• „Wir können es als Gewerkschaft nicht zulassen, dass offener Rechtsbruch zur Regel wird. Verträge sind einzuhalten."

    MB-Vorsitzende Dr. med. Susanne Johna kritisiert Unikliniken und Reform des Arbeitszeitgesetzes
    08.November 2025
    „Wir wollen die Arbeitsbedingungen für angestellte und beamtete Ärztinnen und Ärzte im ambulanten und stationären Bereich verbessern“, betonte die Vorsitzende des Marburger Bundes, Dr. med. Susanne Johna in ihrem Bericht zur Lage in der 146. MB-Hauptversammlung. Offensichtlich hätten Arbeitgeber aber wenig Interesse daran: „Es ist erschreckend, dass gemeinsam vereinbarte Regeln in unseren Tarifverträgen von manchen - sogar öffentlichen - Arbeitgebern ignoriert werden.“
    Dr. med. Susanne Johna kritisiert die Reform des Arbeitszeitgesetzes als ein Eingriff in die Tarifautonomie.
    Dr. med. Susanne Johna kritisiert die Reform des Arbeitszeitgesetzes als ein Eingriff in die Tarifautonomie.

    Das reiche von fehlender elektronischer Arbeitszeiterfassung in Unikliniken über die Aushöhlung tariflicher und gesetzlicher Arbeitszeitgrenzen bis hin zu persönlichem Druck auf jene, die sich für Kolleginnen und Kollegen einsetzten. „Dem werden wir uns gemeinsam entgegenstellen“, unterstreicht Dr. Johna.

    „Wir können es als Gewerkschaft nicht zulassen, dass offener Rechtsbruch zur Regel wird. Verträge sind einzuhalten. Mehrarbeit und Überstunden sind ausnahmslos zu erfassen und auszugleichen. Wir haben eine Einwirkungsklage auf den Weg gebracht, damit die TdL auf die Länder und ihre Unikliniken einwirkt, die tarifrechtliche Verpflichtung zur lückenlosen elektronischen Arbeitszeiterfassung einzuhalten. Wir werden jedes Mitglied, das sich für eine individuelle Klage entscheidet, mit allen rechtlichen Mitteln unterstützen.“

    Dr. Johna kritisierte des Weiteren die Reform des Arbeitszeitgesetzes. Bundeskanzler Merz habe angekündigt, er wolle „mehr Flexibilität durch eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit“ erreichen. Mehr Flexibilität klinge gut, „aber was verbirgt sich tatsächlich dahinter?“ Der Koalitionsvertrag verspreche Beschäftigten und Unternehmen gleichermaßen Vorteile, wenn die tägliche Höchstarbeitszeit abgeschafft werde.

    „Das geht an der Wahrheit vollständig vorbei. In der Realität würde es doch bedeuten: längere Dienste, weniger Erholung und mehr Druck auf diejenigen, die schon am Limit arbeiten. Das trifft besonders Beschäftigte im Gesundheitswesen, Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, alle, die Tag und Nacht Verantwortung tragen.“ Wer die Tageshöchstgrenze streicht, hebele einen zentralen Pfeiler des Arbeitsschutzes aus. Flexibilität würde nur noch für Arbeitgeber gelten. Sie könnten bis zu 13 Stunden Vollarbeitszeit anordnen.

    „Wer ernsthaft für Gesundheitsschutz sowie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben eintreten will, muss Grenzen respektieren, nicht abschaffen! Die Grenzen sind ein Schutzwall gegen Überlastung. Es gibt viele arbeitsmedizinische Studien, die das belegen. Das ist mehr als eine juristische Fußnote. Es ist ein Eingriff in die Tarifautonomie. Das müssen wir unbedingt verhindern. Wir sind bereit, über moderne Arbeitszeitmodelle zu sprechen, aber nicht zu Lasten des Gesundheitsschutzes. Die tägliche Höchstarbeitszeit muss bleiben. Die Tarifautonomie darf nicht ausgehöhlt werden. Finger weg vom Arbeitsschutz!“