• "Jetzt ist plötzlich sehr viel Geld für Kliniken da, warum denn nicht ständig?"

    Ingo Morell, Tom Ackermann und Prof. Dr. Henrik Herrmann in lebhafter Debatte / Breiter Konsens / Alle Beschlüsse
    27.September 2020
    Köln (mhe). Es geschieht nicht oft, dass ein Vorsitzender einer großen Krankenkasse, der Geschäftsführer einer Klinikkette und zwei Kammerpräsidenten in weiten Teilen bei einem Themenkomplex einer Meinung sind. Bei der Analyse des „Reformbedarfs der Krankenhausfinanzierung“ und den Grundfragen zur „Krankenhausplanung“ zeigten sich die drei Referenten unserer Hauptversammlung weitgehend einig. Lösungen für die komplexe Thematik hatten zwei aber nach eigenen Worten nicht parat. Fragen hinterließen sie viele. Antworten gaben sie nicht immer. Aber viele Ideen sprudelten.

    Ingo Morell (Gesellschaft der Franziskanerinnen/KGNW) zog ein klares Fazit: „Die Krankenhausplanung passt nicht zum derzeitigen Finanzierungssystem der Kliniken, das muss geändert werden, wohlgemerkt damit sind aber nicht die DRG selber gemeint. Ich wehre mich dagegen, die DRG zu verteufeln. Wir brauchen vielmehr eine realistische Refinanzierung der Krankenhäuser.“

    Die DRG seien im Jahr 2003 eingeführt worden, „um schlicht den Markt zu bereinigen, ohne dass sich jemand die Hände schmutzig macht. Diese Marktbereinigung hat aber nicht stattgefunden. Die Folgen: Man sieht den Patienten leider nur noch ökonomisch.“ Kliniken müssten auskömmlich finanziert werden und benötigten eine faire Investitionsfinanzierung der Länder. Jetzt sehen wir, wie viel Geld plötzlich für Kliniken da ist, warum denn nicht ständig?“

    „Bundesweite Planungen halten wir für völlig falsch. Entscheidend für jede Klinikplanung müsse der vorhandene Bedarf sein. „Ich habe aber noch nicht verstanden, wie man den tatsächlichen Bedarf oder gar den Bedarf für eine flächendeckende Versorgung ermitteln will?“

    Tom Ackermann (AOK Nordwest) erklärte als zweiter Referent, Kassen sind nicht für die Krankenhausplanung zuständig und definierten auch nicht die Qualität. Er lehne eine Staatsmedizin oder den neoliberalen Ansatz ab: „Nicht jede Klinik sollte sich aussuchen dürfen, was sie machen wolle. Ich bin sehr für die gesteuerte Daseinsvorsorge, für eine gestufte Versorgung.“

    Die Kernfrage sei, wie verändern wir dieses System auch im Sinne der Patienten. Wie Zahnräder müssten eine geeignete Betriebskostenfinanzierung, eine verantwortungsvolle und verlässliche Krankenhausplanung und eine auskömmliche Investitionsfinanzierung ineinandergreifen. Ackermann will die DRG nicht abschaffen. „Jedes Vergütungssystem bietet Fehlanreize, auch die DRG. Jedes Entgeltsystem kann man aber nachjustieren. Der Wettbewerb muss aus dem System.“

    Prof. Dr. med. Henrik Herrmann (Präsident der Landesärztekammer Schleswig-Holstein/MB-Bundesvorstand) beantwortete die Eingangsfrage schnell und eindeutig. „Nein, überhaupt nicht!“ Die Krankenhausfinanzierung müsse grundlegend reformiert und die Investitionen deutlich aufgestockt werden. Anzustreben sei eine werteorientierte Medizin. „Was wir jetzt haben, reicht nicht aus, um Patienten angemessen zu versorgen.“

    Der Bonner Delegierte Dr. med. Thorsten Hornung bemerkte, „das ist alles recht rückwärts gedacht. Wie wollen wir weitergehen – auch gerade aus ärztlicher Sicht?“

    „Wir brauchen bei der Klinikplanung der Länder stringente, grundlegende Veränderungsprozesse“, antwortete Prof. Henrik Herrmann, „die auch wirklich weh tun – berufsgruppen- und sektorenübergreifend. Das müssen wir erreichen.“ Ärzte werden zwar mittlerweile oft gehört, nur haben sie leider selten auch ein Stimmrecht.

    „Die besten Entscheidungen könnten vor Ort getroffen werden“, meinte Tom Ackermann. „Aber sie werden dort nicht getroffen. Ich erlebe keine Landesregierung, die eigene Vorgaben macht. Noch fehlt die aktive Beteiligung der Ärzte.“

    Ingo Morell äußerte eine pragmatische Sichtweise: „Wir sollten die verfügbaren Mittel nur dafür verwenden, was auch machbar ist. Das System werden wir sicherlich nicht von Heute auf Morgen ändern können. Bevor wir an die großen Dinge herangehen, sollten wir erst die kleinen Dinge verändern, die auch wirklich gehen. Das tuen nämlich nur wenige!“

    Die Diskussion mündete in zwei Leitbeschlüssen mit zahlreichen Einzelforderungen.

    1. Neue Krankenhausplanung braucht Rückkehr zur Daseinsvorsorge und neue Systematik der Finanzierung. 2. Auskömmliche Krankenhausfinanzierung sicherstellen.

    Nachfolgend alle neun Beschlüsse:

     

    Beschluss Nr. 1

    Neue Krankenhausplanung braucht Rückkehr zur Daseinsvorsorge und neue Systematik der Finanzierung

    Die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern ist eine verfassungsrechtlich vorgegebene Aufgabe im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge und kein marktwirtschaftliches Gut. Die wettbewerbliche Ausrichtung des Gesundheitswesens ist auch in der Krankenhausversorgung an ihre Grenzen gelangt. Ärztinnen und Ärzte, die Pflege und andere Gesundheitsberufe stehen mittlerweile unter einem ständigen kommerziellen Rechtfertigungsdruck. Humanität und Qualität der Patientenversorgung treten dabei in den Hintergrund. Der Patient ist aus dem Fokus der Versorgung geraten.

    Der Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz fordert daher, dass die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz endlich wieder dem Ziel einer bedarfsgerechten Sicherstellung der Versorgung entsprechen muss:

    • Die Finanzierung der Kliniken durch das bisherige erlösorientierte G-DRG/PEPP-System ist durch ein kombiniertes Vergütungssystem aus krankenhausindividuellen Personalausgaben, Vorhaltekosten und Abrechnung landeseinheitlicher pauschalierter Sach- und Betriebskosten abzulösen.
    • Die Investitionsfinanzierung muss neben den Ländern auch durch vom Bund dauerhaft finanzierte Sonderförderprogramme gesichert werden.
    • Fehlanreize und Risiken des DRG/PEPP-Vergütungssystems, die insbesondere zu falschen betriebswirtschaftlichen Anreizen und zur Leistungsausweitung auf Kosten des Krankenhauspersonals führen, müssen beseitigt werden. Deshalb muss die Indikationsqualität gestärkt werden und sich nicht an gewinnbringenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen orientieren.
    • Eine tragfähige Balance zwischen flächendeckender Grundversorgung und Spezialisierung muss regional und trägerübergreifend ausgestaltet werden.
    • Der Versorgungsauftrag des Krankenhauses sollte durch einzelne Schwerpunkte der Weiterbildungsgebiete und/oder einzelne Leistungsbereiche gestaltet werden.
    • Versorgungsstufen müssen durch die Anzahl der Fachabteilungen, die Mindestanzahl und Qualifikation des ärztlichen Personals sowie die Erreichbarkeit der Versorgung definiert sein.
    • Auf regionaler Ebene muss eine gesellschaftsrechtliche, auch trägerübergreifende Verbundbildung mit Spezialisierung und Schwerpunktbildung erfolgen, mindestens aber eine regionale Abstimmung darüber. Die Länder sollten diese Verbundbildung auch finanziell fördern.
    • Kooperationen oder Zusammenschlüsse von Krankenhäusern sind so zu realisieren, dass sie nach dem Versorgungsbedarf gesteuert werden und nicht an der Versorgung vorbei durch den reinen ökonomischen Wettbewerb.
    • Rechtliche und vergütungssystematische Hürden müssen ausgeräumt werden.
    • Die Realisierung von Kooperationen oder Zusammenschlüssen von Krankenhäusern muss den Versorgungsbedarf als Maßstab haben und nicht die Wettbewerbskontrolle. Abweichende Bestimmungen des Kartellrechtes dürfen dem nicht im Wege stehen.
    • Krankenhäuser, an denen ärztliche Weiterbildung erfolgt, müssen bei der Krankenhausplanung vorgezogen werden.
    • Die digitale Vernetzung zum Austausch von Patientendaten muss ausgebaut und finanziert werden.

    Beschluss Nr. 2

    Auskömmliche Krankenhausfinanzierung sicherstellen

    Der Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz weist daraufhin, dass im Rahmen einer strukturierten Krankenhausplanung und -zulassung, sowie der damit verbundenen Segmentierung des Krankenhausbereiches ein jeder Bereich für sich genommen strukturell auskömmlich finanziert sein muss. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Investitionsmittel und der Betriebskosten, aber auch der behandlungsbezogenen Kosten.

    Die gegenwärtige Form der Krankenhausfinanzierung hat dazu geführt, dass insbesondere Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung sich zusätzlich auf spezialisierte medizinische Bereiche ausgerichtet haben, um die Finanzierungsdefizite im Bereich der Grund- und Regelversorgung auszugleichen. Fehlanreize, bundesrechtliche Vorgaben, auch des Gemeinsamen Bundesausschusses, haben diese falschen Anreize zusätzlich verstärkt.

    Diese unerwünschten Begleiteffekte fehlgeleiteter Krankenhausplanung können bei einer Segmentierung der stationären Versorgung nur verhindert werden, wenn jeder Bereich für sich genommen auskömmlich finanziert ist.

    Beschluss Nr. 3

    Öffentlichen Gesundheitsdienst tariflich absichern

    Der Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz begrüßt das staatliche Förderprogramm zur personellen Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Die gegenwärtige Pandemielage macht die besondere Bedeutung dieses Sektors der Gesundheitsversorgung überdeutlich.

    Dem Zugeständnis zu einem entsprechenden Finanzbedarf müssen nun aber auf Seiten der Träger des öffentlichen Gesundheitsdienstes, den Ländern und Kommunen, Taten folgen. Einer der Hauptgründe für die personell unzureichende Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes mit medizinischem Personal, vor allem aber mit Ärztinnen und Ärzten, ist der Mangel an der Attraktivität der Arbeitsplätze und insbesondere die gegenüber anderen ärztlichen Tätigkeitsfeldern fehlende tarifvertragliche Absicherung der Arbeitsbedingungen.

    Seit 15 Jahren bietet der Marburger Bund den kommunalen Arbeitgeberverbänden wie auch den Bundesländern an, die Arbeitsbedingungen der Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst tarifvertraglich zu regeln. Dem steht allein deren dogmatisch motivierte Weigerungshaltung entgegen, der seit der Verabschiedung des jüngsten Förderprogramms nun auch noch jeder wirtschaftliche Hintergrund fehlt.

    Insbesondere die kommunalen Arbeitgeberverbände bleiben aufgefordert, ihrer vertraglichen Zusage aus der Tarifeinigung vom 22. Mai 2019 nun endlich Taten folgen zu lassen und mit dem Marburger Bund die seit langem überfällige tarifliche Regelung der Arbeitsbedingungen in diesem Bereich zu vereinbaren.

    Um die Blockadehaltung der VKA zu durchbrechen und den öffentlichen Gesundheitsdienst sofort zu stärken, bietet der Marburger Bund NRW/RP allen Kommunen und Landkreisen eine auf den jeweiligen öffentlichen Gesundheitsdienst bezogene arbeitsvertragliche Regelung an, um die Arbeitsbedingungen für Ärzte im ÖGD mit denen im Krankenhaus und MDK gleichzustellen.

    Beschluss Nr. 4

    Administrative Kosten durch die novellierte Weiterbildungsordnung

    Mit der Novellierung der Weiterbildungsordnung und insbesondere der Einführung des sog. E-Logbuches zur kontinuierlichen Verlaufskontrolle der Weiterbildung kommt die deutsche Ärzteschaft den berechtigten Forderungen nach einer nachprüfbaren selbstverwalteten Qualifizierung zum Facharzt nach. Sie dient der Weiterentwicklung des vorstehenden fachlichen Qualitätsstandards der deutschen Ärzteschaft.

    Während der Weiterbildung erbringen Ärztinnen und Ärzte unter fachärztlicher Supervision ärztliche Leistungen, die dementsprechend auch zu vergüten sind. Dies gilt sowohl für den stationären, wie auch für den ambulanten Bereich.

    Im Rahmen der durch die novellierte Weiterbildungsordnung geschaffenen, kontinuierlichen Qualitätskontrollen (E-Logbuch, train the Trainer, Evaluation, etc.) entstehen allerdings weitere zusätzliche administrative Kosten, die durch das gegenwärtige DRG-System ebenso wenig abgebildet werden, wie durch den einheitlichen Bewertungsmaßstab oder die GOÄ und daher einer bundesweiten zusätzlichen Finanzierung bedürfen.

    Beschluss Nr. 5

    Elektronischer Heilberufeausweis

    Der Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz begrüßt die Schaffung eines einheitlichen elektronischen Heilberufeausweises. Soweit Krankenhäuser, Medizinische Versorgungszentren, arbeitsmedizinische Dienste, der öffentliche Gesundheitsdienst oder Praxen zur Durchführung und Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen darauf angewiesen sind, dass die bei ihnen beschäftigten Ärztinnen und Ärzte einen solchen elektronischen Heilberufeausweis besitzen, sind sie für die Übernahme der in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten verantwortlich und nicht die bei Ihnen beschäftigten Ärztinnen und Ärzte.

    Beschluss Nr. 6

    Schwangerschaft und gesetzlicher Mutterschutz schließen Weiterbildung nicht aus!

    Das 2018 novellierte neue Mutterschutzgesetz (MuSchG) hat das Ziel, die fortgesetzte Berufstätigkeit von Schwangeren in einem für Mutter und Kind geschützten Rahmen zu ermöglichen. Beschäftigungsverbote gegen den Willen der Schwangeren sollten ausdrücklich vermieden werden. Die eigentlich zum Schutz von Schwangeren und ungeborenen Leben vorgesehenen individuellen Gefährdungsbeurteilungen werde - entgegen dem eigentlichen Anliegen des Gesetzes - vielerorts in der Praxis zu einem von Arbeitgeberseite vorsorglich verhängten generellen Berufsverbot für schwangere Ärztinnen.

    Der sich abzeichnende Mangel an Fachärzten erfordert spezifische Maßnahmen zur Qualifizierung auch während Schwangerschaft und Mutterschutz. Der Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz fordert daher:

    1. Individuelle Gefährdungsbeurteilungen müssen vorliegen und unverzüglich individualisiert werden. Bei einem Dissens zwischen Arbeitgeber und Ärztin sollen sie innerhalb von 14 Tagen von der zuständigen Behörde beschieden werden.
    2. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, welche Tätigkeiten - ausschließlich aus ärztlicher Sicht verantwortbar - von der schwangeren Ärztin weiterhin ausgeübt werden können und welche nicht. Die Erarbeitung eines fachspezifischen Formulars - im Sinne einer Positivliste - zur Gefährdungsbeurteilung erfordert die Einbeziehung von Ärztinnen und Ärzten mit entsprechender Expertise.
    3. Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen sind angehalten im Sinne von best practice Standardprozesse bei der Beurteilung vorzuhalten
    4. Die Mutterschutzregelungen dürfen nicht zu Lasten der betroffenen Frauen gehen. Aufgrund des Mutterschutzgesetzes unvermeidliche Einschränkungen für die Frauen, inklusive Verzögerungen der Weiterbildung müssen - analog anderer Regelungen - wenigstens wirtschaftlich kompensiert werden.
    5. Wird aufgrund der Gefährdungsbeurteilung für einzelne Arbeitsfelder ein Tätigkeitsverbot für die schwangere Ärztin ausgesprochen, müssen unverzüglich alternative im Rahmen der Weiterbildung nützliche Einsatzmöglichkeiten ermittelt werde, um vermeidbare Verzögerungen bei der Weiterbildung zu vermeiden.

    Beschluss Nr. 7

    SARS-CoV-2 Impfungen nicht ohne ärztliche Entscheidung

    Der Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz betont, dass die alsbaldige Entwicklung eines Impfstoffes gegen das zur Gruppe der Coronaviren gehörende SARS-CoV-2 dringend erforderlich und wünschenswert ist. Dies darf selbstverständlich ausschließlich nur auf der Grundlage klarer wissenschaftlicher Erkenntnisse erfolgen, vor ideologisch motivierten Schnellschüssen wird ausdrücklich gewarnt. Gerade diese besondere Aufgabe in der gesundheitlichen Versorgung der Weltbevölkerung erfordert auch ein Maximum an fachlicher Sorgfalt.

    Wenn ein entsprechender Impfstoff dann vorliegt, werden jedenfalls in der Anfangsphase weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene Mengen in einer Größenordnung verfügbar sein, die für alle Menschen ausreichend ist.

    Die Aufstellung von Kriterien für die Priorisierung der Impfempfänger ist sowohl fachlich medizinische (Definition von Risikogruppen) wie auch versorgungspolitisch (Verfügbarkeit des Gesundheitssystems) eine originär ärztliche Aufgabe, die von der Ärzteschaft insgesamt zu lösen ist. Dazu hat die verfasste Ärzteschaft in Deutschland mit der Ständigen Impfkommission der Bundesärztekammer die geeignete Institution.

    Die Letztentscheidung über den Einsatz von Impfstoffen im Einzelfall muss gleichwohl dem konkreten Arzt-Patientenverhältnis vorbehalten verbleiben.

    Beschluss Nr. 8

    5.000 neue Studienplätze erforderlich, davon 1.000 sofort

    Der Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz fordert die Bundesländer auf, 5.000 neue Studienplätze für Humanmedizin zu errichten und diese auskömmlich zu finanzieren. Die Delegierten begrüßen in Köln die gleichlautenden Pläne der Unionsfraktion, bundesweit 5.000 neue Studienplätze zu schaffen. In einem ersten Schritt sollten die vorhandenen Kapazitäten an den bestehenden 36 staatlichen Medizinischen Fakultäten sofort wieder um 1.000 Studienplätze für Humanmedizin erhöht werden. In einem weiteren Schritt soll die Zahl der Studienplätze hierzulande auf dann insgesamt 5.000 zusätzliche Plätze erhöht werden.

    Deutschland hat zu wenig medizinischen Nachwuchs, um für die Zukunft gut gewappnet zu sein. Aktuell gibt es bundesweit etwa 10.750 Studienplätze. Vor 1989 waren es noch 16.000. Deutschland liegt derzeit mit einer Zahl von zwölf Medizinabsolventen je 100.000 Einwohner deutlich unter dem OECD-Schnitt von 13,1 je 100.000, bilanziert das Bundesamt für Statistik.

    Nach dem massiven Abbau der Studienplatz-Kapazitäten im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung ist seit vielen Jahren im deutschen Gesundheitswesen der Bedarf an Ärztinnen und Ärzten nicht mehr durch die gut 10.000 jährlichen Absolventen aller Medizinischen Fakultäten hierzulande zu decken. Selbst durch die ethisch fragwürdige Abwerbung von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland ist der Mangel an Ärztinnen und Ärzten nicht zu lösen.

    Angesichts der Altersstruktur der Ärzteschaft, des zukünftigen medizinischen Fortschritts und der demografischen Entwicklung der Bevölkerung ist zudem damit zu rechnen, dass der Bedarf an Ärztinnen und Ärzten in den nächsten Jahren kontinuierlich weiter steigen wird. Die statistischen Zahlen der Ärztekammern sprechen eine deutliche Sprache.

    Beschluss Nr. 9

    Praktische Ausbildung im Medizinstudium auch in der Corona-Pandemie sicherstellen!

    Der Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz fordert die Landesregierungen auf, gemeinsam mit den Universitäten und Fakultäten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz bei der Entwicklung ihrer Hygienekonzepte während der Corona-Pandemie unter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln und gegebenenfalls in Kleingruppen die erforderlichen praktischen Teile des Medizinstudiums als Präsenzveranstaltungen zu gewährleisten.