• Behelfsstrukturen beenden - Ärztekammer fordert eine Garantie für Jahresbudget der Kliniken

    Kammerpräsident Dr. med. Hans-Albert Gehle: Krankenhäuser brauchen in Pandemie-Zeiten Sicherheit, Perspektive und nachhaltige Hilfen
    06.November 2020
    Münster. Gerade in Pandemie-Zeiten benötigen die gut 340 Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen nach Ansicht der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) finanzielle Sicherheit und strukturelle Perspektive, betont der westfälisch-lippische Kammerpräsident Dr. med. Hans-Albert Gehle. Er fordert ein „Ende der derzeitigen Behelfsstrukturen“. „Die Zeit von Plastikzelten vor den Kliniken für die Patientenversorgung und Plastikwänden in den Häusern, um Normalstationen von Infektionsbereichen abzuschirmen, muss vorbei sein. Was wir brauchen, sind nachhaltige Hilfen für die Krankenhäuser sowie eine sofortige Budgetgarantie für die Kliniken, die Covid-19-Patienten versorgen. Die entsprechenden Fördermittel müssen schnell und unbürokratisch fließen.“

    In diesem Zusammenhang sei es begrüßenswert, dass NRW die Mittel für die Krankenhausinvestitionen um eine Milliarde aufgestockt habe. Damit sollten die Kliniken bei dem notwendigen Um- oder Ausbau von bestehenden Stationen zu Infektions-, Abklärungs- und Quarantäneeinheiten unterstützt werden. „Hier kann das Land finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um die Patienten und das Personal aus den bestehenden Provisorien zu befreien.“ Auch müsse über die Wiedereinführung einer Freihaltepauschale für die Krankenhäuser dringend nachgedacht werden.

    Dr. med. Hans-Albert Gehle verweist auf den deutlich erhöhten Personal- und auch Materialaufwand im stationären Sektor, der sich während einer Pandemie nicht nur auf den Intensivstationen und bei der Intensivpflege, sondern auch im Normalbetrieb niederschlage. Die Auslastung der Intensivbetten steige stark und die Belastung der Kliniken werde in absehbarer Zeit das Limit des Leistbaren erreichen.

    Der Präsident der ÄKWL zählt auf: Für die Intensivversorgung von Covid-19-Patienten sei eine pflegerische 1:1- sowie eine ärztliche 2:1-Behandlung erforderlich. Normalstationen würden aktuell in der Epidemie quasi zu Stationen der Intensivüberwachungspflege mit hohem pflegerischen Aufwand umfunktioniert, dafür erforderliches Personal aus anderen Bereichen der Kliniken abgezogen und diese Stationen wiederum heruntergefahren. Dort stünden dann weniger Betten für die normale Leistungserbringung zur Verfügung, was wiederum erhebliche Einnahmeverluste nach sich ziehe.

    Screening, Testung und Schutzmaßnahmen in Ambulanzen, Notaufnahmen und Eingangsbereichen erforderten zusätzliches Personal. Und: Durch die Schutzkleidung werde die Arbeit zeitaufwendiger.

    „Die Corona-Pandemie zeigt die Bedeutung der Intensivmedizin und Infektiologie auf. Diese klinischen Bereiche müssen dringend mittels einer entsprechenden Krankenhausinvestitionsfinanzierung und durch eine Reform des DRG-Systems in der Krankenhausvergütung gestärkt werden.“ Die Behandlung von Covid-19 und anderen aufwendigen Infektionserkrankungen würden nämlich nicht durch das DRG-System abgebildet. Daher sollte allen Krankenhäusern, die aufgrund der Behandlung von Covid-19-Patienten ihre sonstigen Kapazitäten einschränken müssen, eine Jahresbudgetgarantie gegeben werden. „Dauerhaft muss hier eine gerechte Vergütungssystematik hinterlegt werden, die den Aufwand dieser Infektionserkrankungen refinanziert“, fordert Gehle.