Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation spendeten 2016 nur noch 857 Menschen Organe. Das entspricht 10,4 Spender pro Million Einwohner, in Spanien waren es im gleichen Zeitraum 43,4. „Während um uns herum immer mehr europäische Länder dabei sind, mit einer erweiterten Widerspruchslösung mit Vetorecht der Angehörigen die gesetzlichen Voraussetzungen für mehr Organspenden zu schaffen, ist dieser Weg in Deutschland noch immer nicht mehrheitsfähig“, bedauert Dr. Windhorst. Deshalb müsse alles unternommen werden, um die Spendenbereitschaft mit den bestehenden Möglichkeiten zu steigern.
Deutschland ist nach wie vor Organ-Importland.
Die erweiterte „Widerspruchslösung“ sieht in den meisten europäischen Ländern vor, dass grundsätzlich als Organspender gilt, wer einer Spende zuvor nicht ausdrücklich widersprochen hat. „Das seit einigen Jahren geltende deutsche Verfahren, dass Krankenkassen ihre Versicherten informieren und diese dann eine Entscheidung über eine mögliche Organspende treffen, hat hingegen keine nachhaltige Besserung der Situation gebracht“, kritisiert Dr. Windhorst. „Deutschland ist nach wie vor Organ-Importland.“
Engagement der Krankenkassen reicht bei weitem nicht aus.
Obgleich es positive Beispiele für die Versicherteninformation gebe, reiche das Engagement der Krankenkassen bei weitem nicht aus, genügend Menschen zu einer Entscheidung zu motivieren. „Man ist nach wie vor nicht wirklich gezwungen, sich ernsthaft mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen“, bemängelt Dr. Windhorst. So schöben viele diese wichtige Entscheidung in die Zukunft und damit auf ihre Angehörigen ab.
Wer nicht rechtzeitig selber für sich entscheide, mute damit seinen Angehörigen zu, im Falle eines Falles in einer ohnehin hoch belastenden Phase des Abschiednehmens und der Trauer eine Entscheidung über eine Organspende treffen zu müssen. Dabei sei es mit einem Spenderausweis oder künftig im „Patientenfach“ der elektronischen Gesundheitskarte denkbar einfach, seinen Willen frühzeitig zu dokumentieren. Zu überlegen sei zudem, schlägt der Kammerpräsident vor, ob nicht eine Beteiligung an den Kosten für die Bestattung eines Organspenders eine Form der gesellschaftlichen Anerkennung für solches Engagement sein könne.
Den Krankenhäusern fehlen die finanziellen Voraussetzungen
Nicht nur die Motivation, auch die strukturellen und finanziellen Voraussetzungen für Organspenden in Krankenhäusern müssen weiter verbessert werden, fordert Dr. Windhorst. So müssten die seit einigen Jahren tätigen Transplantationsbeauftragten in den Kliniken bessere Bedingungen zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhalten. „Transplantationsbeauftragte müssen für ihre Arbeit aus dem Routinebetrieb eines Krankenhauses herausgenommen werden und autarker als bisher agieren können.“
Vor einer Organspende ist die Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls durch besonders qualifizierte Fachärztinnen und -ärzte unerlässlich. Dies und die Vorbereitung und Durchführung von Organentnahmen stellten viele Kliniken vor besondere Herausforderungen neben dem Alltagsbetrieb. Dieser Aufwand müsse nicht nur finanziell besser ausgeglichen werden. Mit „Patenschaften“ für Krankenhäuser könne auch die Verfügbarkeit von Fachleuten für die Diagnostik des Hirnfunktionsausfalls verbessert werden. Die Ärztekammer Westfalen-Lippe engagiere sich überdies seit langem in der ärztlichen Fortbildung und fördere so die Qualifizierung von Ärztinnen und Ärzten in diesem Bereich.