• Privater Träger fordert staatliche Abwrackprämie - Ärzte warnen vor drastischer Verschlechterung der Versorgung

    Asklepios Kinderklinik Sankt Augustin soll im Herbst geschlossen werden
    03.Juli 2019
    Sankt Augustin/Bonn (mhe). Eine folgenreiche Entwicklung: Nachdem führende Kardiologen und Herzchirurgen mitsamt eines Ärzte- und Pflegeteams der Asklepios Kinderklinik zur Uniklinik Bonn wechseln wollen, würden nach eigenen Angaben des privaten Klinikbetreibers 45 Prozent der stationären Erlöse wegbrechen. Ohnehin benachteiligt das DRG-System schon die Kindermedizin und Geburtsmedizin. „Aus eigener Kraft wird die Klinik nicht überleben können“, bekannte der Geschäftsführer der Asklepios Klinik, Uwe Jansen. Das die Klinik in Gefahr ist, wurde erstmals im Frühjahr angekündigt. Nun haben die Asklepios Kliniken in Hamburg gestern per Pressemitteilung bekanntgegeben, dass sie zur Schließung der Kinderklinik Sankt Augustin zum 1. Oktober 2019 Fördermittel aus dem mit 500 Millionen Euro gefüllten Strukturfonds der Bundesregierung zur vollständigen Schließung des Klinikstandortes fordern. Die Fondsgelder fließen nur bei Schließungen und Kapazitätsabbau – eine klassische Abwrackprämie.

    Die Kinderklinik St. Augustin verfügt über 205 stationäre Betten und verschiedene Spezialambulanzen, in der jährlich ca. 7.800 stationäre Fälle sowie 57.000 Patienten ambulant versorgt werden. Die Kinderklinik St. Augustin eine der wenigen rein pädiatrischen Einrichtungen. Sie hält neben der allgemeinpädiatrischen Abteilung auch verschiedene spezialisierte Fachabteilungen vor, die Patienten nahezu aus dem gesamten Bundesgebiet versorgen.

    Es geht nicht nur um Kinder aus der Region. St. Augustin liegt am Rande des Ballungsraumes Bonn und Köln, aber das Einzugsgebiet der Kinderklinik erstreckt sich weit in ländliche Bereiche des Rhein-Sieg-Kreises, in den Bergischen und Oberbergischen Kreis, in das nördliche Rheinland-Pfalz sowie in die Randgebiete des Bonner und Kölner Stadtgebietes.

    Das eine Kinderklinik dieser Größe und mit einer überregionalen Expertise geschlossen werden könnte, hätte in der Ärzteschaft in Sankt Augustin vor geraumer Zeit kaum jemand gedacht. „Wo sollen unsere Patienten mit ihren oft komplexen Erkrankungen zukünftig überhaupt behandelt werden können?“, fragen sich die Ärztinnen und Ärzte in St. Augustin. Sie sorgen sich um eine drastische Verschlechterung der Versorgung ihrer jungen Patienten.

    Sorgen um Engpässe in der Versorgung werden derzeit aber von Schuldvorwürfen und monetären Fragen überlagert. Asklepios wirft dem Land „Strukturpolitik durch die Hintertür“ vor, da mit staatlichen Geldern in dreistelliger Millionenhöhe ein Herz- und Eltern-Kind Zentrum in der Nähe gebaut wurde. Durch den Neubau an der Universitätsklinik Bonn habe man Fakten zu Lasten von Asklepios geschaffen. Zugleich habe das Land NRW angekündigt, dass zwei Kinderherzzentren in räumlicher Nähe von Sankt Augustin und Bonn nicht sinnvoll seien.

    Die Mitarbeiter in Sankt Augustin wurden von der Schließungsankündigung in dieser Woche überrascht. In der lokalen Politik warfen Politiker Asklepios eine „gnadenlose Renditetreiberei“ vor. Auf den Stationen herrsche Druck und Angst. Erinnert wird mitunter daran, dass Asklepios verpflichtet ist, dem Kreis 60 Jahre lang jährlich 115.000 Euro zu zahlen.

    Aber, es geht um viel Wichtigeres, eben nicht nur Schuld oder Geld: Betroffene Ärztinnen und Ärzten warnen vor einer gravierenden Versorgungslücke. Bereits im Mai 2019 hatten der Bundesverband niedergelassener Kinder- und Jugendärzten des Rhein-Sieg-Kreises und der Stadt Bonn an das Gesundheitsministerium NRW geschrieben und vor einem Schaden für die Versorgungsqualität der pädiatrischen Patienten im Falle einer Schließung der Kinderklinik gewarnt. Bereits in den vergangenen Winterhalbjahren sei es durch eine zu geringe stationäre Versorgungskapazität der drei großen regionalen Kliniken zu Verlegungen der akut kranken Kinder bis in 100 Kilometer entfernte Kliniken gekommen.

    Bleibt noch ein Ausweg? „Für den Fall, dass die Finanzmittel zur vollständigen Schließung des Klinikstandorts nicht bewilligt werden, hat die Geschäftsführung der Klinik hilfsweise Fördermittel zur Schließung der Kinderherzchirurgie und Kinderkardiologie beantragt. Damit verbunden ist ein Antrag zur Gewährung eines Sicherstellungszuschlags für den verbleibenden Krankenhausbetrieb“, heißt es ferner in der Pressemitteilung von Asklepios.

    Für die betroffenen Ärztinnen und Ärzte ist klar ist, die Politik steht in der Verantwortung: Das Land hat die medizinische Versorgung sicherzustellen, insbesondere auch für kranke Kinder, fordern sie.