• Telenotarzt-System wird flächendeckend in Nordrhein-Westfalen etabliert

    Landesregierung, Verbände der Krankenkassen, kommunale Spitzenverbände und Ärztekammern unterzeichnen Absichtserklärung
    24.Februar 2020
    Düsseldorf. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, Vertreter der Krankenkassen, die kommunalen Spitzenverbände und die beiden Ärztekammern in Nordrhein-Westfalen wollen ein flächendeckenden Telenotarzt-Systems aufbauen. Die Akteure haben eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet. „Das System ist eines der herausragenden Projekte in der Digitalisierungsstrategie im Gesundheitswesen des Landes. In Aachen zeigt man uns tagtäglich, dass der Telenotarzt die bereits vorhandenen Strukturen des Rettungswesens exzellent ergänzt und darüber hinaus die notfallmedizinische Versorgung optimiert“, erklärte Minister Laumann. Ausdrücklich lobte er die sehr gute Zusammenarbeit der beteiligten Akteure.

    Mit der Absichtserklärung bekräftigen die Beteiligten den gemeinsamen Willen zur bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Umsetzung des flächendeckenden Ausbaus. Es ist beabsichtigt, dass bis spätestens Ende 2022 in jedem Regierungsbezirk mindestens ein Telenotarzt-Standort den Regelbetrieb aufgenommen hat. Die Beteiligten sind sich darin einig, dass nicht jeder Träger des Rettungsdienstes eine eigene Telenotarzt-Zentrale benötigt.

    Weitere Standorte sollen anhand gemeinsamer fachlicher Kriterien festgelegt werden. Auf Grundlage einer Bedarfserhebung und Potentialanalyse der Universität Maastricht und den Vorerfahrungen aus Aachen sollen Kommunen Trägergemeinschaften bilden. Die Kosten sind über die Gebührensatzungen der Träger der Rettungsdienste refinanzierbar. Träger des Rettungsdienstes sind die Kreise und kreisfreien Städte.

    „Gerade in Situationen, in denen die physische Anwesenheit eines Notarztes in der täglichen Notfallversorgung nicht gelingt oder möglich ist, bildet der Telenotarzt eine sinnvolle und zeitgemäße Ergänzung“, betonte Rolf Buchwitz, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der AOK Rheinland/Hamburg. „Die gesetzlichen Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen begrüßen die Entwicklung zur Implementierung des Telenotarzt-Systems daher ausdrücklich.“

    „Die Städte, Kreise und Gemeinden unterstützen die landesweite Einführung von Telenotarzt-Einsatzzentralen“, sagte Dr. Martin Klein, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags Nordrhein-Westfalen und Unterzeichner für die kommunalen Spitzenverbände in Nordrhein-Westfalen (Städtetag NRW, Landkreistag NRW und Städte- und Gemeindebund NRW). „Bei der Bildung von Trägergemeinschaften wird es fachlich sinnvolle und faire Vereinbarungen zwischen Kreisen und kreisfreien Städten als Träger des Rettungsdienstes geben, so dass eher städtische und eher ländliche Regionen gleichermaßen mit Telenotarzt-Einsatzzentralen ausgestattet sein werden. Wichtig ist uns aber auch, dass die landesweite Einführung von Telenotärzten kein Sparprogramm wird. Vielmehr erwarten wir, dass die Qualität der ambulanten Notfallversorgung hierdurch insgesamt gesteigert wird.“

    „Die Digitalisierung im Gesundheitswesen kann die Patientenversorgung verbessern. Ein gutes Beispiel dafür ist das bereits praxisbewährte Telenotarzt-System, das nun landesweit in NRW eingeführt werden soll“, hob Dr. med. Hans-Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe und Unterzeichner für die beiden Ärztekammern in Nordrhein-Westfalen hervor.

    „Vor dem Hintergrund des Ärztemangels insbesondere im ländlichen Raum sowie der Diskussion um neue Krankenhausstrukturen wird sich auch das Rettungswesen anpassen müssen, denn die Wege vom Einsatzort zur ärztlichen Versorgung könnten länger werden. Der Telenotarzt kann hier Versorgungslücken schließen und die Patienten gezielter den jeweiligen stationären oder ambulanten Versorgungsstrukturen zuführen. Mit dem Telenotarzt ist ärztliche Kompetenz im Rettungsfall schneller als bisher verfügbar und er gewährleistet die ärztliche Unterstützung des Rettungspersonals bereits vor Ort.“

    Die Implementierung des Telenotarzt-Systems soll schrittweise und in enger Abstimmung mit den Beteiligten erfolgen. Als Nächstes wird die Region Ostwestfalen-Lippe an den Start gehen. Auch die Landeshauptstadt Düsseldorf hat bereits – wie einige andere Kommunen – die ersten Planungsschritte eingeleitet.

    „Ich begrüße alle Ansätze zur Verbesserung der notfallmedizinischen Versorgung unserer Bürger“, meinte Prof. Dr. Andreas Meyer-Falcke, Gesundheitsdezernent der Landeshauptstadt Düsseldorf. „Das bisherige Nebeneinander von drei Systemen muss viel mehr als bislang aus Sicht der Betroffenen neu gedacht werden. Das Festhalten an althergebrachten Strukturen erfüllt diese Forderung nicht.“

    Nach und nach werden weitere Standorte folgen. Das Telenotarzt-System soll das bestehende Notarztwesen nicht ersetzen, sondern stellt eine Ergänzung dar. Denn nicht bei jedem Notfall ist die persönliche Anwesenheit eines Notarztes nötig. Vieles kann das Rettungsdienstpersonal aufgrund der Qualifizierung auch alleine bewältigen.

    Ein Telenotarzt-System kann die Einsatzkräfte hierbei in ihrer Arbeit optimal unterstützen. Wenn eine Notärztin oder ein Notarzt vor Ort benötigt wird, arbeiten beide Systeme Hand in Hand. Insbesondere bei der Qualifikation der Ärztinnen und Ärzte werden die Ärztekammern in Nordrhein-Westfalen eine wichtige Rolle spielen.

    Zur Information:

    Anzahl der Leitstellen in Nordrhein-Westfalen:

    • Je Kreis und kreisfreier Stadt eine Leitstelle
    • Insgesamt: 52 „normale“ Leitstellen (zwei Leitstellen wurden zusammengelegt)

    Telenotarzt-Systeme:

    • Derzeit eine Leitstelle mit Telenotarzt-System in Aachen (unter Anschluss der Kreise Heinsberg und Euskirchen)
    • Ein Telenotarzt-System entspricht einem Arbeitsplatz mit einer 24h/365-Tage-Besetzung
    • Bedarf aufgrund einer Bedarfs- und Potentialanalyse der Universität Maastricht: 12 bis 16 Telenotarzt-Systeme in Nordrhein-Westfalen (hochgerechnet: Versorgung von 1 bis 1,5 Millionen Menschen pro Telenotarzt-System)
    • Nächste Umsetzung eines Telenotarzt-Systems in den Kreisen Höxter, Lippe und Paderborn in Planung