
Der strukturelle Wandel in der ambulanten Medizin setzt sich ungebremst fort. Die Zahl selbstständig Niedergelassener in der ambulanten Versorgung sinkt seit Jahren kontinuierlich, gleichzeitig steigt die Zahl in Praxen und MVZ angestellter Ärztinnen und Ärzte weiterhin rapide an, zum überwiegenden Teil arbeiten sie in Teilzeit. „Die Attraktivität des Angestelltenstatus nimmt zu. Der Trend zur Anstellung verbunden mit dem Ruf nach flexibleren Arbeitszeiten schreitet immer weiter voran“, bilanzierte Dr. med. Karlheinz Kurfeß, der Vorstandsbeauftragte der KV RLP, zu Beginn der fünften Veranstaltung „Anstellung in der Praxis“ in Mainz.
Die statischen Zahlen der Bundesärztekammer sind eindeutig: Im Jahr 2023 bilanzierte die BÄK insgesamt 168.285 Ärztinnen und Ärzte, die im ambulanten Sektor tätig waren. Davon befanden sich 60.100 Ärztinnen und Ärzte in einer Anstellung – ein Rekordwert.
Binnen zehn Jahren hat sich damit die Zahl angestellter Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Sektor nahezu verdreifacht: im Jahr 2013 waren 22.300 der 145.900 Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich angestellt. 2020 waren es bereits 46.500 Angestellte unter den 161.400 Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Tätigkeitsbereich.
In Rheinland-Pfalz wählten im vorigen Jahr 63 Prozent der Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger in die ambulante Versorgung das Angestelltenverhältnis. „Gut zwei Drittel wählten dabei eine Anstellung in Teilzeit. Die Attraktivität des Angestelltenstatus nimmt dabei bei beiden Geschlechtern gleichermaßen zu“, betonte Dr. Karlheinz Kurfeß weiter.
In einem anschließenden Vortrag verwies die Ass. Jur. Janina Casper aus unserer Mainzer Geschäftsstelle auf die gravierenden Unterschiede zwischen Tarifverträgen und individuellen Verhandlungen über Arbeitsbedingungen und Gehälter. „Natürlich vertritt der Marburger Bund die spezifischen Interessen aller angestellten Ärztinnen und Ärzte! Bisher gibt es im ambulanten Bereich keine Tarifbindung. Jeder Einzelne muss individuell über seine Arbeitsbedingungen verhandeln. Wir beraten unsere Mitglieder bei allen Fragen zu ihrem Arbeitsvertrag.“
Was ist der Goldstandard? „Wir erleben in den Krankenhäusern eine tarifliche Zeitenwende. Ob bei der Arbeitszeiterfassung, der Dienstplanerstellung oder den Zahlen der freien Wochenenden und Bereitschaftsdienste – in den Kliniken haben wir als Gewerkschaft mit unseren Tarifverträgen für Ärztinnen und Ärzte klare Vorgaben schriftlich vereinbart“, unterstrich Janina Casper.
„Auch bei der Vergütung in Kliniken gibt es eine verbindliche Entgeltsystematik für Ärztinnen und Ärzte. Wir bieten unseren Mitgliedern Musterarbeitsverträge für den ambulanten Bereich und empfehlen zumeist bei den Verhandlungen eine Orientierung am Facharzt- oder Oberarztgehalt. Ausnahme sind die Ärzte in Weiterbildung. Hier orientiert sich der Förderbetrag aber ebenfalls an der im Krankenhaus üblichen Vergütung.“
„Unsere Mitglieder nutzen die von uns angebotene arbeitsrechtliche Beratung vor einer Vertragsschließung. Wir beraten Sie zu allen verhandelbaren Bestandteilen des Vertrages, über den Kündigungsschutz, über Haftungsfragen, Befristungen von Verträgen, Teilzeitverträge, die Weiterbildung, Zeugnisse, Urlaubsregeln oder Betriebsferien. Da Arbeitsverträge auch Regelungen enthalten könnten, die Nachteile mit sich bringen können, raten wir unseren Mitgliedern den Arbeitsvertrag vor der Unterschrift prüfen zu lassen“, empfahl Janina Casper.