• Wechsel zur Rahmenplanung mit moderatem Bettenabbau

    Krankenhausplanung Rheinland-Pfalz / Land favorisiert Zentrenbildung
    07.März 2019
    Von Michael Helmkamp
    Mainz. Flächenmäßig große Bundesländer sind ganz besonders auf eine gut strukturierte Verteilung der Krankenhäuser angewiesen. In Rheinland-Pfalz existieren für gut vier Millionen Einwohner insgesamt 86 Krankenhäuser mit 25.248 Betten, die auf 106 Standorten in fünf Versorgungsgebieten verteilt sind. Daran soll sich in den nächsten sieben Jahren wenig ändern, denn zum Jahreswechsel greift in Rheinland-Pfalz ein neuer Landeskrankenhausplan, in dem die bisherigen 77 Plankrankenhäuser weiterhin verzeichnet sind. Weder Schließungen von Standorten noch kleinerer Kliniken in ländlichen Räumen sind in dem von Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenberger vorgestellten Plan vorgesehen.

    Moderater Bettenabbau
    Selbst der Bettenabbau bleibt mit nur 223 Betten ausgesprochen moderat. „Das sind ein Prozent aller Betten, pro Klinikstandort zwei Betten. Er ist nur vorgesehen, wo neue Operationstechniken den stationären Bedarf verringert haben, etwa in der Chirurgie, der Gynäkologie, der Urologie und der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde“, erklärt die Ministerin und kündigt im gleichen Atemzug den Aufbau von Betten, etwa in der Altersmedizin, an.

    O-Ton der Ministerin: „Im Mittelpunkt der Landeskrankenhausplanung steht eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung der Menschen in Rheinland-Pfalz. Ziel des Krankenhausplans ist es, die flächendeckende Versorgung sowohl in der Stadt als auch in ländlichen Gebieten weiterhin sicherzustellen, die Qualität der Versorgung konsequent zu fördern und die Notfallversorgung im Krankenhaus zu gewährleisten. Ziel ist es, auch Altersmedizin und Geburtenhilfe vor dem Hintergrund des demografischen Wandels weiterzuentwickeln.“

    Von der Detail- zur Rahmenplanung 
    Im neuen Landeskrankenhausplan sind einige grundsätzliche neue Ansätze vorgesehen: So geht Rheinland-Pfalz von der Detail- zur Rahmenplanung, um den Kliniken mehr Spielraum bei der Entwicklung des Versorgungsangebotes vor Ort zu geben. Außerhalb der Fachgebiete für psychische Erkrankungen werden feste Planbettenzahlen nur noch für bestimmte (spezielle) Leistungsbereiche festgelegt. Ferner sollen die Leistungsangebote und ihre möglichen Veränderungen mehr als bisher beobachtet und überprüft werden.

    Ministerin Bätzing-Lichtenberger kündet zudem eine qualitätsbezogene Steuerung an: „Das Land definiert Qualitätsvorgaben für die Krankenhäuser, und es setzt Anreize in der Herzmedizin, Onkologie und Schlaganfallversorgung. Es fördert die Herausbildung von Zentren und von Netzwerken. Außerdem gibt es Prozessverbesserungen vor, etwa für das Risiko- und Entlass-Management.“

    Dr. Matheis fordert Ausnahmeregelungen bei der Notfallversorgung
    Auch soll die Versorgung von Notfällen gesichert werden: „Das Land sichert die flächendeckende stationäre Notfallversorgung und baut die Intensivmedizin aus“, betont die Ministerin. Der Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Dr. med. Günther Mat­heis, spricht sich an dieser Stelle für Ausnahmeregelungen bei der Notfallversorgung aus. „Es wäre fatal, wenn wir kleinere Kliniken von der Notfallversorgung abkoppeln. Sie sind oftmals die einzigen noch vorhandenen Garanten der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum.“

    Ferner warnt Dr. Matheis davor, zu viele Krankenhäuser mit Spezialisierungen zu schaffen, da es dann immer schwerer werde, Ärztinnen und Ärzte für die Grundversorgung stationär weiterzubilden.

    Ein zentrales Kriterium für die Krankenhausplanung ist neben der Qualität und Wirtschaftlichkeit die Erreichbarkeit. Verbesserte Versorgungstrukturen verpuffen jedoch, wenn die Erreichbarkeit der Kliniken schlechter wird. 97 Prozent der Menschen in Rheinland-Pfalz erreichen laut Bätzing-Lichtenberg das nächste Krankenhaus der Grundversorgung in weniger als einer halben Stunde mit dem Auto. Krankenhäuser der Schwerpunkt- oder Maximalversorgung, die hochspezialisiert sind, beispielsweise in der Neurologie oder der Onkologie, sind mit wenigen Ausnahmen in 40 bis 60 Minuten erreichbar. „Der neue Landeskrankenhausplan stellt sicher, dass das auch in Zukunft so bleibt“, betont die Ministerin.

    Während Vertreter der Krankenkassen die lange Laufzeit des Krankenhauplans monieren und eine stärkere Strukturbereinigung in der rheinland-pfälzischen Krankenhauslandschaft fordern, verweist der Vorsitzende des MB-Arbeitskreises Rheinland-Pfalz, Dr. med. Michael Kaarch da­rauf, dass der Marburger Bund bei den bisherigen Planungen außen vor gewesen ist. „Es wäre vernünftig, den ärztlichen Sachverstand der Krankenhausärzte mit Sitz und Stimme im Krankenhausausschuss zu etablieren. Das ist in anderen Bundesländern wie in Nordrhein-Westfalen längst der Fall.“

    Sabine Bätzing-Lichtenberger ist derweil „mit Blick auf den Maßnahmenkatalog im neuen Krankenhausplan optimistisch, dass wir die richtigen Antworten auf die gegenwärtigen He­rausforderungen vorgezeichnet haben. Wir dürfen – auch mit ein bisschen Stolz – auf einen intensiven, arbeitsreichen Planungsprozess zurückblicken, der sich insgesamt über etwas mehr als ein Jahr erstreckt hat. Der neue Krankenhausplan bietet eine verlässliche Grundlage für die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung in Rheinland-Pfalz“, sagte die Gesundheitsministerin.

    „Die Zukunft gehört dem vernetzten Mitei­nan­der. Davon profitieren Patienten, die auf eine schnelle und bestmögliche Versorgung vertrauen können. Und davon profitieren die Kranken­hausstandorte, die auf diese Weise ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhalten können. Eine Maßnahme ist der weitere Ausbau von Gesundheitszen­tren als Anlaufstelle für die medizinische Versorgung von Menschen in einer Region. Solche Zentren können eine Lösung für kleine ländliche Krankenhäuser sein, die einen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung leisten, aber als Krankenhaus nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können.

    Eine weitere Möglichkeit, ländliche Standorte bedarfsgerecht zu erhalten, ist der Ausbau kleinerer Häuser zu Fachkrankenhäusern. „Dort, wo ganze Standorte in Frage geraten, weil eine Anpassung in gegebener Struktur nicht realisierbar ist, brauchen wir kluge Konzepte für eine flächendeckende Versorgung. Wir müssen alle Akteure vor Ort einbinden, zum Beispiel in regionalen Gesundheitskonferenzen. Wir sehen hierin eine Chance, die vorhandenen vertragsärztlichen und stationär-klinischen Ressourcen und Kompetenzen zu bündeln. Das sichert die medizinische Versorgung“, hofft Gesundheitsministerin Bätzing-Lichtenberger.