• Flächendeckende Grundversorgung muss endlich sichergestellt werden

    Aktueller Kommentar des Vorsitzenden des MB-Landesverbandes Dr. med. Hans-Albert Gehle
    07.November 2017
    Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat ein ambitioniertes Ziel: In dieser Legis­laturperiode will er die stationäre Versorgung gewaltig umkrempeln. Künftig sollen weniger Krankenhäuser als heute noch das ganze Spektrum der Grundversorgung anbieten. Was bisher flächendeckend gebündelt vorhanden ist, soll auf verschiedene vernetzte Klinikzentren in einer Region verteilt werden. Den Umbau will Minister Laumann durch eine zusätzliche finanzielle Förderung spezialisierter Behandlungszentren erreichen. Dieser Weg solle natürlich zu mehr Qualität führen, wie auch immer diese verlässlich gemessen werden könnte.

    Dass die Landesregierung mehr Geld in die Hand nimmt für unsere Kliniken, das begrüßen wir. Ich halte die Umbaupläne jedoch für höchst bedenklich. Wir leben in einer Zeit, in der die vertragsärztliche Versorgung auf dem Land längst nicht mehr sichergestellt werden kann. Kliniken, die dort eine Grundversorgung anbieten, sind für die Bevölkerung unverzichtbar. Die Kliniken kämpfen aber tagtäglich um das Überleben, weil das DRG-System die Grundversorgung nicht auskömmlich finanziert. Nur mit einer Spezialisierung gelingt es einer Klinik noch, ihre Existenz zu bewahren.

    In dieser Situation noch mehr Spezialisierung in der Kliniklandschaft zu fördern, löst nicht das grundsätzliche Problem der chronischen Unterfinanzierung der Krankenhäuser, die die Grundversorgung noch leisten, wo Vertragsärzte längst fehlen. Es fördert aber gewiss den Drang nach mehr Spezialisierungen. Das ist ein Irrweg.

    Die neue Klinikplanung in NRW ähnelt sehr dem Strukturfonds, der schlicht eine Abwrackprämie für defizitäre Kliniken darstellt. Millionen fließen, aber nur, wenn Abteilungen oder Kliniken geschlossen werden. Nicht mehr Qualität wäre aber die Folge, sondern letztlich würde unser klinisches Angebot nur ausgedünnt. Wir hätten – regional verteilt – noch mehr spezialisierte Zentren, aber dafür eine lückenhafte Grundversorgung. Die Konsequenzen müssten unsere Patienten tragen, die zunehmend multimorbider sind und eine wohnortnahe Grundversorgung benötigen. Ihnen droht eine gefährliche Entwicklung. Minister Laumann sollte vielmehr zuerst die Kliniken mit einer Grundversorgung stärker finanziell fördern, die in unseren Regionen gebraucht werden, die sich nicht spezialisieren können.

    Seit Jahrzehnten wird aber allzu gerne von Politikern, Kassenvertretern und leider auch von der Spitze der Kassenärzte behauptet, dass es eine stationäre Überversorgung in NRW gibt, der man unbedingt mit der Schließung von Abteilungen und gar ganzer Kliniken begegnen müsse. Leider prägt dieser Leitgedanke auch die „neue“ Krankenhauspolitik der nordrhein-westfälischen Regierung. Wer unseren Klinikalltag kennt, kann eine solche Krankenhauspolitik nur als unverantwortlich bezeichnen! Auch die unverblümte Forderung des KBV-Chefs Andreas Gassen, doch jedes vierte Krankenhaus zu schließen, weil es überflüssig sei, würde unzählige Versorgunglücken aufreißen.

    Wir erwarten, dass eine verantwortungsbewusste Landesregierung den tatsächlichen medizinischen Bedarf der Patienten in einer Region ermittelt. Was wir tatsächlich brauchen hat darüber hi­naus die Landesregierung selber treffend im Koalitionsvertrag geschrieben: „Wir brauchen für eine hochwertige, innovative, flächendeckende und wohnortnahe Patientenversorgung eine besonders leistungsfähige Krankenhausstruktur. In NRW leiden die Krankenhäuser erheblich unter der unzureichenden Investitionskostenförderung durch das Land.“ Damit dies nicht nur wohlfeil formulierte Versprechungen bleiben, sollte Minister Laumann auch entsprechend handeln, d.h. unsere flächendeckende Grundversorgung durch Kliniken sicherstellen. Jeder Euro mehr für unsere Gesundheit in NRW ist gut angelegt.