• Schutzimpfungen gegen Corona in Rheinland-Pfalz - Enttäuschung und Hoffnung

    Kommentar von Michael Karch - Vorsitzender des MB-Arbeitskreises RLP
    24.Februar 2021
    Von Michael Karch
    Ziehen wir zunächst eine erste, ernüchternde Bilanz: Über 100.600 Menschen in Rheinland-Pfalz haben sich seit dem Februar 2020 bereits mit dem Corona-Virus infiziert. 3031 Rheinland-Pfälzer sind an Covid-19 gestorben. Aktuell (23. Februar) haben wir knapp 6.000 Bürger in RLP, die corona-positiv getestet wurden. Wir alle wissen aus unserer täglichen Arbeit, was das gefährliche Sars-CoV-2-Virus anrichten kann, wie infizierte Patienten um ihr Leben kämpfen und wie sehr wir alles medizinisch Erdenkliche tun, um wieder eine Genesung unserer Patienten zu erreichen.

     

    Blicken wir zurück: Am 27. Dezember begann eine neue Ära: Seither wurde in Rheinland-Pfalz gegen das Corona-Virus geimpft – in Alten- und Pflegeeinrichtungen, in landesweit über 31 Impfzentren und auch in ausgewählten Krankenhäusern. Obwohl die Impfung bundesweit zunächst nur in der höchsten Priorisierungsgruppe durchgeführt werden soll, ist leider das Krankenhauspersonal nicht in allen Bundesländern als Erstes geimpft worden. Auch in RLP sind weite Teile der Pflege und auch der Ärzteschaft in unseren Krankenhäusern noch immer nicht geimpft!

    Es sah so aus, als hätten wir in Rheinland-Pfalz Glück gehabt. Von Anfang an zählten die Beschäftigten in den Kliniken zu denjenigen, die den Schutz gegen das verheerende Virus angeboten bekamen. Das ist ebenso vernünftig wie erforderlich. Niemand hat wohl erwartet, dass von Beginn an alles glatt verläuft und für alle ausreichend Impfdosen vorhanden sind. Aber Krankenhauspersonal muss weiterhin in der höchsten Priorisierungsgruppe bleiben! Dies ist und bleibt eine Herkulesaufgabe, die mit der Organisation der Impfung der Bevölkerung noch wesentlich größer werden wird!

    Aber gut drei Wochen nach dem Impfstart wurden auch in RLP die Impfungen abrupt gestoppt. Die Hersteller vermeldeten „unerwartet“ und ungewöhnlich kurzfristig Lieferengpässe, was zur Folge hat, dass bis Mitte Februar mindestens 30.000 zugesagte Impfdosen fehlen. Alle Zweitimpfungen seien aber dennoch gesichert, versichert unser Impfkoordinator Dr. Alexander Wilhelm. Nun ist darum eine politische Debatte entbrannt. Allen Beteiligten sei geraten, nicht mit den Fingern auf andere zu zeigen. Lösungen müssen her! Es eilt!

    Ich kann es sehr wohl nachvollziehen, dass die Enttäuschung über diesen Impfstopp unter uns Klinikärzten groß ist. Wir alle setzen uns täglich für unsere Patienten ein. Wir nehmen damit ein erhebliches Infektionsrisiko für uns, aber auch für unsere Familien, in Kauf! Gerade deshalb ist bei dieser grassierenden Pandemie eine sorgfältige Planung und die Einhaltung der Lieferzusagen für Klinikärzte existenziell. Das erwarten wir von allen Beteiligten!

    Zu guter Letzt möchte ich mein Unverständnis über Impfgegner zum Ausdruck bringen. Wir sind mitten in einer Pandemie und Menschen sterben! Nur mit gemeinsamen Anstrengungen werden wir diese überwinden können. Ich empfinde die Diskussion mit fabulierten, nicht belegbaren und oft verquerten Behauptungen zynisch und in Teilen auch egoistisch.

    Wir Ärztinnen und Ärzte wissen hingegen, die derzeit verfügbaren und zugelassenen Impfungen sind wirksam! Sie schützen Geimpfte zuverlässig vor schwersten Infektionen. Ein Akzeptanzpro­blem haben wir Klinikärztinnen und -ärzte daher nicht.

    Der Marburger Bund hat in der vergangenen Woche eine Online-Umfrage durchgeführt, an der sich mehr als 5.000 Ärztinnen und Ärzte beteiligt haben. 96 Prozent wollen sich impfen lassen. Vorbildlicher und eindrucksvoller geht es kaum! Ein klares Statement, auch gegen Fake-News!

    Seien wir dankbar, dass es gelungen ist, nur ein Jahr nach Beginn der Pandemie mehrere (!) zugelassene, wirksame Impfstoffe zur Verfügung zu haben. Hoffen wir, dass die Produktion der Impfstoffe nun deutlich gesteigert wird, die Verteilung bestmöglich gelingt und letztlich jedem Bundesbürger ein Impfangebot gemacht werden kann. Bleiben auch Sie alle gesund! Ich zähle auf Sie!