erhalt der Funktionsfähigkeit der ambulanten und stationären Patientenversorgung sowie die personelle und strukturelle Nachrüstung unserer Gesundheitsämter von zentraler Bedeutung.“

    Rudolf Henke forderte daher die Bereitstellung aller nötigen Schutzmaterialien, die Aussetzung aller Dokumentationspflichten, um sich auf die Patientenversorgung konzentrieren zu können, Impfstoffe in ausreichenden Mengen und die finanzielle Absicherung von Arztpraxen, MVZ und Kliniken.

    Nachfolgend alle Entschließungen:

    Appell der Kammerversammlung: Pandemiebekämpfung braucht Solidarität

    Die Corona-Pandemie stellt die Gesellschaft im Allgemeinen und das Gesundheitswesen im Besonderen in Deutschland und weltweit vor eine der größten Herausforderungen der letzten Jahrzehnte. Die beispiellose Einsatzbereitschaft von Ärztinnen und Ärzten und den Angehörigen der  Gesundheitsfachberufe haben zusammen mit der breiten, altersgruppenübergreifenden Akzeptanz der Bevölkerung für die notwendigen Schutzmaßnahmen dazu geführt, dass unser Land bis jetzt vergleichsweise gut durch die erste Welle der Pandemie gekommen ist.

    Ärztinnen und Ärzte werden auch in den noch bevorstehenden Herbst- und Wintermonaten ihr Möglichstes tun, um die Gesundheit und das Leben ihrer Patientinnen und Patienten, wie auch ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Damit dies gelingen kann, appelliert die Kammerversammlung an die Solidarität der Menschen in unserem Kammerbereich:

    Bitte setzen Sie die grundlegenden, einfachen Regeln zur Eindämmung der Pandemie konsequent um!

    Halten Sie Abstand! - Beachten Sie die Hygieneregeln! - Tragen Sie Alltagsmasken!
    Lüften Sie regelmäßig! - Nutzen Sie die Corona-Warn-App!

    Die Kammerversammlung bekräftigt die gemeinsame Position von Bundesärztekammer, den Landesärztekammern, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der wissenschaftlichen Fachgesellschaften und zahlreicher ärztlicher Verbände, dass es für die Wirksamkeit dieser Maßnahmen schlüssige Belege gibt. Gerade angesichts der Tatsache, dass derzeit Infektionen häufig nicht auf einen klaren Ursprung zurückgeführt werden können, haben diese erwiesenermaßen wirksamen Maßnahmen größte Bedeutung. Es ist daher sehr wichtig, diese einfachen Regeln zur Infektionsvermeidung zu beherzigen, um selbst gesund zu bleiben, um Risikogruppen wie ältere oder chronisch erkrankte Menschen zu schützen, aber auch, um die Gesamtgesellschaft vor weiteren schweren Belastungen bis hin zu Überforderungen zu bewahren.

    Die Kammerversammlung appelliert auch an alle Ärztinnen und Ärzte, ihren Einfluss und ihre Vertrauensstellung weiterhin zu nutzen, um die Bevölkerung, und insbesondere Patientinnen und Patienten zur Einhaltung der Infektionsschutzregeln und zur Nutzung der Corona-Warn-App zu motivieren.

    Strategien für die Pandemie-Bewältigung im Herbst und Winter

    Angesichts eines kritischen Anstiegs der Infektionszahlen zuletzt auch in den Altersgruppen mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe und einer starken Zunahme der Zahl der intensiv- und beatmungspflichtigen Patientinnen und Patienten sind die aktuellen Kontaktbeschränkungen erforderlich, um eine Überlastung der Intensivkapazitäten abzuwenden. Unabhängig vom Erfolg dieser Maßnahmen steht unserem Land jedoch noch eine monatelange Herbst- und Winterzeit bevor, in der die Pandemie eine erhebliche Herausforderung bleiben wird.

    Eine erfolgreiche Strategie für diese Monate muss folgende Elemente beinhalten:

    1. Grundlegende Verhaltensregeln umsetzen

    Die grundlegenden Verhaltensregeln (AHA+L+C-Regel) sind weiterhin intensiv zu verbreiten, zu erklären und durchzusetzen. Gesellschaftliche Gruppen, die bisher ungenügend erreicht worden sind, müssen dabei durch geeignete Kommunikationsformate stärker als bisher in den Blick genommen werden. Darüber hinausgehende Kontaktbeschränkungen und weitere Maßnahmen müssen möglichst einfach, transparent, einheitlich und nachvollziehbar sein, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu stärken.

    2. Hygienekonzepte für das gesellschaftliche Leben evaluieren

    Für eine Vielzahl von Bereichen des Wirtschafts- und Gesellschaftslebens sind in den vergangenen Monaten Hygienekonzepte entwickelt und umgesetzt worden. Die Wirksamkeit dieser Konzepte ist jedoch oft unzureichend evaluiert. Wenn ein Rückgang der Infektionszahlen eine Rücknahme der geltenden Kontaktbeschränkungen in bestimmten Bereichen wieder vertretbar erscheinen lässt, sollte dies wo immer möglich regional unter wissenschaftlicher Begleitung erprobt werden, um Evidenz für die erforderlichen Schutzmaßnahmen gewinnen.

    3. Infektionserkennung und Kontaktpersonen-Nachverfolgung weiterentwickeln

    Der Identifikation von Infizierten und der Nachverfolgung der Kontaktpersonen kommt weiterhin eine hohe Bedeutung zu. Angesichts der hohen Zahl von Infizierten und Kontaktpersonen stoßen die bisher dazu angewendeten Konzepte jedoch an Grenzen. Mit Blick auf die Nachverfolgung von Kontaktpersonen sind die Möglichkeiten der Digitalisierung deshalb voll auszuschöpfen.

    Außerdem helfen einfache und einheitliche Regeln den Infizierten und Kontaktpersonen dabei, das richtige Verhalten auch schon vor einer Kontaktaufnahme durch das Gesundheitsamt umzusetzen.

    Die Zahl der Tests muss weiterhin auf hohem Niveau gehalten werden. Dazu ist die schrittweise Wiedereröffnung von Testzentren überall dort sinnvoll, wo aufgrund des hohen Volumens eine Testung allein in den Arztpraxen nicht mehr ausreicht. Da jedoch keine unbegrenzte Steigerung der Tests möglich sein wird, ist immer wieder zu überprüfen, wie die verfügbaren Testungen möglichst gezielt eingesetzt werden können. Ebenso sind auf Basis des kontinuierlichen Erkenntnisfortschrittes die Quarantänevorgaben regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Deswegen sind die Anfang November vom Robert-Koch-Institut vorgenommenen Strategie-Ergänzungen zu begrüßen. Auch in den kommenden Monaten sind die Empfehlungen im Austausch mit den an der Versorgung Beteiligten immer wieder zu überprüfen und ggf. anzupassen.

    4. Risikogruppen besonders schützen

    Je weiter die Pandemie fortschreitet, desto mehr Gewicht muss auf den besonderen Schutz von Risikogruppen gelegt werden. Dazu sind Schutzmaterialien verfügbar zu machen, soweit dies der vorrangige Bedarf in der medizinischen und pflegerischen Versorgung zulässt. Außerdem kommt in diesem Zusammenhang den Schnelltests in Pflegeheimen und anderen Einrichtungen eine wichtige Bedeutung zu. Auch für Risikopersonen außerhalb von Einrichtungen müssen Wege gefunden werden, den notwendigen Schutz mit dem erforderlichen Maß an sozialem Kontakt in Einklang zu bringen. Schnelltests für Angehörige und Helfer können auch hier eine Rolle spielen. Schnelltests können hierfür allerdings nur bereitgestellt werden, soweit dadurch nicht die prioritäre Bereitstellung für die medizinische und pflegerische Versorgung gefährdet wird. Daneben sind Angebote der Nachbarschaftshilfe zu stärken und Zeitkorridore z.B. im Einzelhandel oder in bestimmten Bereichen des öffentlichen Raums zu prüfen.

    5. Gestufte Behandlungskriterien und -strukturen entwickeln

    Wenn die Zahl der Erkrankten weiter zunimmt, sind elektive Eingriffe schrittweise auszusetzen bzw. aufzuschieben, um die Notfallversorgung aller Patientinnen und Patienten nicht zu gefährden (unabhängig davon, ob sie an COVID-19 oder einer anderen Erkrankung leiden). Außerdem sind ergänzend zur üblichen ambulanten und stationären Behandlung weitere gestufte Versorgungsstrukturen einzubeziehen, um eine Überlastung der Krankenhäuser und Intensivstationen abzuwenden. Dazu gehören ambulante Behandlungszentren ebenso wie Ausweichkrankenhäuser, die z.B. unter Einbeziehung von Rehakliniken zu eröffnen sind. Auf Erfahrungen bzw. Vorbereitungen aus der ersten Welle der Pandemie kann dabei zurückgegriffen werden. Außerdem sind regionale und überregionale Kooperationsstrukturen zur gegenseitigen Hilfe bei drohender Überlastung zu etablieren.

    6. Impfstrategie entwickeln

    Möglicherweise werden noch im Laufe des Winters die ersten Impfstoffe gegen COVID-19 zugelassen. Deswegen sind die Vorbereitungen einer landesweiten Impfstrategie und -logistik zügig voranzutreiben. Bei der Planung von Impfzentren ist die ärztliche Selbstverwaltung einzubeziehen. Grundgedanken der Strategie müssen die Freiwilligkeit und die Priorität für medizinisches und pflegerisches Personal sowie für Risikogruppen sein. Einzelheiten der Priorisierung können erst in Kenntnis der Impfstoffeigenschaften festgelegt werden. Da die Impfstoffe zunächst nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen werden und ihre Wirksamkeit bei der Verhütung von Erkrankung und Infektiösität noch nicht sicher eingeschätzt werden kann, sind Impfungen als zusätzlicher Baustein, aber nicht als Ersatz für die anderen Bestandteile der Gesamtstrategie anzusehen.

    7. Landesweite Beratungs- und Kommunikationsstruktur etablieren

    In Nordrhein-Westfalen besteht seit geraumer Zeit kein strukturierter, regelmäßiger Austausch der Landesregierung mit den Institutionen des Gesundheitswesens zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie. Einzelkontakte und -gespräche können einen strukturierten, transparenten Austausch nicht ersetzen. Aktuell wurde die Landesgesundheitskonferenz für dieses Jahr abgesagt. So verständlich es ist, dass unter den aktuellen Bedingungen keine „normale“ Landesgesundheitskonferenz stattfinden kann, so dringend ist die Etablierung eines strukturierten Austausches per Telefon- oder Videokonferenz erforderlich, um für alle Akteure einen gleichen Informationsstand herzustellen, um Anregungen aufzunehmen, Probleme zu identifizieren, die jeweils nächsten Schritte zu erörtern und um anschließend so weit als möglich mit einer Stimme zu sprechen. Die Kammerversammlung fordert die Landesregierung auf, diesen Austausch schnellstmöglich zu etablieren.

    Corona-Pandemie - Erfordernisse der Patientenversorgung

    Die Corona-Pandemie trifft unser Land hart. Ärztinnen und Ärzte blicken mit Sorge auf die massiv steigenden Infektions- und Erkrankungszahlen.

    In dieser eskalierenden Situation ist der bestmögliche Erhalt der Funktionsfähigkeit der ambulanten und stationären Patientenversorgung von zentraler Bedeutung. Dazu sind folgende Maßnahmen erforderlich:

    Koordination der Versorgung

    Die Versorgung muss regional, überregional (Regierungsbezirke) und auf Landesebene über Krisenstäbe unter Einbeziehung der Ärztekammer und Vertretung aller weiteren Beteiligten koordiniert werden. Ziel muss eine gestufte Versorgung von der Diagnostik über das Monitoring der Infizierten, die Behandlung der Erkrankten und die Nachsorge sein, damit die vorhandenen personellen und materiellen Ressourcen optimal eingesetzt werden, um eine Überlastung mit nachfolgendem Kollaps, wie a.a.O. in der Vergangenheit belegt, zu vermeiden. Landesweit sind Rahmenvorgaben zur rechtzeitigen Zurückstellung elektiver Eingriffe erforderlich, auf deren Basis in den Regionen sinnvolle Absprachen getroffen werden können. Auch überregional sind Absprachen zur gegenseitigen Entlastung im Bedarfsfall zu treffen.

    Schutz des Personals in der Patientenversorgung

    Die dramatischen Engpässe bei der Versorgung mit Schutzmaterial, die wir im Frühjahr erlebt haben, dürfen sich nicht wiederholen. Sowohl in der ambulanten als auch der stationären Patientenversorgung müssen alle erforderlichen Schutzmaterialien im erforderlichen Umfang bereitgestellt und finanziert werden. Eine ausreichende Bevorratung muss vor Ort und landesweit sichergestellt und mit einem Monitoring verbunden werden, um Engpässe frühzeitig erkennen und ausgleichen zu können. Bei der Verteilung von für den medizinischen Bereich zertifizierten FFP2-Masken müssen medizinische und pflegerische Einrichtungen Priorität haben. Corona-Testungen für das Personal müssen in ausreichendem Umfang bereitgestellt, zeitnah umgesetzt und finanziert werden. Alle in der Gesundheitsversorgung Tätigen müssen sich darauf verlassen können, dass mit Blick auf zusätzliche Risiken, denen sie sich aussetzen, eine umfassende, in der Regel berufsgenossenschaftliche Absicherung gilt.

    Entbürokratisierung und Entlastung von patientenfernen Tätigkeiten

    Ärztinnen und Ärzte, Medizinische Fachangestellte, Pflegekräfte und alle weiteren Gesundheitsfachberufe müssen sich in der Krise auf die unmittelbare Patientenversorgung konzentrieren können. Wo die Bewältigung der Pandemie und die Versorgung von COVID-Patienten in den Vordergrund tritt, müssen Dokumentationspflichten zu Abrechnungs-, Kontroll- und Qualitätssicherungszwecken ausgesetzt werden, soweit sie nicht zwingend nötig sind. MDK-Prüfungen gehören ebenfalls nicht in diese Phase der Pandemie.

    Finanzielle Absicherung der Versorgung

    Arztpraxen, MVZ und Krankenhäuser, die ihre Prioritäten auf die Versorgung von COVID-Patienten ausrichten oder im Rahmen einer Aufgabenteilung andere Lasten übernehmen, müssen die Gewissheit haben, dabei finanziell abgesichert zu sein. Dazu ist eine effektive Schutzschirmregelung für die Praxen und der Ausgleich von COVID-bedingten Mindererlösen für die Krankenhäuser erforderlich.

    Die richtige Konsequenz aus der Pandemie ziehen: Den Öffentlichen Gesundheitsdienst jetzt nachhaltig stärken!

    Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gemacht, wie gefährlich die jahrzehntelange Vernachlässigung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) für unser Land war. Nun muss schnell die richtige Konsequenz gezogen werden.

    Der inzwischen vereinbarte „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ muss von Bund, Ländern und Kommunen konsequent, zügig und bundesweit umgesetzt werden. Dazu gehört eine bessere technische Ausstattung und die überfällige Digitalisierung der Meldevorgänge und des gesamten Infektionsmanagements. Dazu gehört auch die zügige Realisierung der mit dem Patienten-Daten-Schutzgesetz beschlossenen Anbindung des ÖGD an die Telematikinfrastruktur. Wesentliche Voraussetzung ist jedoch die Verbesserung der personellen Ausstattung.

    Die Kammerversammlung begrüßt in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen, den Gesundheitsämtern im nächsten halben Jahr 1.000 zusätzliche Personalstellen für die Kontaktpersonennachverfolgung durch die Abordnung von Landesbediensteten und durch zusätzliche Mittel in Höhe von 25 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Auch dieses Vorhaben muss schnellstmöglich verwirklicht werden.

    Dreh- und Angelpunkt bleibt jedoch die Ausstattung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes mit qualifizierten Ärztinnen und Ärzten. Dieses zentrale Problem wird durch die bisher auf Bundes- und Landesebene beschlossenen Maßnahmen nicht gelöst. Denn dazu ist eine tariflich gesicherte, arztspezifische Vergütung unabdingbar. Gerade der jüngste Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst hat an dieser Notwendigkeit nichts geändert. Dieser Tarifabschluss bringt für die Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern keine durchgreifende Verbesserung mit sich. Die erhebliche Gehaltsbenachteiligung gegenüber Ärztinnen und Ärzten in anderen Versorgungsbereichen besteht weiter fort. Die Kammerversammlung appelliert daher an die Oberbürgermeister und Landräte in Nordrhein, nun unmittelbar in ihrem Verantwortungsbereich einen arztspezifischen, arbeitsmarktadäquaten Tarifvertrag zu realisieren.

    Schließlich erneuert die Kammerversammlung ihre Forderung nach einer stärkeren Koordination des Öffentlichen Gesundheitsdienstes über die Landesebene. Die lokale und regionale Ebene ist für die Bewältigung der Krise zwar von entscheidender Bedeutung. Sie muss jedoch durch eine starke überregionale und landesweite Koordination mit klaren Rahmenvorgaben unterstützt werden. Unterschiedliche Vorgehensweisen der Gesundheitsämter führen gerade in benachbarten Kreisen und Städten zu Irritationen in der Bevölkerung und bei den weiteren Partnern in der Gesundheitsversorgung. Deswegen müssen die Strukturen auf Landesebene weiterentwickelt werden.

    Verteilung von Impfstoff gegen saisonale Influenza

    Die Mitglieder der Kammerversammlung erwarten von der Politik eine wirksame öffentliche Klarstellung, dass die noch ausstehenden Auslieferungen von Grippeimpfstoffen zielgerichtet für die Personenkreise verwendet werden müssen, die eines besonderen Schutzes bedürfen.

    Die Mitglieder der Kammerversammlung erwarten außerdem von der Politik, die in der Öffentlichkeit entstandenen Kommunikationsdefizite bezüglich der Zielgruppe der Grippeimpfung aufzugreifen und nachdrücklich für ein Verständnis der Bevölkerung zu werben, dass die noch erwartete Impfstoffmenge vorrangig den durch eine Influenza-Infektion besonders gefährdeten Risikogruppen vorbehalten sein soll. Die beim Robert-Koch-Institut angesiedelte Ständige Impfkommission benennt hier Menschen ab 60 Jahren, Menschen mit chronischer Grunderkrankung, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr, medizinisches Personal, Kontaktpersonen von Menschen mit bestimmtem Risiko (Kokonstrategie), Schwangere.

    Impfen gehört in ärztliche Hand - Modellversuche in Apotheken sofort aussetzen

    Die Kammerversammlung fordert die sofortige Aussetzung der Modellversuche zur Grippeimpfung in Apotheken. Impfen ist eine ärztliche Aufgabe. Noch widersinniger sind die Modellversuche angesichts der aktuellen Herausforderungen der Corona-Pandemie und der derzeitigen Knappheit des Grippeimpfstoffes.

    Apotheken müssen sich in dieser Zeit auf ihre originären und herausfordernden Aufgaben in der Impfstoffversorgung fokussieren. Die Durchführung von Impfungen in Apotheken hingegen läuft einer effektiven, bedarfsadjustierten Impfstrategie im Sinne der Ziele des Nationalen Impfplans zuwider. Impfungen in Apotheken sind medizinisch-fachlich unvertretbar, können das erforderliche hohe Vertrauen der Bevölkerung in die Sicherheit von Impfungen gefährden und sind zudem unter Versorgungsgesichtspunkten ineffektiv und teuer. Es besteht gerade bei der unzureichenden Belieferung der Praxen durch Apotheken die Gefahr, dass für die vorrangig zu Impfenden in Arztpraxen Impfdosen fehlen, die für Modellversuchsimpfungen verbraucht wurden.

    Modellversuche dieser Art passen nicht in eine Zeit der Pandemie, in der alle vorhandenen Kräfte entsprechend ihrer Profession zielgerichtet und gebündelt eingesetzt werden müssen. Der Gesetzgeber wird dringend aufgefordert, die entsprechenden Regelungen unverzüglich auszusetzen. Die Impfung der Patienten muss in ärztlicher Hand bleiben.

    Denn nur Ärztinnen und Ärzte sind qualifiziert für die Impfanamnese, den Ausschluss akuter Erkrankungen, die Aufklärung zur Impfung sowie für die Beherrschung nie ganz auszuschließender Nebenwirkungen wie zum Beispiel allergischer Reaktionen. Diese Kompetenz erwerben Ärztinnen und Ärzte durch das sechsjährige Medizinstudium. Sie wird durch die ärztliche Approbation attestiert. Apothekerinnen und Apotheker können diese Kompetenz nicht dadurch erwerben, dass sie – wie im Rheinland – eine insgesamt 9-stündige Schulung absolvieren.

    Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert den Gesetzgeber auf, sicherzustellen, dass Schutzimpfungen im Zusammenspiel mit weiteren Präventionsleistungen in ärztlicher Hand bleiben.

    Refinanzierung des elektronischen Heilberufsausweises (eHBA)

    Ab 2021 wird der Einsatz des eHBA für Ärztinnen und Ärzte, die gesetzlich krankenversicherte Patientinnen und Patienten behandeln, zur Pflicht. So sollen z. B. Arbeitsunfähigkeits-bescheinigungen ausschließlich elektronisch an die entsprechende Krankenkasse übertragen werden. Die Übermittlung erfolgt innerhalb der Telematik Infrastruktur mittels eines KIM-Dienstes (Kommunikation im Medizinwesen). Der eHBA übernimmt hierbei die Funktion der Verschlüsselung und der rechtsverbindlichen Signatur auf der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU).

    Die Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft haben für Ärztinnen und Ärzte mit dem GKV-Spitzenverband jeweils eine Finanzierungsvereinbarung getroffen. Gemäß diesen Vereinbarungen erhalten Ärztinnen und Ärzte auf Antrag eine Erstattung von jährlich insgesamt 46,52 €. Allerdings betragen die tatsächlich anfallenden regelmäßigen Kosten rund 100 € pro Jahr. Eine weitere Maßnahme der Finanzierung zur Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens geht somit zu Lasten der Ärztinnen und Ärzte.

    Vergleichbare (nichtärztliche) Signaturkarten verfügen aus technischer Sicht über identische Funktionen wie ein eHBA (Authentisierung, Verschlüsselung und qualifizierte elektronische Signatur). Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Eigenschaft als Arzt/Ärztin auf dem Zertifikat des eHBA hinterlegt ist. Die Signaturfunktion einer solchen allgemeinen Signaturkarte ist genauso rechtsverbindlich, wie die Signatur eines eHBA. Die Kosten    für eine solche Signaturkarte sind allerdings deutlich geringer.

    Für eine zielführende Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen ist eine breite Akzeptanz der Ärzteschaft zwingend notwendig. Dies sollte sich u. a. in einer fairen Refinanzierung des eHBA widerspiegeln.

    Die Kammerversammlung fordert, dass die bundesdeutsche Gesundheitspolitik auf eine 100% Refinanzierung des eHBA für alle Ärztinnen und Ärzte im SGB V-Rechtsbereich hinwirkt.

    T-Systems: https://www.telesec.de/de/produkte/signaturkarte/ueberblick

    DGN: https://www.dgn.de/produkt/dgn-businesscard/

    Bundesdruckerei: https://shop.secrypt.de/produkt/d-trust-einzel-signaturkarte/

    Betriebsärztliche Kompetenz in Pandemiezeiten weiter stärken: Weiterentwicklung der Vorschrift 2 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung in Zeiten der Pandemie

    Die Kammerversammlung unterstützt den Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) in seinen Bemühungen, in Zeiten der Corona-Epidemie eine Weiterentwicklung der Vorschrift 2 der Deutschen Unfallversicherung zu erwirken.

    Während der Pandemiezeit ist der Beratungsaufwand für Betriebs- und Werksärzte im Rahmen der Grundbetreuung deutlich erhöht. Neben der Grundbetreuung entsteht ebenfalls ein erhöhter Aufwand besonders schutzbedürftiger Personen im betriebsspezifischen Teil der DGUV 2.

    Die betrieblichen Einsatzzeiten in der Grundbetreuung sollten in den jeweiligen Gruppen um 6 Minuten pro Beschäftigtem erhöht werden, unabhängig von der Gruppeneinteilung der Einsatzzeiten in der Grundbetreuung.

    Krankenhausplanung

    Die Kammerversammlung begrüßt die grundsätzliche Ausrichtung der neuen Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen und benennt fünf zentrale Handlungsfelder für den nachhaltigen Erfolg dieser Planung:

    1. Eine differenzierte Planung erfordert fundierte medizinisch-fachliche Grundlagen und eine sorgfältige Folgenabschätzung.

    Es ist gut, dass Nordrhein-Westfalen auf eine bessere Strukturierung, auf sinnvolle Aufgabenteilung und auf mehr Kooperation der Krankenhäuser untereinander und mit den niedergelassenen Ärzten setzen will. Der geplante Einstieg in eine differenzierte Leistungsplanung ist ein für diesen Zweck prinzipiell geeignetes Mittel. Sie erfordert jedoch eine sorgfältige medizinisch-fachliche Prüfung der gewählten Planungsparameter, um Fehlsteuerungen und Verwerfungen zu vermeiden. Die Kammerversammlung fordert die Landesregierung deswegen auf, den medizinisch-fachlichen Sachverstand der Ärztekammern auch bei der weiteren Erarbeitung intensiv einzubeziehen und die neue Systematik einer gründlichen Folgenabschätzung zu unterziehen.

    2. Mehr Spezialisierung erfordert verbindliche Vorgaben für die Zusammenarbeit der Krankenhäuser bei der Qualifizierung des ärztlichen Nachwuchses.

    Die Kammerversammlung begrüßt die grundsätzliche Orientierung der Krankenhausplanung an der ärztlichen Weiterbildungsordnung. Die Weiterbildungsordnung spiegelt den Stand des medizinischen Fortschritts und die Versorgungserfordernisse wieder. Sie muss deswegen den Planungszuschnitt und die Qualitätsanforderungen prägen.
     

    Zentrale Qualitätsmerkmale einer Krankenhausabteilung sind die Ausstattung mit Fachärztinnen bzw. Fachärzten und das Vorliegen einer Weiterbildungsbefugnis. Um auch unter den Bedingungen einer stärkeren Spezialisierung den ärztlichen Nachwuchs auf hohem Niveau weiterbilden zu können, sind Weiterbildungsverbünde zwischen Standorten der Spezial- und der Regelversorgung verbindlich vorzugeben.

    3. Die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung erfordert sektorenübergreifende Kooperationskonzepte.

    Mit Blick auf die ländlichen Regionen ist es richtig, dass das Land weiter am Prinzip der ortsnahen Versorgung festhält. Für die Verwirklichung dieses Ziels wird es in Zukunft verstärkt auf sektorenübergreifende Versorgungskonzepte ankommen. Deswegen muss das Belegarztwesen auch im neuen Krankenhausplan gefördert werden.

    4. Die Bewältigung von Pandemien und anderen Gesundheitskrisen erfordert die Vorhaltung ausreichender Reservekapazitäten.

    Nordrhein-Westfalen setzt mit dem neuen Krankenhausplan nicht primär auf Bettenabbau und Schließungen, wie dies von interessierter Seite immer wieder gefordert wurde. Die COVID-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, wie gefährlich ein solcher Weg gewesen wäre. Als Konsequenz aus der Pandemie muss der Plan künftig besonderes Gewicht auf ausreichende Reservekapazitäten in der Intensivmedizin legen.

    5. Eine erfolgreiche Krankenhausplanung erfordert eine nachhaltige Investitionsfinanzierung und eine Reform des DRG-Systems.

    Schließlich begrüßt die Kammerversammlung, dass Bund und Land – auch als Konsequenz aus der COVID-19-Pandemie – in erheblichem Umfang zusätzliche Investitionsmittel für die Krankenhäuser zur Verfügung stellen. Zugleich betont die Kammerversammlung: Die neue Krankenhausplanung wird nur dann nachhaltig erfolgreich sein können, wenn die Investitionsmittel nicht nur einmalig erhöht werden, sondern dauerhaft das erforderliche Niveau erreichen, wie es sich aus den vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus kalkulierten Werten ergibt. Außerdem muss Nordrhein-Westfalen sich auf Bundesebene entschieden für die längst überfällige Reform der Krankenhausvergütung einsetzen. Andernfalls werden alle Bemühungen des Landes um eine bessere Struktur der Krankenhausversorgung auch weiterhin durch die massiven Fehlsteuerungen des DRG-Systems konterkariert.

    Ärztliche Meinungsführerschaft der Bundesärztekammer

    Der alltägliche Umgang mit der Pandemie stellt sich für die einzelnen Arztgruppen völlig unterschiedlich dar.

    Die Ärzte*innen auf den Intensivstationen und in den Kliniken sind physisch und psychisch dauerbelastet. Sie sind täglich mit schwersten Verläufen, auch bei jungen Patienten konfrontiert.

    Für die Ärzte*innen im niedergelassenen Bereich ist die Situation fast konträr. Hier werden die leichten und mittelschweren Verläufe behandelt, die den weitaus größten Anteil der Infizierten bilden. Sie werden daneben aber auch mit dem normalen „Alltagsgeschäft“ und mit den Sorgen vieler gesunder Menschen konfrontiert.

    Deshalb sind die Breite der vorhandenen ärztlichen Expertise zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu nutzen und pragmatische Erfahrungen der niedergelassenen Ärzte in die Beratergremien aufzunehmen.

    Virologen und Epidemiologen haben ebenfalls ihre eigene Sicht auf die Pandemie.

    Aus diesen völlig unterschiedlichen Wahrnehmungen resultieren unterschiedliche Äußerungen in der Öffentlichkeit, die den Eindruck von Zerstrittenheit innerhalb der Ärzteschaft entstehen lassen. Dem ist entschieden entgegen zu treten.

    Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein appelliert an die Bundesärztekammer hier die Meinungsführerschaft zu übernehmen, indem sie erläutert, wie diese Meinungsvielfalt entsteht, und öffentlichkeitswirksam darauf hinzuweisen, dass die Ärzteschaft sich sehr wohl darin einig ist, welche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie angemessen und notwendig sind.

    Gesundheitliche Folgen des Klimawandels

    Durch das Pandemiegeschehen ist der weitaus bedrohlichere Klimawandel aus dem Fokus der Öffentlichkeit geraten. Im Rahmen des Lockdowns ist noch einmal deutlich geworden, wie gravierend der Einfluss des Menschen auf die klimaschädlichen Faktoren ist.

    Die Kammerversammlung fordert die Bundesärztekammer daher auf, das Thema „Gesundheitliche Folgen des Klimawandels“ als Tagesordnungspunkt für den 124. Deutschen Ärztetag in Rostock zu setzen.

    Abgesenkter Corona-Hygienezuschlag gemäß GOÄ ist unzureichend - Nachverhandlungen erforderlich

    Der sogenannte Corona-Hygienezuschlag in Höhe von vormals 14,75 Euro nach analogem Ansatz der Nr. 245 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) für die Behandlung von Privatversicherten wurde zum 1. Oktober 2020 auf 6,41 Euro abgesenkt. Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein vertritt die Auffassung, dass dieser Betrag in der Höhe unzureichend und die Absenkung nicht zu begründen ist.

    Die Bundesärztekammer wird deshalb aufgefordert, hier zeitnah nachzuverhandeln. Darüber hinaus ist die Ärzteschaft transparent darüber zu informieren, dass statt der Hygienepauschale höhere Steigerungsfaktoren als der Regelsteigerungssatz von 2,3 insbesondere bei kurativer ärztlicher Tätigkeit zum Ansatz gebracht werden können.

    Corona: Politik und Krankenkassen sollen die Bevölkerung über begrenzte Ressourcen aufklären

    Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert das Bundesgesundheitsministerium und die Krankenkassen auf, die Bevölkerung sachgerecht und breit über die begrenzten medizinischen Ressourcen im Hinblick auf die Corona-Pandemie zu informieren. Coronatests und Impfungen gegen Grippe oder Pneumokokken stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung und müssen nach medizinischer Notwendigkeit priorisiert werden.

    Es ist von großer Bedeutung, dass auch Politik und Krankenkassen klar kommunizieren, dass Ärztinnen und Ärzte diese Mittel in Anbetracht einer Situation des Mangels vorrangig für Risikopatienten und gefährdete Gruppen wie Pflege- oder Gesundheitsberufe einsetzen müssen.

    Anpassung der Vergütung für nebenamtlich und nebenberuflich tätige Ärztinnen und Ärzte als Fachlehrer für die Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten an berufsbildenden Schulen

    Die Ärztekammer Nordrhein beauftragt den Vorstand der Ärztekammer Nordrhein mit der Überprüfung der Angemessenheit der Vergütung für die nebenamtlich und nebenberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzte als Fachlehrer für die Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten an berufsbildenden Schulen. Das Ergebnis der Überprüfung und ein Vorschlag zur Anpassung ist der nächsten erreichbaren Kammerversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen.

    Breite ärztliche Expertise bei der Bewältigung der Corona-Pandemie nutzen!

    Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein appelliert an die Politik, die breit vorhandene ärztliche Expertise zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu nutzen und auch die Stimme der niedergelassenen Ärzte in die Beratergremien aufzunehmen.

    Forderung nach einer praktikablen Ersatzlösung bei Ausfall der TI

    Für die Anwendungen in der Telematikinfrastruktur (TI) kommen verschiedene technische Komponenten zum Einsatz. Für die Durchführung der verschiedenen TI-Anwendungen, wie z. B. die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), ist es erforderlich, dass diese Komponenten ordnungsgemäß funktionieren.

    Eine Komponente der TI ist der elektronische Heilberufsausweis (eHBA), bei dem aufgrund der Einsatzart eine mechanische Beanspruchung zu unterstellen ist. Um bei einem technischen Defekt des eHBA eine weitere Funktionalität der TI zu gewährleisten, sollte für alle Anwender eine sofort praktikable Ersatzlösung zur Verfügung stehen.

    Brustzentren in Nordrhein-Westfalen erhalten

    Die Kammerversammlung sieht mit großer Sorge, dass die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) die in Nordrhein-Westfalen seit 15 Jahren erfolgreich etablierte Struktur der Brustzentren gefährden, weil nach diesen Beschlüssen die Zuschläge für Brustzentren wegfallen.

    Die Kammerversammlung fordert den G-BA deswegen auf, Brustzentren eigenständig als zuschlagsfähige Zentren vorzusehen.

    Die Kammerversammlung begrüßt das diesbezügliche Engagement der Landesregierung und des zuständigen Landtagsausschusses und fordert die Akteure im Land auf, dieses Anliegen auch weiterhin zu verfolgen.

    Die Kammerversammlung fordert den Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene außerdem auf, den Ländern den erforderlichen Gestaltungsfreiraum zurückzugeben, um unter Berücksichtigung der Versorgungsstrukturen im jeweiligen Bundesland zuschlagsfähige Zentren über die Landeskrankenhausplanung auch ergänzend zu den G-BA-Vorgaben zu benennen.

    Prävention durch Impfen - Schutz der Risikogruppen und ausreichende Impfstoffe in Europa

    Die Kammerversammlung fordert,

    1. dass die Krankenkassen in Zeiten der Pandemie die Verteilung der Impfstoffe auf die vulnerablen Gruppen unterstützen und Satzungsleistungen zum Impfen für alle Versicherten aussetzen.
    2. dass die Bundesregierung auf die Beseitigung der Engpässe von Impfstoffen hinwirkt und die Hersteller bewegt, die Impfstoffproduktion verstärkt in den europäischen Raum zurück zu verlagern und die Impfstoffmengen ausreichend zu erhöhen, damit alle geimpft werden können.

    Berücksichtigung von bis zu 6 Wochen Ausfallzeit pro Jahr während der Weiterbildungszeit unter klar definierten Bedingungen (Änderung von § 4 Absatz 4 WBO)

    Die Kammerversammlung beauftragt den Vorstand, eine Änderung der Weiterbildungsordnung (WBO) in § 4 Abs 4 für die nächste Kammerversammlung vorzubereiten.

    Die aktuelle Formulierung ab Satz 4 soll dahingehend umformuliert werden, dass eine Ausfallzeit unter bestimmten Voraussetzungen und für eine begrenzte Zeit gerecht und juristisch sicher für die Weiterbildungszeit angerechnet wird. Dies betrifft insbesondere Ausfallzeiten von insgesamt bis zu 6 Wochen pro Kalenderjahr für Krankheit, Schwangerschaft und Elternzeit. Bei Weiterbildungs-Abschnitten unterhalb von 12 Monaten innerhalb eines Kalenderjahres soll diese Regelung anteilig gelten.

    Die aktuelle Pandemie-Situation zeigt, dass auch die Ausfallzeiten anrechenbar sein müssen, die durch gesetzliche Vorgaben entstehen können, wie dies zurzeit auch durch verordnete Quarantänemaßnahmen geschehen kann.

    Coronabonus für nichtärztliches Personal in der ambulanten Versorgung

    Der steuer- und abgabenfreie Bonus von bis zu 1.500 Euro für Beschäftigte in der Pflege ist in diesen schwierigen Zeiten der SARS-CoV-2 Pandemie eine wichtige Geste der Anerkennung und des Dankes für deren Tätigkeit unter erschwerten Bedingungen und erhöhtem persönlichen Risiko in unseren Krankenhäusern sowie Alten- und Pflegeheimen und der ambulanten Pflege.

    Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert diesen auch für unsere Medizinischen Fachangestellten (MFA) in den Praxen und MVZ analog den Regelungen für das Pflegepersonal.

    Das nichtärztliche Praxispersonal steht dem Patientenaufkommen bei Beschwerden als erste Anlaufstelle gegenüber und leistet einen entscheidenden Beitrag dazu, die medizinische Versorgung in den Zeiten der Pandemie aufrechtzuerhalten und durch eine starke ambulante Versorgung die Überlastung des stationären Sektors zu vermeiden.

    Die MFA verrichten in den Praxen gerade jetzt eine besonders verantwortungsvolle, teils belastende und herausfordernde Tätigkeit und dürfen nicht unberücksichtigt bleiben. Auch sie sollten eine Bonuszahlung erhalten, die durch Bundes- und Länderzuschüsse finanziert wird.

    Kosten elektronischer Heilberufsausweis

    Die Gebühr des obligatorischen Heilberufsausweises soll denen des Bundespersonalausweises entsprechen. Die Gültigkeitsdauer soll wie beim Bundespersonalausweis 10 Jahre betragen.

    Zahnärzte als Impfer nicht notwendig

    Dem Ansinnen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) durch eine Änderung der Approbationsordnung jetzt auch den Zahnärzten das Impfen zu ermöglichen, lehnt die Kammerversammlung ab. Die Indikationsprüfung und Risikoabwägung über die gesamte Medizin ist nicht Gegenstand der zahnärztlichen Approbation.