• Senkung der Mehrwertsteuer könnte GKV-Zusatzbeiträge stabilisieren

    Ärztekammer Nordrhein fordert mehr Kooperationen in der Weiterbildung und wirksame Alterskontrolle der Onlineplattformen
    23.November 2025
    Die nordrheinische Ärzteschaft fordert, den Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel zu senken. Damit allein ließen sich für die GKV Einsparungen von mindestens fünf Milliarden Euro jährlich erzielen. Zudem forderte die Kammerversammlung die nordrhein-westfälische Regierung auf, Krankenhäuser, die zur Erfüllung von Qualitätsvorgaben miteinander kooperieren, zu verpflichten, auch in der Weiterbildung zusammenzuarbeiten. Ferner müssen Kinder und Jugendliche besser vor den Folgen von Nikotin- und Tabakkonsum geschützt werden. Onlineplattformen machen es Kindern und Jugendlichen leicht, an Nikotin- und Tabakerzeugnisse zu gelangen, obwohl ihnen der Erwerb gesetzlich verboten ist. Das Parlament der nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte hat sich für eine wirksame Alterskontrolle sowohl bei der Bestellung als auch bei der Auslieferung ausgesprochen.
    Kammerpräsident Dr . med. Sven Dreyer forderte u.a. eine bessere Vernetzung der Kliniken bei der ärztlichen Weiterbildung.
    Kammerpräsident Dr . med. Sven Dreyer forderte u.a. eine bessere Vernetzung der Kliniken bei der ärztlichen Weiterbildung.

    Die nordrheinische Ärzteschaft fordert, den Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel zu senken. Angesichts drohender Milliardendefizite in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat sich das Parlament der nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte für eine Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für verschreibungspflichtige Medikamente von 19 auf sieben Prozent ausgesprochen. Damit allein ließen sich für die GKV Einsparungen von mindestens fünf Milliarden Euro jährlich erzielen.

    Arzneimittel sind keine Luxusgüter

    In Deutschland wird auf Arzneimittel der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent erhoben, während für „Waren des täglichen Bedarfs“, darunter Fleisch, Zucker, Schokolade, aber auch für Schnittblumen der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent gilt. Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein hat im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft den Gesetzgeber aufgefordert, diese „unerklärliche“ Praxis zu beenden. Auf verschreibungspflichtige Arzneimittel solle dauerhaft nur noch der ermäßigte Steuersatz erhoben werden. Arzneimittel seien keine Luxusgüter, sondern in vielen Fällen für die Patientinnen und Patienten lebensnotwendig, betonte das Ärzteparlament.

    „Deutschland steht mit der hohen Besteuerung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln innerhalb der EU relativ isoliert da“, erklärte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Dr. Sven Dreyer.

    Weit überwiegende Mehrheit der EU-Staaten hat ermäßigten Steuersatz auf Medikamente 

    24 der 27 EU-Mitgliedstaaten wendeten einen ermäßigten Steuersatz auf Arzneimittel an oder verzichteten komplett auf eine Besteuerung. Kurzfristig könnten die durch eine Steuersenkung auf sieben Prozent erzielten Einsparungen für die GKV dabei helfen, die Zusatzbeiträge der Versicherten im nächsten Jahr stabil zu halten.

    Kooperierende Kliniken müssen verpflichtet werden, auch bei der ärztlichen Weiterbildung zusammenzuarbeiten.

    In einem weiteren Beschluss forderte die Kammerversammlung die nordrhein-westfälische Regierung auf, Krankenhäuser, die zur Erfüllung von Qualitätsvorgaben miteinander kooperieren, zu verpflichten, auch in der Weiterbildung zusammenzuarbeiten. Spezialisierung, Schließungen und Fusionen im Rahmen der Krankenhausreform führen bereits jetzt vielerorts dazu, dass Weiterbildungsinhalte nicht mehr an allen Kliniken vollumfänglich erlernt werden können. 

    Die Weiterbildung ist ein zentraler Bestandteil medizinischer Qualitätssicherung. Um die Vielfalt der fachärztlichen Tätigkeit abzubilden, sei es wichtig, dass die Weiterbildung nicht nur an Kliniken der Maximalversorgung, sondern auch an kleineren Klinikstandorten und in den Praxen niedergelassener Ärztinnen und Ärzte stattfinde.

    Die Landesregierung müsse deshalb Krankenhäuser verpflichten, Weiterbildungsrotationen anzubieten. Außerdem müssten rechtliche Hürden bei der Arbeitnehmerüberlassung abgebaut werden. 

    „Die ärztliche Weiterbildung muss sicherer Bestandteil der Krankenhausreform sein“, sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Dr. med. Sven Dreyer. Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung benötigten verlässliche Weiterbildungsmöglichkeiten im stationären und im ambulanten Bereich. Andernfalls sei die zukünftige fachärztliche Versorgung in Gefahr. Dreyer bekräftigte zudem, dass die Ärztekammer Nordrhein den Aufbau und die Zertifizierung regionaler sektorenübergreifender Weiterbildungsverbünde aktiv unterstütze.

    Wirksame Alterskontrolle für Onlineplattformen nötig - Kindern und Jugendliche kommen zu leicht an Nikotin- und Tabakerzeugnisse.

    Kinder und Jugendliche müssen besser vor den Folgen von Nikotin- und Tabakkonsum geschützt werden. Angesichts drohender Gesundheitsschäden hat sich das Parlament der nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte für eine wirksame Alterskontrolle sowohl bei der Bestellung als auch bei der Auslieferung ausgesprochen. Onlineplattformen machen es Kindern und Jugendlichen leicht, an Nikotin- und Tabakerzeugnisse zu gelangen, obwohl ihnen der Erwerb gesetzlich verboten ist. 

    Die Studienlage spricht für sich: Jeder siebte Schüler im Alter von 16 und 17 Jahren hat schon einmal Nikotinbeutel probiert. Jedes achte Kind zwischen neun und 13 Jahren hat bereits E-Zigaretten geraucht, unter den 14- bis 17-Jährigen ist es mehr als jeder Dritte. Angesichts der erheblichen Gefahren für die Gesundheit der Heranwachsenden hat die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein den Gesetzgeber aufgefordert, Lebensmittelaufsicht, Verbraucherschützer, Polizei und Zoll personell so aufzustellen, dass sie den Onlinehandel mit altersbeschränkten Produkten wirksam kontrollieren und Missbrauch sanktionieren können.

    „Zwar ist der Konsum von Zigaretten in den letzten Jahren zurückgegangen“, sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Dr. Sven Dreyer. „Dafür sind aber vermehrt alternative Nikotin- und Tabakerzeugnisse wie Vapes oder Tabakbeutel auf den Markt gekommen, die Kinder- und Jugendliche schon früh an den Nikotinkonsum gewöhnen.“ Um Kinder und Jugendliche wirksam zu schützen, sei eine konsequente Umsetzung des Jugendschutzgesetzes im Onlinehandel unerlässlich, beispielsweise durch Ausweiskontrollen oder Altersverifikationsdienste.

    Weitere Berichte zur 4. Kammerversammlung folgen.