• Dr. Günther Matheis fordert tragfähiges Konzept zur Finanzierung aller Personalkosten in Kliniken

    Rheinland-pfälzische Vertreterversammlung votiert für Widerspruchslösung, Fernbehandlung und Änderung des §219 StGB
    21.September 2018
    Mainz
    (mhe). Der rheinland-pfälzische Kammerpräsident Dr. med. Günther Matheis hat in seinem Bericht zur aktuellen Lage in der Vertreterversammlung der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz kritisiert, dass in den jüngsten Gesetzesvorhaben nur halbherzige Schritte unternommen werden: „Wer nur die Personalkosten der Pflegekräfte aus den DRG herausnimmt und nur die Tarifsteigerungen der Pflegekräfte vollständig refinanziert, hat noch kein tragfähiges Konzept zur Finanzierung der Personalkosten aller Mitarbeiter der Krankenhäuser“, monierte Dr. Günther Matheis.

    Er verurteilte ferner jegliche Form der Aggression und Gewalt gegen Ärzte und andere Mitarbeiter im Gesundheitswesen und forderte entsprechende Gesetzesänderungen. Die Kammer startet in Kürze ein Präventionsprogramm für Ärzte gegen Gewalt in Praxen und Kliniken, in denen nicht nur besondere Formen der deeskalierenden Kommunikation und des Verhaltens geübt werden sollen, aber auch Abwehr- und Zugriffstechniken.

    Zudem sprach sich Landesärztekammer-Präsident Dr. Günther Matheis bei der Organspende für die Einführung der Widerspruchlösung aus, um todkranken Menschen auf der Warteliste mit lebensrettenden Organen helfen zu können. In Rheinland-Pfalz seien in diesem Jahr erst 22 Organe verpflanzt worden. „Das ist ein trauriger Tiefpunkt! Dieser Systemwechsel ist dringend nötig“, erklärt Dr. Günther Matheis. Die 80-köpfige Vertreterversammlung - das höchste Gremium der Ärzteschaft in Rheinland-Pfalz - votierte im Anschluss für die Einführung der Widerspruchslösung.

    „Um die Zahl der Organspenden zu erhöhen, ist die Widerspruchslösung der richtige Weg“, heißt es im Beschluss. „Aus medizinischer Sicht ist sie eine hilfreiche Lösung, damit Schwerstkranken auf der Warteliste rascher geholfen werden kann und damit weniger Patienten während ihrer Wartelistenzeit sterben. Deshalb sollte die Debatte um die Widerspruchslösung jetzt intensiv geführt und ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht werden.“

    Alle bisherigen Bemühungen bringen nicht den Erfolg, „den wir uns aus medizinischer Sicht wirklich wünschen“. Der neue gesetzliche Vorstoß, dass Transplantationsexperten in Krankenhäusern mehr Zeit bekommen und dass Prozesse der Organentnahme besser vergütet werden sollen, sind wichtige Signale in die richtige Richtung, betonte Matheis.

    Eine Neuregelung mit Blick auf die Widerspruchslösung kann nach Ansicht der rheinland-pfälzischen Ärztinnen und Ärzte helfen, die Zahl der Organspenden zu erhöhen. Jede Bürgerin und jeder Bürger sollte sich Gedanken darüber machen, ob er Organe spenden möchte oder nicht. Die Widerspruchslösung kann dabei helfen, die Organspende zum Normalfall werden zu lassen.

    Die meisten europäischen Staaten haben bereits die Widerspruchsregel: Belgien, Bulgarien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Kroatien, Lettland, Luxemburg, Norwegen, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Slowakei, Spanien, Tschechien, Türkei, Ungarn, Zypern. In all diesen Ländern sind automatisch alle volljährigen Bürgerinnen und Bürger Organspender - wenn sie dem nicht ausdrücklich widersprechen.

    Bei dem Thema dringend erforderlicher zusätzlicher Studienplätze für Humanmedizin zeigte sich Dr. Matheis enttäuscht, dass die Landesregierung keine zusätzlichen Studienplätze errichten wolle. „Allenfalls im Zuge der geplanten Einführung einer Landarztquote will man dies wohl in Mainz erwägen.“

    Abschließend stimmte die Vertreterversammlung für die im begründeten Einzelfall mögliche ärztliche Fernbehandlung, so wie es der Deutsche Ärztetag im Mai in Erfurt beschlossen hatte. Die Berufsordnung wird entsprechend geändert. „Der Beschluss ist jedoch kein Paradigmenwechsel“, betonte Matheis, „der persönliche Kontakt zwischen Ärzten und Patienten bliebt weiterhin der Goldstandard. Ärzte müssen in den begründeten Ausnahmefällen der Fernbehandlung zur Wahrung der Patientensicherheit eine besondere Sorgfalt walten lassen.“

    Schlussendlich positionierte sich die Vertreterversammlung klar in der Debatte um den Paragraphen 219a des Strafgesetzbuches. „Eine Arztpraxis oder eine andere ärztliche Einrichtung muss sachlich über das eigene Leistungsspektrum auch in Bezug auf die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen informieren dürfen. Deshalb sollte Paragraph 219a des Strafgesetzbuches geändert werden“, erklärte die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz.

    „Es muss möglich sein dürfen, betroffenen Frauen in schwierigen persönlichen Situationen sachgerechte Informationen zu geben“, erläuterte Landesärztekammer-Präsident Dr. Günther Matheis. Hierzu zählt nach Meinung der Landesärztekammer auch, dass Adressen von Ärztinnen und Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, sachlich und informativ veröffentlicht werden dürfen - auch auf den eigenen Internetseiten. Dies kann aber nach der derzeitigen Regelung strafbar sein.