• Erste Arbeitsgerichte bestätigen Beschäftigungsverbote

    Kündigung ungeimpfter Mitarbeiterin nach Vorlage von Blankobescheinigung
    05.Mai 2022
    Köln/Gießen/Lübeck (rhl). Zum Beschäftigungsverbot nicht Geimpfter in Gesundheitseinrichtungen sind die ersten gerichtlichen Entscheidungen ergangen. Das Arbeitsgericht Gießen hat am 12. April 2022 in zwei einstweiligen Verfügungsverfahren (Az.: 5 Ga 1/22 und 5 Ga 2/22) das vom Arbeitgeber verhängte Beschäftigungsverbot bestätigt. Beide Antragsteller waren in einem Seniorenheim beschäftigt und nicht gegen SARS CoV-2 geimpft. Der Arbeitgeber hatte beide dann mit Wirkung zum 16. März 2022 ohne Fortzahlung der Bezüge von der Tätigkeit freigestellt, weil sie bis zum 15. März 2022 entgegen § 20a Abs. 2 IfSG weder einen Impf- noch einen Genesenen-Nachweis vorgelegt hatten.

    Bei beiden Antragstellern handelte es sich um Mitarbeiter in ungekündigten Beschäftigungsverhältnissen, also im Sinne der gesetzlichen Neuregelung um sogenannte Bestandsbeschäftigte. Beide Antragsteller haben im Wege des einstweiligen Rechtschutzes die tatsächliche Weiterbeschäftigung verfolgt. Diese Anträge wurden vom Arbeitsgericht Gießen zurückgewiesen.

    Zwar folge aus § 20a Abs. 3, Satz 4 IfSG für Bestandsbeschäftigte kein unmittelbares Beschäftigungsverbot, jedoch stehe es dem Arbeitgeber unter Zugrundelegung der gesetzlichen Wertung frei, im Rahmen billigen Ermessens und im Hinblick auf das besondere Schutzbedürfnis der Bewohner des Altenheimes Beschäftigte, die weder geimpft noch genesen sind und der Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenen-Nachweises nicht nachkommen, von der Arbeitsleistung freizustellen. In der Interessenabwägung überwiege das Schutzinteresse der Bewohner des Seniorenheims demjenigen der Beschäftigten auf Ausübung ihrer Tätigkeit.

    Die Entscheidungen sind naturgemäß noch nicht rechtskräftig, Rechtsmittel sind möglich. Ebenso laufen auch noch die parallel anhängigen Hauptverfahren, in denen dann auch zu entscheiden ist, ob für die Zeit der Freistellung die vertragsgemäße Vergütung fortzuzahlen ist oder nicht.

    In einem weiteren Verfahren hat das Arbeitsgericht Lübeck am 14. April 2022 (Az.: 5 Ca 189/22) entschieden, dass die Vorlage einer aus dem Internet ausgedruckten ärztlichen „Bescheinigung über die vorläufige Impfunfähigkeit“ auch bei einem langjährigen Arbeitsverhältnis die fristgemäße Kündigung rechtfertigt, sofern der Bescheinigung keine und sei es auch nur eine digitale Besprechung mit dem unterzeichnenden Arzt stattgefunden hat.

    Die betreffende, seit über 20 Jahren in dem Krankenhaus beschäftigte Krankenschwester hatte im Zusammenhang mit der zum 16. März 2022 in Kraft getretenen einrichtungsbezogenen Impfpflicht ein ärztliches Impfunfähigkeitszeugnis vorgelegt, welches sie sich aus dem Internet heruntergeladen hatte. Das betreffende Impfunfähigkeitszeugnis trug die Unterschrift eines Arztes aus Süddeutschland.

    Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichtes Lübeck fand weder eine persönliche Untersuchung, noch eine digitale Besprechung mit dem in dem Impfunfähigkeitszeugnis ausgewiesenen Arzt statt. Die Klinik nahm dies zum Anlass, gegenüber der Klägerin eine fristlose, hilfsweise eine fristgemäße Kündigung auszusprechen.

    Das Arbeitsgericht Lübeck hat in seiner Entscheidung die fristlose Kündigung angesichts der sehr langen Betriebszugehörigkeit als unverhältnismäßig angesehen, die Wirksamkeit der fristgemäßen Kündigung jedoch bestätigt. Die Vorlage, so das Arbeitsgericht, einer vorgefertigten ärztlichen Impfunfähigkeitsbescheinigung, ohne dass vorher eine Untersuchung erfolgt ist, stellt eine sehr schwere Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten dar, die das Vertrauen in eine ungestörte weitere Zusammenarbeit auch ohne vorherige Abmahnung zerstört. Sobald der vollständige Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils vorliegen, werden wir wieder berichten. Das Urteil ist natürlich auch noch nicht rechtskräftig.