• Kliniken türmen toxische Defizite auf

    KGNW-Präsident Ingo Morell: Ohne Finanzspritze droht ein Kollaps
    27.September 2022
    Köln/Düsseldorf. Mit großen Sorgen und unter enormem wirtschaftlichen Druck bereiten sich die Krankenhäuser in NRW auf die neue Corona-Welle vor. Die seit vorigem Herbst dauerhaft hohen Zahlen von COVID-19-Fällen auf den Stationen haben die Anspannung verschärft, weil die übliche Sommer-Entlastung im Klinikbetrieb ausgeblieben ist. „Die Kliniken gehen personell und finanziell vollkommen ausgepowert in den Corona-Herbst“, beklagt der Präsident der Krankenhausgesellschaft NW, Ingo Morell. „Die Sommer-Welle hat den seit Pandemiebeginn erzwungenen Ausnahmebetrieb zementiert. Empfindliche Personalausfälle haben dazu geführt, dass immer wieder Stationen geschlossen werden mussten. Solche Versorgungsengpässe könnten zum Dauerzustand werden, wenn die Kliniken auf den jetzt in allen Bereichen explodierenden Kosten sitzen bleiben und dann Personal abbauen müssen.

    „Mit mehr als 4.500 positiv auf Corona getesteten Patienten haben die NRW-Kliniken im Juli 2022 die 20-fache Zahl von COVID-19-Fällen stationär versorgt als Vorjahresmonat. In der Folge konnten weniger verschobene planbare Operationen nachgeholt werden, als notwendig gewesen wären.

    „Die Kliniken erwirtschaften 2022 ein deutliches Minus bei den Fallzahlen und Erlösen. Der Mehraufwand der Versorgung von Corona-Patienten wird seit dem 1. Juli nicht mehr bezahlt. Seit Ostern sind zudem die Ausgleichszahlungen abgeschafft, die zuvor als Teil des Rettungsschirms die Liquidität der Kliniken gesichert hatten.

    Nun schlägt auch noch die Inflation zu: Kliniken türmen toxische Defizite auf. „Die Preissprünge bei Erdgas und beim Strom kann kein Krankenhaus aus eigener Kraft tragen. Wir können diese Kosten an niemanden weitergeben.“ Schon jetzt schreiben sechs von zehn Kliniken rote Zahlen, hat das RWI Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung festgestellt, für 2023 erwartet es diese Situation für 80 Prozent. 

    In dieser Lage sind die enormen Kostensteigerungen für die NRW-Kliniken nicht zu verkraften. Allein schon in diesem Jahr mussten viele Krankenhäuser trotz bestehender Verträge bis zu vierfach höhere Preise für Erdgas und das Doppelte für Strom bezahlen. In den Verhandlungen für das kommende Jahr werden aktuell bis zu acht- bis zehnmal höhere Tarife aufgerufen, beim Strom liegt die Steigerung beim Sechsfachen.

    Auch die Preise für Lebensmittel, medizinische Güter und ebenso Dienstleistungen wie etwa Wäschereien sind um einen oft zweistelligen Prozentsatz gestiegen. Auch wenn es eine große Bandbreite in der Betroffenheit gibt, müssen alle Krankenhäuser für 2022 und 2023 mit einschneidenden Verlusten rechnen.

    Die KGNW sieht die Bundesregierung angesichts der bedrohlichen Lage für die NRW-Krankenhäuser in der Pflicht, umgehend einen Inflationsausgleich einzuführen, der die Kliniken zunächst für 2022 stabilisiert. Die Landesregierung muss ihrer Führungsrolle auf Länderseite weiterhin gerecht werden und den Druck noch weiter erhöhen. „Das Letzte, was wir jetzt benötigen, sind weitere wirtschaftlich bedingte Abteilungs- und Krankenhausschließungen.

    Wenn Professor Karl Lauterbach als verantwortlicher Bundesminister nicht handelt, droht in der Gesundheitsversorgung ein Kollaps. Krankenhausinsolvenzen, Wartelisten und überfüllte Notaufnahmen werden dann auch in NRW zum Normalfall“, warnte KGNW-Präsident Ingo Morell. Denn ohne eine umgehende finanzielle Unterstützung durch den Bund seien die Krankenhäuser gezwungen, ihr Angebot zu reduzieren. Dies treffe dann das Personal und die Versorgung der Menschen in NRW.