• Präsident Dr. med. Theodor Windhorst sieht durch Dirigismus die ärztliche Berufsfreiheit gefährdet

    Klares Votum des Vorstandes der Ärztekammer Westfalen-Lippe
    15.Oktober 2018
    Münster
    Der Vorstand der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) wehrt sich gegen „dirigistische Eingriffe des Bundes in die gesundheitspolitische Versorgungsverantwortung“. Durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz werde mit den zusätzlichen Sprechstunden für die Terminservicestellen sowie der angeordneten Arbeitszeitaufstockung von 20 auf 25 Wochenstunden in die Praxen und deren Abläufe „hineinregiert“, ungeachtet dessen, dass die meisten Ärzte schon auf eine Wochenarbeitszeit von bis zu 70 Stunden kämen.

    Auch die aktuellen Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), nach denen die Krankenhäuser vor dem Hintergrund fehlender Pflegekräfte zukünftig nicht mehr autonom über die Verwendung der Fallpauschalen verfügen dürfen sollen, stoßen auf heftige Kritik beim ÄKWL-Vorstand. Das sei ein „Dirigismus, der die ärztliche Berufsfreiheit gefährdet“.

    „Es ist offensichtlich, dass die Pflege in den Kliniken mehr Geld benötigt, aber das darf nicht zu Eingriffen in die autonome Verantwortlichkeit der Klinikleitungen und damit zu deren Entmachtung führen“, betont Kammerpräsident Dr. Theodor Windhorst. Nach Aussagen des Pflegebeauftragten der Bundesregierung will das BMG mit dem Eingriff in das System der Fallpauschalen dafür sorgen, dass der Pflege-Anteil der Pauschalen nicht zweckentfremdet für andere Aufgaben des Krankenhauses verwendet wird: „Am Ende des Tages ein ‚Überlebenspaket’ für Krankenhäuser und Letztverantwortliche.“

    Einen Lösungsansatz für das Finanzproblem der Kliniken sieht der Kammervorstand nicht durch Regelungen des Bundes, sondern vielmehr auf Länderebene. Bei der Klinikfinanzierung müsste die von den Ländern zu leistende Investitionsförderung der Krankenhäuser auf das notwendige Maß aufgestockt werden. „In Nordrhein-Westfalen werden 1,5 Milliarden Euro gebraucht, es gibt aber nur 840 Millionen – etwas mehr als schon in früheren Zeiten. Das ist einiges, was den Krankenhäusern fehlt.

    Durch eine ausreichende Erhöhung der Investitionsförderung würden die Krankenhäuser endlich in die Lage versetzt, ihrem Auftrag der Daseinsvorsorge mit ausreichendem Fachpersonal (so vorhanden) besser gerecht zu werden. Und niemand müsste auf die Fallpauschalen zurückgreifen.“ 
    Den Pflegepersonalbedarf in den Krankenhäusern könne man zudem nicht durch die Festlegung von Mindestzahlen steuern und strukturieren, erklärte Dr. Theodor Windhorst weiter. „Untergrenzen zementieren nur den Pflegenotstand und sind keinesfalls zielführend, um eine patientenorientierte Versorgung zu gewährleisten.“

    Vielmehr seien „eine ausreichende Finanzierung und ein vernünftiges Gesamtkonzept erforderlich“. Das Zahlenverhältnis zwischen Pflegekräften und Patienten müsse dem Bedarf der Aufgaben und Funktionen gerecht werden. Zum Beispiel sollte auf Intensivstationen ein Verhältnis von mindestens einer Pflegekraft zu zwei Patienten, auf Frühchen-Stationen ein Verhältnis Eins-zu-Eins gegeben und festgeschrieben sein. „Es ist wichtig, einen verbindlichen Betreuungsschlüssel Pflege-Patient zu entwickeln.“

    „Man kann sich nicht einfach aus dem System der Fallpauschalen bedienen, um bestehende Finanzlücken zu schließen“, warnt Dr. Windhorst. „Soll das bei der Ärzteschaft dann auch so laufen? Das Bedienen von Partikularinteressen ist keinesfalls der richtige Weg. Nicht Lücken füllen, sondern ein vollständig finanziertes Gesamtkonzept ist wichtig. Ohne Pflege, ohne Ärzte gibt es keine Patientenversorgung.“