• Schlafwagen mit immensen Verspätungen

    Caritas – Arztgehälter bummeln weiter hinterher / Bessere Arbeitsbedingungen erst im nächsten Fahrplan
    22.Juni 2020
    Köln (rhl). Ende vergangener Woche verkündete der sog. Dienstnehmer-Sprecher der Arbeitsrechtlichen Kommission (AK) des Deutschen Caritasverbandes Thomas Rühl großspurig die rückwirkende „Tarifeinigung“ für 30.000 Caritas-Ärzte und die Begrenzung der Bereitschaftsdienste. Eine entsprechende Regelung hatten die Vertreter aus den Mitarbeitervertretungen der Caritas-Einrichtungen mit den Arbeitgebern ohne Beteiligung der Gewerkschaftsvertreter des Marburger Bundes zuvor ausgekungelt. In Schlafwagenmanier werden nun die Arbeitsbedingungen mit immensem Zeitversatz nach und nach an das Niveau des öffentlichen Dienstes „angepasst“. Der Beschluss wurde gegen die Stimmen der MB-Vertreter getroffen. Wir stellen nur drei der 62 Mitglieder in der AK.

    Zunächst, die AK beschließt keine Tarifverträge. Die AVR sind rechtlich betrachtet „Allgemeine Geschäftsbedingungen“, die nur über die vertragliche Bezugnahme zum Inhalt der jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse werden. Die jetzt beschlossene Gehaltssteigerung kommt mindestens ein Jahr später als im öffentlichen Dienst. Auch wenn die dritte Stufe des VKAAbschlusses mit eingepreist wird, fehlt die Gehaltsanpassung für 2019 vollständig. Bezogen auf die Laufzeit der VKA-Einigung erhalten die Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Dienst eine um gut 4 v.H. höhere Gehaltssteigerung.

    Das gleiche gilt für die allgemeine Anpassung der Vergütung für Bereitschaftsdienste, Rufbereitschaften, Überstunden etc. Dabei ist noch nicht einmal sicher, ob nicht einige Regionalkommissionen noch einen weiteren Zeitaufschub draufpacken, was in der Vergangenheit mehrfach geschehen ist. Der allgemeine 15-prozentige Zuschlag auf alle Bereitschaftsdienststunden soll zum 1. April 2020 kommen, neun Monate später. Real bedeutet dies einen Verlust von 50 v.H.

    Auch die weiteren mit der VKA vereinbarten Regelungen kommen erst im Schlafwagentempo: Mit einer Verzögerung von eineinhalb Jahren wird zum 1. Januar 2021 die Arbeitszeiterfassung eingeführt. Das Gleiche gilt für die Reduzierung der Opt-Out-Grenze auf 56 Wochenstunden. Ebenfalls erst zum 1. Januar 2021 wird mit einjähriger Verzögerung die Grenze von max. vier Bereitschaftsdiensten eingeführt. Die Zuschläge für die Überschreitung entsprechen zwar formal der VKA-Regelung, kommen aber ein Jahr später.

    Zudem gibt es für „kleine Abteilungen“ mit bis zu sieben Ärzten die Möglichkeit bis zu sieben Dienste im Monat anzuordnen, das wäre gegenüber den achtziger Jahren eine Reduzierung um glatt einen Dienst im Monat. Auf eine rechtzeitige Dienstplanung und Regelungen zu freien Wochenenden müssen die Ärztinnen und Ärzte an Caritas-Krankenhäusern auch noch bis 2021 warten.

    Das lange Warten wird aber „fürstlich“ belohnt: Jeder Arzt, der seine Tätigkeit für eine Caritas-Klinik bis dahin aushält, bekommt im Januar 2021 einmalig 700 Euro. Nicht mal die Chance, diese Zahlung in 2020 vorzuverlegen und die steuerliche Begünstigung als Corona-Zulage zu nutzen, wurde ausgeschöpft. Mit einer Verzögerung von zwölf Jahren und drei Monaten gegenüber den Regelungen des öffentlichen Dienstes aufgehoben wird eine Sonderregelung zur Befristung von Arbeitsverträgen von Ärzten, die mit Weisungsbefugnissen gegenüber Mitarbeitern ausgestattet sind und als Führungskräfte galten.

    Über die noch ausstehenden, zur Umsetzung erforderlichen Beschlussfassungen der Regionalkommissionen NRW und Mitte (Rheinland-Pfalz) werden wir berichten, sobald sie uns vorliegen.