• Mehr Studienplätze, mehr Ärzte, mehr Investitionen

    Aktueller Kommentar des 1. Landesvorsitzenden Dr. med. Hans-Albert Gehle
    11.April 2017
    An den Rändern unserer Straßen ist das Werben der verschiedenen Parteien um die Gunst der Wähler nicht zu übersehen. Mitte Mai, in gut vier Wochen also, wählen die Bürger in Nordrhein-Westfalen die neuen Abgeordneten für den Düsseldorfer Landtag. Es geht derzeit vor allem um Bildung, innere Sicherheit und die Rente. Mehr Lehrer und Polizisten werden gefordert, aber mehr Ärzte nicht. Zu den feilgebotenen Slogans zählen leider keinerlei Aussagen zum Thema Gesundheit oder zu unserem Gesundheitswesen.
    Mich enttäuscht dies, aus vielerlei Gründen. Wir Ärzte erfahren tagtäglich in den Krankenhäusern, was uns fehlt: eine angemessene Personalausstattung im Bereich der Ärzteschaft und der Pflege, mehr Zeit für unsere Patienten, der sektor­übergreifende Abbau der Überlastung durch den Ansturm auf die Notfallambulanzen, weniger ökonomischer Druck und eine beherztere Integration unserer zugewanderten Kolleginnen und Kollegen.

    All dies spielt aber leider im heißen Wahlkampf in NRW kaum eine Rolle. Die Politik hat den Bürger seit eh und je versprochen, dass jeder Patient zu jeder Zeit die beste Versorgung erhält. Was dafür nötig ist, machen sich viele Politiker anscheinend nur ungern bewusst.

    Warum ändert sich das nicht? Denn längst hat doch die medizinische Versorgung unserer Patienten auch eine wirtschaftliche Bedeutung, die einst bei uns zwischen Rhein und Ruhr die Kohle-, Stahl- oder Autoindustrie gehabt haben. In keinem anderen Sektor unserer Wirtschaft arbeiten heute so viele Menschen wie im Gesundheitswesen. Da der medizinische Bedarf und Fortschritt weiter steigen werden, wage ich die ­Behauptung, in keinem anderen Sektor stehen wir vor so ­großen Herausforderungen wie in unserem Gesundheitswesen.

    Konzentrieren wir uns zunächst auf die drohende Verschärfung des Ärztemangels, den uns fehlenden ärztlichen Nachwuchs und die völlig unzureichende Finanzierung der Investitionen unserer Krankenhäuser – hier fehlen seit Jahrzehnten politische Lösungen.

    Obgleich auch unsere Steuerquellen seit Jahren so gut sprudeln wie selten zuvor, ist die nordrhein-westfälische Landesregierung nicht bereit, etwa in den Aufbau von zehn Prozent mehr Studienplätzen für Humanmedizin zu investieren. Jahr für Jahr investiert NRW eine Milliarde Euro zu wenig in unsere 350 Krankenhäuser. Wir richten den Blick immer wieder auf diese beiden politischen Defizite.

    Erste Parteien kündigen nun milliardenschwere Investitionsprogramme für Kliniken an. Aber, ist es eine ernsthafte Absicht oder nur Wahlkampfgetöse? Entsprechende Forderungen erheben wir im Marburger Bund seit vielen Jahren. Als Wähler sollte jeder von uns in NRW bei jeder sich bietenden Gelegenheit vor der Wahl am 14. Mai für diese beiden ungelösten Probleme klare Antworten von seinen Politikern vor Ort verlangen, denn jeder von uns kann in die Lage geraten, medizinische Hilfe zu benötigen.

    Was aber, wenn die gewohnte kleine Klinik in der Nähe geschlossen werden musste, weil die chronische Unterfinanzierung durch das Land ihr den Exitus brachte? Was aber, wenn Patienten auf überlastete und übermüdete Ärztinnen und Ärzte treffen, die da­runter leiden, dass drei Arztstellen in ihrer Abteilung seit Monaten vakant sind?

    Wir müssen unsere Politiker noch stärker in ihren politischen Heimatkreisen da­rauf aufmerksam machen, dass Veränderungen nötig sind. Wir müssen uns für die Belange unserer Patienten stärker in die Politik einmischen. Wir brauchen zehn Prozent mehr Studienplätze und mehr Investitionen in unseren Kliniken.

    Ob Sie rot, schwarz, grün oder gelb bevorzugen – Hunderttausende Beschäftigte im Gesundheitswesen und viele Millionen Wähler in NRW warten in diesem Wahlkampf auf die Slogans, die ihre wirklichen Probleme lösen. Mehr Studienplätze, mehr Ärzte, mehr Investitionen – mit diesem Slogan sollten Parteien um ihre Wählerstimmen kämpfen. Dabei darf es natürlich nicht bleiben, unverzichtbar ist für die neuen regierenden Parteien die Umsetzung ihrer Wahlversprechen durch Taten in die Realität.